Du gehörst zu mir
drehte sich zu einer blonden Frau um, die einige Jahre älter als sie zu sein schien. Die Frau war faszinierend schön mit ihrem aristokratischen Gesicht, den türkisfarbenen Augen und einem warmherzigen Lächeln. Und sie befand sich im fortgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft. »Hallo«, sagte Madeline, während sie neugierig auf sie zuging. »Sind Sie Schauspielerin?«
»Früher war ich das«, gab die Frau bereitwillig zu. »Allerdings bin ich bis zur Geburt des Babys vorübergehend als stellvertretende Intendantin tätig.«
»Oh …« Mit weit aufgerissenen Augen begriff Madeline, dass es sich bei ihrem Gegenüber nur um die Herzogin von Leeds handeln konnte, die berühmte Schauspielerin, die als Bühnenpartnerin von Mr. Scott von der leichten Muse bis hin zu Shakespeares Tragödien alles gespielt hatte. Obwohl der Herzog von Leeds erwiesenermaßen recht wohlhabend war, schien er seiner Frau bei ihrer Liebe zum Theater und ihrer atemberaubenden Karriere nicht im Weg stehen zu wollen. »Ihre Hoheit, es ist mir eine Ehre, Ihre Bekanntschaft zu machen. Bitte verzeihen Sie die Unannehmlichkeiten, die ich …«
»Machen Sie sich keine Sorgen«, beruhigte die Herzogin sie. »Hier passieren ständig irgendwelche Unfälle.«
Neugierig musterte sie Madeline. »Ich glaube, ich habe mit angehört, dass Sie Mr. Scott um eine Anstellung baten.«
»Ja, Ihre Hoheit.« Errötend fragte sich Madeline, was die Frau vielleicht noch mit angehört hatte, doch deren Gesichtsausdruck war freundlich und ohne jeden Argwohn.
»Kommen Sie mit in mein Büro … wie heißen Sie?«
»Madeline Ridley.«
»Nun, Madeline, Sie gehören nicht zu der Art von Mädchen, die normalerweise Arbeit am Theater suchen.
Gutgekleidet offensichtlich gebildet … sind Sie von zu Hause ausgerissen, mein Kind?«
»O nein«, erwiderte Madeline. Strenggenommen war das keine Lüge, da sie von der Schule und nicht aus ihrem Elternhaus weggelaufen war, dennoch fühlte sie sich unwohl bei ihrem Betrugsmanöver. Sie bemühte sich nach Kräften um eine glaubwürdige Antwort. »Die Umstände machen es erforderlich, dass ich irgendwo Arbeit finden muss … und ich hoffte, man könnte mich hier gebrauchen.«
»Warum ausgerechnet das Capital?« fragte die Herzogin, während sie Madeline zu den Büros führte.
»Ich habe mich immer schon für das Theater interessiert und viel über das Capital gehört und gelesen. Allerdings habe ich noch nie eine Aufführung besucht.«
»Noch nie?« Diese Vorstellung schien die Herzogin zu erstaunen.
»Lediglich Laiendarbietungen in der Schule.«
»Hegen Sie die Ambition, Schauspielerin zu werden?«
Madeline schüttelte den Kopf. »Ich bin mir sicher, dass ich kein Talent habe, und ich würde auch nicht gern vor Publikum auftreten. Allein bei dem Gedanken zittern mir die Knie.«
»Wie schade«, entfuhr es der Herzogin, die ein kleines Büro mit einem Mahagonischreibtisch betreten hatte, auf dem sich Stapel von Manuskripten und Schriftstücken türmten. Regale mit Büchern und Skripten säumten die Wände. »Ein Mädchen mit Ihrem Gesicht wäre ein echter Gewinn für das Capital.«
Dieses Kompliment verwirrte Madeline. Sie hatte sich immer nur für durchschnittlich hübsch gehalten. Es gab viele Mädchen, die eine bessere Figur besaßen als ihre schlanke, wenig weibliche Silhouette … Mädchen mit aufsehenerregenderen Attributen als ihren hellbraunen Augen und ihrem mittelbraunen Haar. Agnes, ihre, Mutter, hatte stets betont, dass ihre älteste Tochter Justine die Schönheit der Familie war und Althea die intelligenteste.
Madeline, die jüngste, wies keine herausragenden Eigenschaften auf.
Madeline war immer bewusst gewesen, dass sie eigentlich ein junge hatte werden sollen. Alle drei Geburten waren für Agnes schwierig verlaufen, und der Doktor hatte ihr klargemacht, dass ihr drittes Kind auch ihr letztes sein würde. Da sie unbedingt einen Sohn gebären wollte, hatte die Geburt der dritten Tochter die größte Enttäuschung in Agnes’ Leben verkörpert. Madeline hatte immer Schuldgefühle. Wenn sie doch nur irgendeine außergewöhnliche Begabung besessen hätte, die ihre Eltern mit Stolz erfüllt hätte … aber bislang war sie immer nur Durchschnitt gewesen.
Die Herzogin bedeutete Madeline, in einem Sessel neben ihr Platz zu nehmen. »Schildern Sie mir Ihre Fertigkeiten, und ich werde mir eine Beschäftigung für Sie überlegen.«
Während ein Teetablett hereingebracht wurde, redeten sie eine Weile
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