Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Du denkst, du weißt, wer ich bin

Du denkst, du weißt, wer ich bin

Titel: Du denkst, du weißt, wer ich bin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Bailey
Vom Netzwerk:
mir ein Apfelsinenstück in den Mund, sog den Saft heraus, bis ich das Gefühl hatte, meiner Stimme wieder trauen zu können. »Ich habe Miranda nicht schikaniert, Tobes. Ich … ich habe einen Fehler gemacht. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, sie wäre ein Shapeshifter. Was eine Art … eine Art Dieb ist, nehme ich an, aber sie stehlen den Leuten keine Gegenstände, sondern ihre Persönlichkeiten und auch das Aussehen. Wenn man sie lässt. Ich dachte, sie würde versuchen, Katie umzubringen.«
    Toby sah mich überrascht an. »Warum?«
    Ich seufzte. »Ich habe auf so einer blöden Website nachgeschaut. Aber es stimmte gar nicht.«
    Toby runzelte die Stirn. »Und was ist sie dann?«, fragte er mit ernster Stimme. »Wenn sie kein Shapeshifter ist, was ist sie dann?«
    »Sie ist nichts als eine ganz normale Person«, antwortete ich.
    Vielleicht würde ich, wenn ich es nur oft genug sagte, selber daran glauben.
    Es ist merkwürdig, wie anders ein Ort aussehen kann, wenn man weg gewesen ist – und sei es nur eine Woche. Ich meine, es gibt ja Dinge, die sich tatsächlich geändert haben – wenn das Gras gewachsen ist oder jemand das alte, am Rand schon gewellte Bitte-keine-Werbung-Schild auf dem Briefkasten durch ein neues ersetzt hat. Aber dann sind da die anderen Dinge. Die Dinge, die einfach nicht mehr zu dem Bild passen, das man im Kopf hatte.
    Als wir an diesem Nachmittag in die Auffahrt unseres Hauses fuhren, bemerkte ich zum ersten Mal, dass auf dem Dach Moos wuchs. Haufenweise. Als wir dann hineingingen, sah ich, wie verschlissen der Teppich im Flur war. Außerdem knarzten die Dielen – hatten sie das immer schon getan? Selbst Ralphy sah anders aus. Zotteliger. Grauer.
    Ich brachte meine Sachen in mein Zimmer und fühlte diese vertraute Erleichterung, als ich kurz davor war, mich einigeln zu können. Aber wie der ganze Rest des Hauses sah auch mein Wahrsagerzeltzimmer sehr schäbig aus. Die roten Samtvorhänge waren staubbedeckt und hatten sich an manchen Stellen von der Wand gelöst.
    Ich nahm den Magic-8-Ball und schüttelte ihn. »Sollte ich mein Zimmer neu machen?«
    Die Worte tauchten langsam in dem grünen Plastikantwortfeld auf. Vielleicht später . Ich lächelte. Vernünftiges Teil, dieser Ball. Ich legte ihn zurück, ließ mich auf mein Bett plumpsen und machte Musik an. Als ich das letzte Mal aus dem Krankenhaus gekommen war, hatte es nur diesen einen Song gegeben, Celladora , den ich wieder und wieder gehört hatte. Dieses Mal nahm ich einen anderen Track. Nummer drei, Steeple Chaser . Ich lehnte mich auf dem Bett zurück und schloss die Augen.
    »Klopf, klopf.« Mum steckte ihren Kopf zwischen die Vorhänge. »Darf ich reinkommen?«
    Ich setzte mich auf. »Klar.«
    Mum setzte sich und legte sich eins der Kissen auf den Schoß. Sie schien irgendwie nervös zu sein und spielte mit dem Reißverschluss des Kissens, was mich ganz wahnsinnig machte. Seltsam, wie ich seit der Klinik all diese ulkigen kleinen Angewohnheiten bei den Leuten in meiner Umgebung wahrnahm.
    »Noah hat angerufen«, sagte sie. »Er wollte wissen, ob du am Samstag arbeiten kannst. Wenn du deine, mmh, Grippe hinter dir hast.«
    Ich legte mich wieder hin. »Eigentlich hatte ich gedacht, ich könnte mir mal ein paar Wochen freinehmen.«
    Mum zog den Reißverschluss des Kissens auf, dann zog sie ihn wieder zu. »Doktor Richter hält es für gut, wenn du so bald wie möglich wieder zu deinen alten Gewohnheiten zurückkehrst.«
    Natürlich hielt Doktor Richter das für gut. Doktor Richter hatte nie eine Date-Night im Mercury erlebt. Vor allem nicht, wenn man seine beste Freundin nicht mehr um sich hat, um sie durchzustehen.
    »Mal sehen, wie ich mich fühle«, sagte ich.
    Mum nickte. Ich hoffte irgendwie, sie würde jetzt gehen, damit ich weiter liegen und Musik hören könnte. Aber sie blieb da, zog den Reißverschluss auf, zu, auf, zu. »Ich habe auch in der Schule angerufen«, sagte sie nach einem Moment. »Ich habe mit Mrs Deane gesprochen und ihr gesagt, dass du nächste Woche wieder da sein würdest.«
    »Ich wette, sie war wahnsinnig begeistert, das zu hören«, erwiderte ich. »Hat sie dich auch schon auf den neuesten Stand gebracht über den ganzen Tratsch?« Das sollte natürlich ein Scherz sein. Denn wenn es irgendeinen Tratsch gegeben hatte, dann wäre er über mich gewesen.
    »Ja, da hat es tatsächlich etwas gegeben«, begann Mum. »Es geht um Katie Clarke.«
    »Lass mich raten«, gab ich zurück. »Katie droht die Schule zu

Weitere Kostenlose Bücher