Du gehörst zu mir
Freundin, eine ältere Dame, die früher einmal eine bekannte Schauspielerin war. Sie lebt allein Haus auf der Somerset Street nimmt aber gelegentlich Pensionsgäste auf. Sie mag junge Menschen um sich herum, und es ist recht unterhaltsam, ihren Erinnerungen zu lauschen. Ich bin sicher, gegen ein wöchentliches Entgelt wird sie Ihnen ein Zimmer vermieten.«
»Das klingt hervorragend.« Madeline warf ihr ein Lächeln zu. »Vielen Dank.«
Ein Ausdruck der Bestürzung glitt über das Gesicht der Herzogin. »Ich mische mich nur ungern in die Ange Menschen ein, Madeline, aber mir ist vollkommen klar, dass Sie nicht hierhergehören.«
Madeline schwieg, da sie nicht recht wusste, was sie darauf antworten sollte. Sie senkte die Lider, um dem Herzogin auszuweichen.
»Sie können Ihre Empfindungen nur schlecht verbergen«, bemerkte die andere Frau. »Wenn Sie in Schwierigkeiten sind, mein Kind … hoffe ich, dass Sie sich mir anvertrauen. Vielleicht kann ich Ihnen helfen.«
»Ich kann mir nicht erklären, warum Sie so nett zu einer Fremden sind«, erwiderte Madeline.
»Sie scheinen mir sehr einsam zu sein«, murmelte die Herzogin. »Es gab Momente in meinem Leben, in denen ich genauso empfand. Wovor Sie auch immer davonlaufen, die Situation ist vielleicht gar nicht so ausweglos, wie es scheint.«
Madeline nickte, trotzdem hatte sie nicht vor, sich irgendjemandem anzuvertrauen. Nachdem sie der Herzogin überschwänglich gedankt hatte, verließ sie das Theater und ließ sich von einer Droschke in die Somerset Street kutschieren.
Mrs. Nell Florence war eine ältere Dame mit pfirsichfarbenem Haar, das in ihrer Jugend sicherlich ein lebhaftes Rot gewesen war. Ihre blasse Haut verriet die Spuren des Alters; ihr Körperbau war grazil. Sie wirkte warmherzig und freundlich und hatte einen charmanten Anflug von Eitelkeit.
»Dann hat meine liebe Julia Sie also geschickt?« fragte Mrs. Florence, während sie Madeline in ihr Haus bat. »Ich bin sicher, wir werden prächtig miteinander auskommen. Ich nehme an, Sie sind Schauspielerin? Nein? Das kann ich mir bei Ihrem Gesicht gar nicht vorstellen. Wenn ich in Ihrem Alter nur halb so attraktiv gewesen wäre … was soll’s, ich habe das Beste aus meinem Äußeren gemacht.«
Voller Elan zeigte sie Madeline das zweistöckige Haus, das mit Erinnerungen aus ihrer schauspielerischen Laufbahn angefüllt war. »Ich war die Londoner Sensation«, erklärte Mrs. Florence, während sie dem Mädchen eine Reihe von Porträts zeigte, die ungefähr dreißig Jahre zurücklagen. Jedes Gemälde zeigte sie in anderen Posen oder Roben, von denen einige schockierend viel enthüllten. Es schien sie mit großer Befriedigung zu erfüllen, dass Madeline errötete. »Sie sind leicht zu durchschauen, nicht wahr? Ein angenehmer Charakterzug.«
Die vielen Erinnerungsstücke machten Madeline neu gierig, sie widmete sich den gerahmten Aufführungsankündigungen, Zeitungsausschnitten und den kolorierten Zeichnungen alter Kostüme. »Wie herrlich, ein solches Leben geführt zu haben!« entfuhr es ihr.
»Ich hatte natürlich Höhen und Tiefen«, bemerkte Mrs. Florence. »Aber ich habe alles genossen. Man sollte nichts bereuen, sage ich immer. Kommen Sie, ich zeige Ihnen Ihr Zimmer, und dann werden wir ausführlich plaudern. Sie müssen mir alles über sich erzählen.«
Madeline war nie bewusst gewesen, dass sie leicht durchschaubar war. Es machte den Anschein, dass Mrs. Florence ihre Gedanken ebenso leicht erriet wie Julia. »Ach«, meinte diese, während sie Madeline musterte.
»Verstehe, Sie wollen nicht über Ihre Vergangenheit sprechen. Nun, dann finden wir eben ein anderes Thema.«
Madeline war der alten Dame dankbar für das ihr entgegengebrachte Verständnis.
»Ich danke Ihnen, Mrs. Florence«, erwiderte sie und folgte ihr auf ihrem weiteren Rundgang durch das Haus.
Nachdem sie ihre wenigen Habseligkeiten ausgepackt hatte, zog Madeline ein taubengraues Wollkleid mit dunkelblauen Streifen an. Am Abend würde sie das Theater besuchen, um Logan Scott zu sehen und um sich selbst ein Urteil zu bilden, ob er wirklich so talentiert war, wie allgemein behauptet wurde. Sie stand vor dem Spiegel, glättete ihr Kleid … und betrachtete stirnrunzelnd ihr Ebenbild.
Obwohl das Kleid hervorragend geschneidert war, war es vollkommen unmodern, langweilig und mit einem sittsamen, hohen Kragen. Wie sollte sie einen Mann verführen, noch dazu Mr. Scott, wenn sie keine entsprechende Garderobe besaß?
Weitere Kostenlose Bücher