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Du denkst, du weißt, wer ich bin

Du denkst, du weißt, wer ich bin

Titel: Du denkst, du weißt, wer ich bin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Bailey
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Katie befreundet zu sein. Und dann, als langsam alles schlechter wurde – als die Person, die ich eigentlich in meinem tiefsten Inneren war, nicht mehr zu der Art und Weise passte, wie ich aussah –, hatte ich es vor ihr verborgen, solange ich konnte.
    Trotzdem glaubte ich, was sie im Krankenhaus gesagt hatte, dass sie nicht allen erzählt hatte, dass ich versucht hatte, mich umzubringen. Katie Courtney Clarke war vielleicht oberflächlich, seicht und selbstbezogen, aber sie war keine Lügnerin. Die alte Olive war diejenige, die manipulativ war, hinterlistig und gemein, und all das hatte ich auf Katie projiziert.
    Als ich mich wieder einklinkte, wandte sich Mrs Deane direkt an Katies Familie. Katies Mutter hatte angefangen, leise Geräusche zu machen, fürchterlich private Geräusche, die man eigentlich nicht hätte hören sollen.
    »Ich bin sicher, ich bin nicht die Einzige hier, die fühlt, dass unsere Schule ein viel düsterer Ort ohne das sonnige Lächeln Ihrer Tochter sein wird«, sagte Mrs Deane. »Wir sind froh, dass wir die Gelegenheit hatten, davon erwärmt zu werden.« Mrs Deanes Blicke ließen die Clarkes los und glitten über die ganze Halle. »Für diejenigen, die Katie nahestanden, werden die kommenden Monate besonders schwer werden«, sagte sie. »Wir werden euch, soweit wir können, unterstützen.«
    Mirandas Kopf blieb vornübergebeugt, ihre Haare fielen ihr übers Gesicht.
    Dann folgte noch ein Lied, und das war es dann. Katie Clarke war von uns gegangen. Die Doppeltüren wurden weit geöffnet, und alle gingen der Reihe nach hinaus – eindeutig erleichtert, den stickigen Raum verlassen zu können. Ich stand hinten, sah sie alle gehen und überlegte, ob ich etwas zu Katies Familie sagen sollte. Aber was genau sollte ich sagen? Dass es mir leidtat? Das klang so hohl. Es war besser, mich den anderen anzuschließen.
    Als ich dastand und mich nicht entscheiden konnte, blickte ich plötzlich genau in Mirandas Augen. Quer durch den ganzen Raum sahen sie irgendwie verhangen aus. Und dann verzog sich ihr Gesicht. Gleich weint sie , dachte ich. Vielleicht hat sie Katie ja doch wirklich gemocht.
    Aber Miranda weinte nicht. Stattdessen weitete sich ihr Mund zu einem Gähnen – lang und ausgiebig. Als sie fertig war, lächelte sie mich leicht an. Ich sah weg. Mein Herz pochte.

SECHZEHN
    Ich zwängte mich in meine alte Routine, so gut ich konnte. Im Unterricht perfektionierte ich mein Ich-passe-auf-Gesicht. Ich machte gerade genug Hausaufgaben, dass ich von unserer neuen Ersatzklassenlehrerin in Ruhe gelassen wurde. Im Mercury stapelte ich Becher und schaufelte Popcorn. Meine Medizin nahm ich regelmäßig ein. So schaffte ich es von einem Tag zum anderen, maßvoll, kontrolliert. Ich versuchte, nicht zu denken, und Gefühle gestattete ich mir nur, wenn ich mich abends in meinem Bett vergrub und mich mit Musik von Luxe in den Schlaf lullte. Luxe war die eine gute Sache während meines Tages.
    In der Schule schlich ich mich von Unterricht zu Unterricht, Ohrstöpsel immer in den Ohren, obwohl merkwürdigerweise niemand so viel zu tratschen schien, wie ich es erwartet hatte. Ich hatte mich davor gewappnet, dass geflüstert oder rasch das Gesprächsthema gewechselt würde, wenn ich einen Raum betrat, aber aus irgendeinem Grund passierte das nicht. Es war fast, als wüssten sie nichts über Ami und darüber, was ich zu Miranda gesagt hatte – obwohl das unmöglich sein konnte.
    Am härtesten war es, ohne Lachlan auszukommen. Es ist der Horror, wenn man jemanden so gern sehen möchte, dass einem der ganze Körper wehtut, aber man gleichzeitig mit der Angst lebt, ihm zu begegnen. In meinen ersten Wochen zurück in der Schule hatte ich das Gefühl, er versuchte, meine Aufmerksamkeit zu erregen, aber ich wich seinen Blicken aus. Ich wusste, dass ich ein totaler Feigling war, aber ich hätte es nicht ertragen, ihn sagen zu hören, dass ihm meine Krankheit leidtue, und – sogar noch schlimmer – Mitleid in seinem Gesicht zu sehen. Ich wusste, das würde mich auf ein heulendes Häufchen Elend reduzieren. Als die Lehrerin uns umsetzte und ich vorn landete, war ich erleichtert. Das hieß, ich musste nicht mehr auf Lachlans Rücken starren.
    Die einzige Person, die ich nach wie vor beobachtete, war Miranda. Das war eine Angewohnheit, die schwer aufzugeben war. Ich hatte mir ausgemalt, dass sie Katies Platz in der Schule einnehmen würde. Aber es wurde schnell klar, dass sie keine Absicht hatte, das zu tun. Sie zeigte

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