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Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition)

Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition)

Titel: Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Missfeldt
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nachhaltig und breit gefächert wie in dieser Zeit. Paul Heyse, Gottfried Keller, Wilhelm Petersen, Erich Schmidt verleihen ihm Glanz und Gehalt, und Storm glänzt mit seiner eigensinnigen, bestechenden Rhetorik und mit seiner bewunderungswürdigen Bildung. Seine Briefwechsel aus der Zeit in Hademarschen sind der Höhepunkt einer langen Korrespondenz und ein großartiges Zeugnis aus der Künstlerzunft des späten 19. Jahrhunderts.
    Storm liebt das Wort »anmutig«. Anmutig sind Mädchen und junge Frauen, anmutig ist auch die Landschaft um Hademarschen; sie hat ihm romantische Gedanken geweckt und das geliebte Vorbild Eichendorff wachgerufen. Sein poetischer Blick in das Land, sein Begleitton in den Briefen an die Freunde ist auf Eichendorffs Kammerton gestimmt: Schöne blaue Wald- und Wiesenfernen, schreibt er an Gottfried Keller.
    Hademarschen und das Land drumherum sind Storm seit vielen Jahren vertraut. Berg und Tal, Wälder mit Eichen und Buchen zeichnen das Bild, auch die geliebte Heide findet Storm hier wieder. Wilder Thymian, Eriken und in den Zäunen das Geißblatt durchwürzen die Luft . Regelmäßig besucht er dort seinen Bruder Johannes, Sägewerksbesitzer und Holzhändler, der schon 1851 in der Nähe ein Grundstück kaufte und bereits in Hademarschen seinen Wohnsitz hatte, als Storm aus seinem Heiligenstädter Exil zurückkehrte.
    Mit Constanze ist Storm hier gewesen, unvergessliche Tage haben beide hier erlebt. Mit Doris ist er jedes Jahr im August während des Urlaubs hier auf Familienbesuch; die Kinder sind dabei oder fahren alleine hinüber und verbringen bei Onkel Johannes und Tante Rike ihre Ferien. Ausflüge mit Pferd und Wagen, Picknick im Wald beschreibt Storm in seinen Briefen. Mit den vier Erwachsenen und insgesamt fünfzehn Kindern – Eltern, Vettern und Kusinen – sind die Storms in Hademarschen ein großer Haufen Familie. Storm genießt den Verwandtenkreis: Die Ströme edlen Weins, die sich aus meines Bruders Keller ergossen, setzten mich in Erstaunen. Man singt und spielt im schönen geräumigen Hause meines Bruders, das beiläufig das schönste Klavier enthält, das mir je vorgekommen .
    Hademarschen ist Storms zweites Zuhause, hier kann er beim geschätzten Bruder von seiner Richterarbeit ausspannen, hier findet er Nahrung für seinen poetischen Hunger, hier reift über die Jahre der Entschluss, Husum nach der Pensionierung den Rücken zu kehren und nach dem schönen grünen Dorfe Hademarschen zu ziehen, hier hofft er noch auf ein paar ergiebige Schriftstellerjahre.
    Er geht mit Maß und Plan vor. Sein »Vorwärts«, mit dem er sich selber gern den Stoß gibt und das er ebenso gern seinen Söhnen in die Briefe schreibt, treibt ihn an und lässt ihn zuversichtlich in die Zukunft blicken. Und doch, auch dieser Entschluss ist wieder ein Schritt ins Ungewisse. Wie viel Täuschung mag ihn führen? Im Spätsommer 1878 kauft er gut viertausend Quadratmeter Bauland auf dem »Botterbarg«. Dem Besitzer Feldhusen zahlt er 2750 Mark. Der Dichter sieht schon sein künftiges Zuhause, dabei mag er auch einen Blick geworfen haben auf das Herrenhaus des Gutes Hanerau, erbaut im neuklassizistischen Stil zwischen 1835 und 1837. Es sieht wie die größere Ausgabe des Storm-Hauses in Hademarschen aus; auch zweistöckig und mit einem ähnlichen Dach.
    Storm hat ein wenig vom aristokratischen Glanz dieses Adelssitzes eingefangen und ins Eigenheim für Poesie und Leben übertragen. Castell nennt es Erich Schmidt. »Villa Storm«, sagt der Dichter. Auch die sechzehnjährige Tochter Gertrud denkt in Richtung »Villa« und schreibt an ihren Bruder Ernst: Es ist sehr hübsch, und macht rein einen eleganten Eindruck. Du wirst Dich wundern, wenn Du kommst .
    Ein Schieferdach über zwei Stockwerken, das ist von Anfang an klar, im oberen die Poetenstube mit dem Fenster nach Nordosten, da wird der Blick ins Gieselautal schweifen, das im Winter wegen großer Überschwemmungen einem See gleicht und von Schwänen besucht wird. Er wird die Eisenbahn ein- und ausfahren hören und sehen können, Freunde werden ihn hier schneller erreichen, und er kann schneller bei Freunden und Verwandten in Neumünster und Hamburg sein. Heiterkeit und Helligkeit sollen einziehen, darum liegt das Grundstück auf einem Berg, darum sollen große Fenster Licht hereinlassen. Mehr als nur ein Dach und vier Wände: Der große steinerne Lebensapparat sieht mich an, wie ein monumentaler Hohn auf das kurze Endchen Leben ; schreibt er an Paul Heyse

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