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Du denkst, du weißt, wer ich bin

Du denkst, du weißt, wer ich bin

Titel: Du denkst, du weißt, wer ich bin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Bailey
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schwebten hin und her und boten allen Gästen Häppchen und Champagner an, obwohl es erst Vormittag war. Ein DJ war über seine Plattenteller gebeugt. Alle, einschließlich der Kellner, sahen irre perfekt aus. Die Gäste lachten und unterhielten sich – locker und ungezwungen und total entspannt. Natürlich , dachte ich. Die gehören hier ja auch hin . Ich fühlte mich unbehaglich und vollkommen fehl am Platz. Ich sah Miranda an. Wenn es ihr ebenso ging, sah man es ihr jedenfalls nichts an. Sie wiegte sich leicht zur Musik und begann, sich Kleider anzusehen, die scheinbar lose zusammengeknüllt auf dem Tisch neben ihr lagen.
    Ein Kellner kam vorbei und bot uns Champagner an. Er schien nicht zu bemerken, dass wir Schuluniformen trugen. Miranda nahm zwei Gläser und hielt mir eins davon hin.
    »Komm, Pepita «, sagte sie. Sie sprach mit so einer merkwürdigen Sprache – viel tiefer als gewöhnlich und mit fremdsprachigem Akzent. »Du weißt doch, dass Leon gesagt hat, wir sollten uns vor dem Auftritt einen gönnen.«
    Ich lächelte, nahm das Glas und schaltete sofort. »Na dann, Ilsa «, sagte ich mit einem theatralischen Seufzen. »Aber wenn ich vom Catwalk stolpere, ist es deine Schuld.«
    Miranda wandte sich an den Kellner. »Wann sollen die Models für die Show backstage sein?«, fragte sie.
    »In ungefähr einer Stunde«, antwortete der Kellner.
    Miranda nickte. »Siehst du, Pepita?«, sagte sie. »Jede Menge Zeit.«
    Nachdem der Kellner gegangen war, fing ich an zu lachen. » Pepita ? Wo hast du das denn her?«
    Miranda giggelte wie ein albernes Kind. »Das war das erste, was mir in den Sinn kam. Ich glaube, er hat wirklich geglaubt, du wärst ein Model! Ich kenne aber wirklich eine Pepita. Na ja, kannte «, verbesserte sie sich. »Es ist paradox, wirklich. Die arme Pepita hat so gut wie nie etwas gegessen, und dann erstickte sie an einem Karottenstäbchen.«
    Ich erstarrte. »Miranda. Das ist ja entsetzlich.«
    Miranda rollte mit den Augen. »Du Vollidiot«, lachte sie und stürzte ihren Drink hinunter. »Das habe ich mir gerade ausgedacht.«
    »Oh«, sagte ich und kam mir furchtbar blöd vor. »Capito.«
    Alkohol und meine Pillen vertrugen sich nicht besonders, also ließ ich den Champagner in meinen Händen warm werden. Unberührt. Aber Miranda kippte ihren und nahm noch einen zweiten. Zwei rosa Flecken erschienen auf ihren Wangen. »So. Jetzt habe ich Lust, Klamotten anzuprobieren«, verkündete sie und grabschte nach ein paar Teilen, alle weich und leicht wie Wölkchen.
    Ich sah mich um und rechnete damit, dass jemand angerauscht kommen und ihr eine Riesenszene machen würde. »Darfst du das?«
    »Es ist ein Laden «, gab Miranda zurück. »Natürlich darf ich das. Komm. Du musst auch was anprobieren.«
    Die Umkleidekabinen lagen im hinteren Teil und waren wie Suppendosen gestylt, jede mit einem anderen Etikett. Miranda reichte mir ein schwarzes Kleid und schob mich in die Tomatensuppendose. »Komm bloß nicht raus, bevor du das Kleid anhast. Ich probiere das gleiche an!«
    Das Kleid hatte einigermaßen nichtssagend ausgesehen, als Miranda es mir gab. Aber als es von einem Körper ausgefüllt wurde – meinem Körper –, nahm es eine Form an, die überraschend schön war. Das Material schmiegte sich mühelos an meine kurvige Silhouette, gab mir eine Form, schlang sich um meine Taille und fühlte sich weicher an als alles, was ich jemals getragen hatte. Es fühlte sich aber auch eintausend Mal teurer an.
    Nach einiger Zeit klopfte es an meiner Suppendose. »Verstecken gilt nicht!«, rief Miranda. »Ich will vergleichen.«
    Ich ging verlegen hinaus und traf Miranda vor dem großen verschnörkelten Spiegel. Miranda trug dasselbe schimmernde schwarze Kleid, an der Taille enger geschnallt und im Rücken leicht aufgebauscht. Sie raschelte damit.
    Es war unmöglich, nicht unsere Körper zu vergleichen. Miranda war so leicht und grazil, wie sie sich da geschmeidig wie eine Tänzerin bewegte und sich ungeniert selbst bewunderte, als sie sich drehte, um auch das Rückenteil des Kleides zu betrachten. Ich hatte abgenommen – genau wie Doktor Richter vorausgesagt hatte –, seit ich auf die neuen Medikamente umgestiegen war, aber es ging ganz langsam. Neben Miranda sah ich regelrecht plump und schrecklich aus, und das Kleid beulte sich an den falschen Stellen. Ich verstand nicht, wie ich noch einen Moment zuvor hatte glauben können, es sehe gut aus.
    Ich bemerkte, wie Miranda mein Spiegelbild nachdenklich

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