Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Du findest mich am Ende der Welt

Du findest mich am Ende der Welt

Titel: Du findest mich am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
Vom Netzwerk:
»Nasenfrage« reagiert
hatte.
    Â»Köstlich!«
rief Aristide aus. » Cette dame est trop intelligente
pour toi! Die ist zu schlau für dich.«
    Ich hatte Bruno angerufen und ihm erklärt, warum Soleil nicht die Frau war, nach der wir suchten.
    Â»Schade«, hatte Bruno gesagt,
»aber wer ist es dann?« Ich hatte ihm aufgeregt von der Boucher-Postkarte erzählt,
von Cyrano de Bergerac und der Sache mit der Nase.
    Â»Ja, und?« hatte Bruno begriffstutzig gesagt. »Was soll daran so
toll sein? Jetzt weißt du doch immer noch nicht, wer es ist. Oder sieht diese
Nackte jemandem ähnlich, den du kennst?«
    Zum hundertsten Mal sah ich auf die Karte, die neben dem geöffneten
Laptop vor mir auf dem Schreibtisch lag. Ich nahm mein Glas und trank einen
Schluck Rotwein. Kannte ich eine Frau, die so aussah wie das Modell von
François Boucher? War das Bild willkürlich ausgewählt worden? Das Motiv war
frech und sollte mich zweifellos provozieren, aber gab es darüber hinaus
irgendeinen versteckten Hinweis? Irgendein Detail, das mich auf die richtige
Spur hätte bringen können?
    Wieder und wieder glitten meine Augen über das mutwillige nackte
Mädchen auf dem Gemälde, hinter dem sich die Principessa versteckte, und ich
muß zugeben, daß es nicht ihre wohlgeformte Nase war, die meine Phantasie
anheizte.
    Ich goß mir ein weiteres Glas Rotwein ein, und dann bekam die
Principessa den Brief, den sie verdiente.
    Betreff: Die nackte Wahrheit!
    Meine Schönste!
    Ich muß schon sagen, das war eine Überraschung!
    Welch kühner Streich! Wie können Sie mir ein
solches Bild schicken? Was erlauben Sie sich?!
    Als ich heute früh in fiebriger Ungeduld den
Brief aufriß, den Sie mir so rasch zukommen ließen, fielen mir fast die Augen
aus dem Kopf. Das ist ja ungeheuerlich, was Sie da tun! Ich merke wohl, daß Sie
sich über mich lustig machen. Sie halten einem Ausgehungerten den Wurstzipfel
vor die Nase.
    Und apropos! Meinen Sie denn, ich würde auch nur
eine Sekunde noch an Ihre Nase denken können, wenn Sie mir den
verführerischsten Leib, den die Welt je gesehen hat, auf derart schamlose Weise
darbieten, wenngleich nicht ohne Charme!
    Aber um Ihre Frage zu beantworten, die in
Wirklichkeit natürlich gar keine Frage ist, sondern der Gipfel der Provokation,
weil Sie mich dabei ganz schön an der Nase herumführen – nein, eine solche Nase
stört beim Küssen freilich nicht!
    Und egal ob Sie der Dame auf dem Bild nun ähnlich
sehen oder nicht, ich weiß schon jetzt, daß Sie mir gefallen werden. Wer solche
Bilder aussucht und verschickt, verspricht alles andere als eine häßliche Kröte
zu sein. Ich nehme Sie also beim Wort!
    Und da die Nasenfrage nun zur allgemeinen
Zufriedenheit geklärt ist, darf ich wohl annehmen, daß Sie mich bald, und zwar
sehr bald, in Ihren Gemächern empfangen, um mir die nackte Wahrheit zu zeigen.
    Oder haben Sie etwa Angst?
    Ich jedenfalls kann es kaum erwarten, mich zu
Ihnen zu legen und Ihnen schlimme Dinge in Ihr süßes Ohr zu flüstern, während
meine Hände langsam über Ihren Rücken wandern bis zu jenem unaussprechlichen
Körperteil, den Sie mir da so frech entgegenstrecken.
    Und dann, schönste Principessa, werden Sie mir
dafür büßen, daß ich an nichts anderes mehr denken kann als an Sie!
    Aber das haben Sie ja gewollt, nicht wahr? Daß
ich nur noch an Sie denke!
    Principessa! Vor mir liegt eine lange Nacht, die
ich allein in meinem Bett verbringen werde, und weil ich Sie nicht berühren
kann, greife ich mit Worten nach Ihnen. Kommen Sie in meine Arme und antworten
Sie mir!
    Ihr in großer Sehnsucht vor dem Bildschirm
sitzender
    Duc
    Ich schickte meinen Brief in die Nacht und ließ mich in meinen
Schreibtischsessel zurückfallen. Ich muß sagen, es erstaunte mich selbst, in
welch wortgewaltige Rage ich mich hineingeschrieben hatte. Beschwingt vom Wein,
wähnte ich mich schon selbst als der berühmte Cyrano, der seiner
liebeswortsüchtigen Roxanne einen Brief nach dem anderen schickt. Zwar mochten
meine schriftlichen Ergüsse nicht von dessen literarischer Qualität sein, doch
was die Leidenschaftlichkeit anging, standen sie dem großen Meister in nichts
nach.
    Hätte mir noch jemand vor ein
paar Tagen gesagt, daß ich bald einen intensiven Briefwechsel mit einer
Unbekannten führen würde, hätte ich ihm an die Stirn

Weitere Kostenlose Bücher