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Du denkst, du weißt, wer ich bin

Du denkst, du weißt, wer ich bin

Titel: Du denkst, du weißt, wer ich bin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Bailey
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Cameron die kalte Schulter, der, nachdem er ihr wochenlang mit verzweifelten Blicken überall hin gefolgt war, aufgab und ging, verletzt und verwundert. Miranda machte keinen Versuch, neue Freunde an sich zu binden und nahm wieder ihre alte Gewohnheit auf, allein auf ihrer Bank zu sitzen, die Hände gefaltet, die Augen geschlossen. Zuerst setzten sich die Leute noch zu ihr – immer noch in der Annahme, sie hätte das Sagen und dass dieses ganze Herumsitzen Teil davon war. Doch Miranda ignorierte sie vollkommen, und schließlich zogen sie sich ein für allemal zurück.
    Als ich sie eines Tages dabei beobachtete, tauchte in meinen Gedanken etwas von der Shapeshifter-Website auf – der Teil, der beschrieb, wie Shifter in den Hintergrund rücken, wenn sie in ihre Suchphase zurückkehren. Und obwohl ich mir hundertmal aufsagte, es gibt keine Shifter, bemerkte ich doch, dass ich nur darauf wartete, dass ihre Augen aufsprangen und sie jemanden ansah , wie sie Katie angesehen hatte.
    Natürlich sprach ich mit Doktor Richter nicht darüber. Das hätte sie nur wieder dazu veranlasst, meine Medikation zu ändern und mich davor zu warnen, meine Fantasie mit mir durchgehen zu lassen. Aus dem Grund erzählte ich ihr auch nicht, was eines Tages, drei Wochen, nachdem ich die Klinik verlassen hatte, passierte.
    Ich schloss gerade nach der Schule mein Fahrrad auf, als ein Käfer auf mir landete und hinten in meinem Kleid verschwand. Ich kreischte auf und vollführte einen dieser grotesken Tänze, wenn man versucht, ein Insekt aus den Kleidern zu schütteln und dabei noch ein Fahrrad festhält. Als der Käfer herausfiel, schauderte es mich. Er war glänzend schwarz und sah ekelhaft aus, mit einem massiven Stachel. Als ich davonflitzte, bemerkte ich, dass Miranda ein paar Meter entfernt dastand und mich beobachtete. Und selbst als klar war, dass ich sie gesehen hatte, hörte sie nicht auf zu glotzen.
    Ich starrte zurück, als wäre es eines dieser Spiele, die man als Kind spielt, um zu sehen, wer es am längsten ohne Blinzeln aushält. Das ist doch blöd , dachte ich nach einer Weile und wollte gerade weggehen, als plötzlich etwas meine Finger zum Prickeln brachte. Hatten Mirandas Augen gerade geleuchtet?
    Reiß dich am Riemen, Olive. Doktor Richter hatte mich davor gewarnt, dass ich ein paar geringfügige Halluzinationen haben könnte – visuelle Ticks hatte sie sie genannt –, während ich mich an die neuen Medikamente gewöhnte. Und natürlich wurde mir klar, dass das, was ich gesehen hatte, nichts weiter als ein Sonnenstrahl auf Mirandas Gesicht gewesen war. Es gibt keine Shifter . Ich atmete tief durch. Nur ein ganz normales Mädchen.
    Trotzdem zitterte ich ein wenig, als ich mich auf mein Rad schwang. Und schwitzte. Normalerweise hilft mir das Fahrradfahren, mich zu beruhigen, aber nicht an diesem Nachmittag. Den ganzen Nachhauseweg konnte ich das Gefühl nicht abschütteln, dass jemand hinter mir war und langsam immer näher kam, bis ich fast ein Atmen hinten im Nacken spüren konnte. Aber immer, wenn ich mich umdrehte, war da niemand.
    In der Nähe unseres Klassenzimmers hing ein großes Schwarzes Brett. Eigentlich sollten nur schulinterne Neuigkeiten und Veranstaltungen darauf gepinnt werden – Schwimmzeugs, Vorsprechen für das Schultheater, Übungstermine der Schulband – aber viele Leute schmuggelten auch andere Dinge auf das Brett. Lang, lang ist’s her, da hatten die Informationen auf diesem Brett mein Leben geprägt. Jetzt ignorierte ich es meistens. Aber eines Morgens, nicht lange nach dem Vorfall mit dem Käfer, sprang mir etwas ins Auge. Zwischen Flyern für einen Secondhand-Buchverkauf und eine Erinnerung an eine Schulfete war ein Gesicht – das hinreißendste aller Gesichter überhaupt – gedruckt auf einem rechteckigen Stück glänzenden himmelblauen Papiers. Ich las den Text wieder und wieder.
    Luxe-Auftritt in Jubilee Park . Nicht in New York. Nicht in London. Nicht einmal in Sydney. Auf dem Flyer hieß es, dass Luxe im Rainbow Hotel spielen würden. Am selben Abend.
    Einen herrlichen Moment lang geriet ich ins Schweben – und lachte fast laut auf bei der Idee, dass ich Luxe endlich spielen sehen würde. Am selben Abend. Dann fiel ich brutal wieder in die Wirklichkeit zurück. Sei kein Wonk, Olive . Das wird nie passieren. Das Rainbow war superstreng, wenn es darum ging, Minderjährige einzulassen – da war immer ein Rausschmeißer an der Tür, und der schaffte es, einen gefälschten Ausweis auf

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