Du hast mich wach gekuesst
er Evelyn einen Heiratsantrag gemacht.
Im selben Moment hatte das Leuchten in ihren Augen ihm die bislang verborgene Wahrheit enthüllt. Er wusste nicht, wann sie sich in ihn verliebt hatte, wann für sie mehr aus der Freundschaft geworden war. Er hatte erkennen müssen, dass eine Heirat ein großer Fehler wäre. Doch es war zu spät. Um nichts auf der Welt konnte er Evelyn wehtun.
Stattdessen hatte er sie getötet.
Der Schmerz begann hinter den Augen und weitete sich auf den ganzen Kopf aus. Er wusste, dass keine körperliche Ursache vorhanden war. Es war die Schuld. Er hatte den Wagen nicht gefahren und den Unfall nicht verursacht. Doch er hatte sie betrogen.
Im Geiste durchlebte er erneut ihre Hochzeitsnacht. Evelyn hatte vor Glück gestrahlt. Trotz ihres hübschen Gesichts und ihrer reizvollen Figur hatte er sie nie begehrt. Er hatte mit ihr geschlafen und geglaubt, damit Genüge zu tun. Doch sein Desinteresse war ihr nicht entgangen und hatte im Laufe der Jahre ihr Selbstbewusstsein zerstört. Während sie sich Kinder gewünscht hatte, hatte er nach einem Ausweg aus der Ehe gesucht. Er konnte ihr nicht geben, was sie verdiente. Doch sie gehen zu lassen, hätte den unerträglichen Verlust seiner besten Freundin bedeutet.
Er ballte die Hände zu Fäusten, als er sich an jene verhängnisvolle Nacht erinnerte. Er hatte allein in einer Ecke auf der Party gestanden. Er hatte zu viel getrunken. Die Frau eines Klienten, deren Namen er nicht erinnerte, war zu ihm gekommen. Er hatte einen Funken Reaktion auf ihr attraktives Äußeres und ihr unverhohlenes Interesse gespürt.
Es war falsch und töricht und unter seiner Würde. Doch er hatte sich in ein Hinterzimmer führen lassen und ihren Kuss erwidert. Er wäre niemals mit ihr ins Bett gegangen, aber er hatte endlich einen Anflug von Leidenschaft verspüren wollen.
Der Kuss war angenehm gewesen, aber nicht denkwürdig. Doch ihm war bewusst geworden, dass es an der Zeit war, reinen Tisch zu machen. Evelyn hatte einen besseren Mann als ihn verdient.
Gerade als er der Frau die Hände auf die Schultern gelegt hatte, um sie von sich zu schieben, war ein Aufschrei von Evelyn von der Tür her erklungen.
Sie hatte so hübsch ausgesehen an diesem Abend - das seidige blonde Haar zu einem Knoten verschlungen, die Figur hervorragend zur Geltung gebracht in einem schwarzen, ärmellosen Kleid. Sie hatte ihn angestarrt, als hätte sie ihn nie zuvor gesehen. Und vielleicht war es der Fall. Er hatte sie nie zuvor betrogen, abgesehen vielleicht von seinem impulsiven Heiratsantrag.
Hätten sie während der Rückfahrt nicht so heftig über den Zwischenfall gestritten, wäre es vielleicht nie zu dem Unfall gekommen.
"Evelyn", sagte er laut, "es tut mir Leid."
Doch die Entschuldigung verhallte und verlor sich in der Stille des Raumes. Es war zu spät. Evelyn war fort, und keine Entschuldigung der Welt konnte sie zurückbringen.
Ein wenig nervös betrat Cathy das Esszimmer. Ula hatte den Tisch für zwei Personen nebeneinander am entfernten Ende gedeckt. Kostbares Kristall und Silberbesteck funkelten. Nur Kerzen beleuchteten den Raum.
Einen flüchtigen Moment lang gestattete Cathy sich die Einbildung, dass es sich um ein romantisches Dinner handelte.
Vielleicht hatte ihre äußerliche Verwandlung ihn derart überwältigt, dass er ...
Vergiss es, sagte sie sich entschieden. Das Licht war gedämpft, weil Stone seine Narben verbergen wollte. Aus keinem anderen Grund.
"Guten Abend."
Sie wirbelte herum und sah ihn in der Tür stehen. Er hatte die Jeans und das Freizeithemd gegen formelle Kleidung getauscht.
Sie war froh, dass sie daran gedacht hatte, ein Kleid anzuziehen.
Noch mehr freute es sie, dass ihr dieses Kleid im Gegensatz zu früher nicht mehr zu eng war.
"Hi", erwiderte sie und hoffte, dass sich das Flattern in der Magengegend bald legen würde.
Er ging zum Tisch und zog einen Stuhl hervor. Es dauerte einen Moment, bis ihr klar wurde, dass sie sich darauf setzen sollte. Sie hatte ein derartig höfliches Benehmen in Kinofilmen gesehen, aber nicht gewusst, dass Männer es im wahren Leben an den Tag legten.
Er schenkte Wein ein und hob sein Glas. "Auf die Freundschaft."
"Auf die Freundschaft", wiederholte sie und nahm einen Schluck. Der Weißwein war herb und prickelte angenehm auf der Zunge. Sie hatte schon des öfteren Wein getrunken, aber nicht von dieser Qua lität.
Ula servierte den ersten Gang, einen gemischten Salat.
Inzwischen hatte Cathy sich an das fettarme
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