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Du findest mich am Ende der Welt

Du findest mich am Ende der Welt

Titel: Du findest mich am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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daß Sie mich
dort finden könnten. Ich verspreche Ihnen, daß ich diesen kleinen Liebestempel
entweder mit Ihnen zusammen betrete oder gar nicht!
    Und nein – ich werde mich nicht wie das
Rumpelstilzchen vor Wut mitten entzweireißen, wenn Sie meinen Namen das erste
Mal sagen. Sie werden so überrascht sein, mon Duc, wenn Sie Ihre Principessa
endlich erkennen. Und wenn ich mir vorstelle, Sie dann wirklich zu küssen, mit
der zärtlichsten Umarmung, derer ich fähig bin, zerspringt mir das Herz.
    Und wenn dann etwas zerreißt, wird es allenfalls
ein zarter Stoff sein, welcher der Ungeduld Ihrer Hände nicht widerstehen
konnte.
    Nun entlasse ich Sie in die Nacht, lieber Duc!
    Es ist Vollmond, und ich werde von Ihnen träumen,
und ich hoffe, daß Sie das mit dem Umstand versöhnt, mich am Bahnhof nicht
»erwischt« zu haben.
    Ihre Principessa
    Man liest immer wieder, daß Frauen sehr stark auf Worte
reagieren, Männer hingegen auf Bilder.
    Mag
sein, daß das im allgemeinen zutrifft – nach der Lektüre dieses Briefes jedoch
war ich das lebende Beispiel dafür, daß auch ein Mann auf Worte äußerst heftig
reagieren kann.
    Ich saß vor dem Bildschirm, dessen Buchstaben in meinem Kopf ganz
eigene Bilder hervorriefen, und starrte ihn an wie eine Frau, die man gerade
ausgezogen hat. Ich war erregt, dem Zauber der Worte erlegen, und es hätte
wahrlich nicht viel gefehlt, und ich hätte diese wunderbare kleine
Sprachmaschine an mich gedrückt und ihr über den Rücken gestrichen.
    Mein Unmut war restlos verflogen, meine Finger glitten eilig über
die Tastatur, ich mußte diesen Brief sofort beantworten, wollte die Principessa
zumindest noch »erwischen«, bevor sie zu Bett ging. Und sah – Brunos Einwänden
zum Trotz – eine Frau mit langem blondem Haar vor mir, in das ich liebend gern
mein Gesicht vergraben hätte.
    Der Geruch von Mimosen und Heliotrop erfüllte plötzlich das Zimmer,
und es war derselbe Vollmond, der durch meine Vorhänge schien und in das
Schlafzimmer der Principessa.
    Betreff: Mit Haut und Haaren
    Schönste Principessa!
    Ich liebe die Vorstellung schlafloser Frauen, die
nachts wachliegen und mit offenen Augen träumen! Nichts ist erregender als der
Nachthimmel der Möglichkeiten, der sich über einem auftut.
    Und lassen Sie es mich an dieser Stelle sagen:
Der schönste Traum ist noch nicht geträumt! Ja, ich gebe zu, ich kann es kaum
erwarten, Ihren Namen zu sagen, leise in Ihr Ohr zu flüstern, wieder und
wieder, bis Sie endlich kapitulieren und mein sind mit Haut und Haaren.
    Es wird mir ein Vergnügen sein, Sie, wann immer
es Ihnen beliebt, in Ihren kleinen Liebestempel zum Essen auszuführen. Doch
dann werden Sie gnadenlos verführt – auf weinrotem Samt oder auf den weichen
Kissen eines grand lit –, das wird das einzige sein, was Sie entscheiden
dürfen.
    Mit großem Entzücken habe ich vernommen, daß Ihr
Lieblingsrestaurant auch das meine ist!
    Ich war schon oft im Le Bélier, erst neulich noch
mit einem chinesischen Sammler, und schon da habe ich an Sie gedacht, weil es
der Tag war, an dem ich Ihren ersten Brief erhielt, den ich wieder und wieder
lesen mußte. Ihr Liebesbrief – darf ich ihn so nennen? – ist also schon mit mir
im Le Bélier gewesen, und ich nehme das als ein gutes Zeichen – ich, der ich
eigentlich nicht an Zeichen glaube –, sehen Sie, wie Sie mich schon verändert
haben?
    Auch wäre es mir früher niemals eingefallen,
einer Frau hinterherzuspionieren wie ein eifersüchtiger Ehemann – ja, ich
gestehe, ich bin heute vormittag zur Gare de Lyon gefahren, Schande über mein
Haupt!, um Sie dort ausfindig zu machen.
    Bitte verzeihen Sie mir! Es war der ungeduldige
Wunsch, Sie endlich, endlich zu sehen, und ich habe am Ende ja doch nichts
ausrichten können.
    Statt dessen bin ich für einige wundersame
Augenblicke meiner Vergangenheit begegnet, ich habe Streit mit meinem besten
Freund bekommen und darüber nachgedacht, wie unzureichend das menschliche Auge
bisweilen ist.
    Liebe Principessa, ich bin zur Zeit in einem
durchaus merkwürdigen Zustand, und ich weiß nicht, ob ich meiner Wahrnehmung
überhaupt noch trauen kann.
    Aber zumindest weiß ich nun, daß Sie, meine schöne
Unbekannte, zur selben Zeit in der Gare de Lyon waren wie ich. Sie sind ganz in
meiner Nähe gewesen, leibhaftig, wie Sie

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