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Du findest mich am Ende der Welt

Du findest mich am Ende der Welt

Titel: Du findest mich am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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vielleicht.
    Ich
war nervös, angespannt, übermüdet. Ich hatte keine Lust mehr. Ich würde dieser
ganzen verrückten Liaison, die nicht einmal eine war, den Todesstoß versetzen
und die Principessa in die Wüste schicken. Ob sie nun Soleil oder Lucille oder
Mademoiselle Nein-so-heiß-ich-nicht hieß.
    Wer immer etwas von mir wollte,
sollte sich persönlich bei mir melden. Er sollte klingeln und sagen: »Hallo,
hier bin ich«, und sich nicht feige hinter irgendwelchen obskuren Briefen
verstecken! Und dann würde man ja sehen.
    Wütend klappte ich meinen Laptop auf, um eine letzte Mail
entsprechenden Inhalts an die Principessa aufzusetzen.
    Betreff: Letzter Brief!
    Â»Schluß«, murmelte ich, und es klang fast ein wenig wie »Sitz« oder
»Platz«.
    Doch mein Herz, ich muß es zu meiner Schande gestehen, gehorchte mir
noch weniger als mein Hund. Statt endlich Ruhe zu geben, fing es mit einem Mal
an, wie verrückt zu klopfen.
    Denn es hatte, wie sein Besitzer, ein ganz zartes Pling vernommen.
    Im Posteingang war soeben mit leichtem Flügelschlag eine Mail von
der Principessa gelandet, die ich begierig öffnete – ja, ich stürzte mich auf
die Worte, als hinge mein Leben davon ab.
    Ich sollte noch viele, viele Briefe an die Principessa schreiben.
    Und von jenem berühmten »letzten Brief« des Jean-Luc Champollion war
nun keine Rede mehr.
    Betreff: Leibhaftig!
    Mein lieber Duc!
    Nach einem ebenso angenehmen wie aufregenden Tag
bin ich wieder in meine Gemächer zurückgekehrt.
    Angenehm, weil ich den Tag in der Gesellschaft
meiner Freundin verbrachte, aufregend, weil diese sich, was den Abfahrtstermin
ihres Zuges anging, um eine Stunde vertan hatte, wodurch die Fahrt zur Gare de
Lyon eine sehr überstürzte wurde und die Zeit nicht mehr gereicht hat, um sich
im Train Bleu mit einem kleinen Imbiß zu stärken.
    Und damit komme ich auch zu einer Frage, die mich
seit heute mittag beschäftigt.
    Habe ich es mir nur eingebildet, mon cher ami,
oder habe ich Sie tatsächlich leibhaftig in der Gare de Lyon gesehen? Kann es
sein, daß Sie niedergeschlagen und schleppenden Schrittes just auf jenem
Bahnsteig entlanggingen, von dem aus meine Freundin wenige Minuten zuvor ihren
Zug nach Nizza bestiegen hatte?
    Mit anderen Worten: Kann es sein, lieber Duc, daß
Sie mir heimlich hinterherspionieren?
    Offenbar war es ein Fehler, daß ich Ihnen so
arglos von meinen Plänen für den Sonntag erzählte. Belohnt man so das Vertrauen
einer Dame? Schämen Sie sich!
    Ich werde künftig wohl vorsichtiger sein müssen,
wie hätte ich aber auch ahnen können, daß Sie, ein Duc, sich nicht entblöden,
mir wie ein Paparazzo aufzulauern?
    Warum können Sie denn nicht einfach akzeptieren,
daß ich den Zeitpunkt bestimme, an dem wir uns leibhaftig gegenüberstehen
werden – zu unser beider Wohl. Vertrauen Sie mir doch einfach, ich bitte Sie!
    Ich habe mich so lange gedulden müssen, ich sehne
mich schon so lange danach, Sie endlich in die Arme schließen zu dürfen, aber
Sie waren immer mit anderen Dingen (oder soll ich Damen sagen) beschäftigt – da
schulden Sie mir schon noch ein paar schöne Briefe und Erklärungen, bevor ich
mich Ihnen mit Haut und Haaren überlasse.
    Ihre Einladung, mich in mein Lieblingsrestaurant
auszuführen, nehme ich gerne an, bald schon werden wir uns dort gegenübersitzen
bei erlesenen, nicht zu schweren Speisen und samtigem rotem Wein, und dann
werden wir sehen, wohin und wie weit der Abend und unsere Laune uns führen
werden … Ich kann Ihnen zuverlässig versichern, daß das viel weiter sein wird,
als Sie es meiner Phantasie offenbar zutrauen.
    Gerne will ich Ihnen auch den Namen meines
Lieblingsrestaurants verraten: Es ist das Le Bélier, ein verschwiegenes
Restaurant in der Rue des Beaux-Arts. Es befindet sich in einem Hotel, das
einst ein Pavillon d’amour gewesen ist (wie passend!), und die komfortablen
dunkelroten Samtsesselchen und Sofas sind wie gemacht für ein galantes
Abenteuer.
    Wenn ich in dieser Sekunde dort neben Ihnen säße,
unsere Knie sich heimlich berührten, und unsere Hände unter der weißen
Tischdecke ein zärtliches Spiel begönnen, würde ich auf die schlimmsten
Gedanken kommen, das versichere ich Ihnen!
    Trotzdem möchte ich Ihnen davon abraten, sich nun
jeden Abend im Le Bélier herumzutreiben, in der vagen Hoffnung,

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