Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)
Computer, ein Gewehr), über Mitschüler, Walts Schuhe, eine Rockgruppe, in der sie mitmachen, über Inflation, darüber, daß Nancy Reagan sich ein Kleid für dreitausend Dollar gekauft hat (was sie missbilligen), über Mädchen, Waffen, Videos und über ihre Freundschaft. Keins dieser Themen zieht sich über mehrere Sprecherwechsel hin, und die Äußerungen sind jeweils extrem kurz.
Wie bei dem Gespräch der Zweitklässler umfasst auch das der Sechstklässler nur zwei längere Ausführungen; in beiden Fällen handelt es sich um eine Form der Berichtssprache, die den Jungen einen unterschiedlichen Platz in einer hierarchischen Ordnung zuweist: Einmal singt Tom ein Lied, das er vor kurzem für die Rockgruppe komponiert hat, wobei er sich selbst in den Rahmen des Vortragenden und Walt in den des Zuhörers stellt, das andere Mal erzählt er, wie er einen Fahrradunfall hatte.
»Es tut weh, wenn du deine beste Freundin verlierst«
Wendet man sich den gleichaltrigen Mädchen zu, hat man auch in diesem Fall das Gefühl, ein fremdes Sternensystem erreicht zu haben. Die Mädchen reden fast die ganze Zeit über Julias Krach mit einer dritten Freundin, Mary. Julia erzählt, wie bekümmert sie über den Verlust der Freundin ist (»Es tut weh, wenn du deine beste Freundin verlierst, eine wirklich enge Freundin«). Die Mädchen einigen sich darauf, dass Mary an dem Auseinanderbrechen der Freundschaft schuld ist. Ihr Gespräch offenbart, welch zentrale Rolle Freundschaften in ihrem Leben spielen. Julia sagt: »Wenn ich Freundschaft schließe, dann möchte ich, dass es für immer ist«, und: »Ohne Freunde könnte ich nicht leben.« Shannon pflichtet ihr bei: »Ich glaube auch nicht, dass jemand ohne Freunde leben könnte.« Julia versichert Shannon, dass sie beide »praktisch immer Freundinnen bleiben« werden.
Wieder und wieder geben die Sechstklässlerinnen ihrer Befürchtung Ausdruck, dass Zorn und Wut zum Abbruch von Freundschaften führen. Julia erklärt, dass ihre Freundschaft mit Mary auseinanderging, weil Mary wütend wurde und deshalb »gemein« zu ihr war. Sie erklärt, dass sie selbst – im Gegensatz zu Mary – niemals wütend reagiere, selbst dann nicht, wenn sie sich über andere ärgert.
Shannon: Es ist zu schade, dass du und Mary keine Freundinnen mehr seid.
Julia: Ich weiß. Gott, es ist – Sie kann so gemein sein … Und – was ich so traurig daran fand, mit einem Mal – ist sie plötzlich total sauer auf dich. Ich meine, wenn sie was macht, was mir nicht passt, also, ich – ich mag es einfach nicht, ich meine, dann bin ich ja auch nicht sauer auf sie.
Julia: Meine Mom macht oft was, was mir überhaupt nicht passt – ich meine, na ja, ich bin trotzdem nicht sauer auf sie.
Julia denkt – und fürchtet –, dass Leute, die sauer werden, miteinander streiten, und Streit kann zu Trennungen führen. An einem Punkt schneidet sie scheinbar zusammenhanglos ein neues Thema an – dass ihre Eltern sich vielleicht scheiden lassen. Aber in Wahrheit ist es dasselbe Thema: Sie hat Angst, dass ihre Eltern sich trennen könnten, weil sie sie manchmal streiten hört und sie glaubt, dass Mary zum Teil deshalb so schwierig ist, weil ihre Eltern geschieden sind. Auch dieses Verhaltensmuster fand ich in einem Dialog aus dem wirklichen Leben bestätigt, der zwischen zwei ungefähr gleichaltrigen Mädchen geführt wurde. Das Thema »sauer werden« taucht in einem von Deborah Lange aufgenommenen Gespräch zwischen Teenagermädchen auf. Bei dieser Unterhaltung erzählt eins der Mädchen von einem Problem: Sie möchte gern einmal etwas mit all ihren Freundinnen gemeinsam unternehmen, was aber daran scheitert, dass die Freundinnen sich untereinander nicht alle mögen. Als sie ständig beteuert, dass sie nicht sauer ist, klingt sie ein bisschen wie Julia:
Es ist nicht so, dass ich auf Deena sauer bin. Ich bin nicht sauer auf Rita oder Deena. Aber ich …, ich habe immer… Es ist so schwierig, gemeinsame Pläne mit ihnen zu machen.
Statt wütend auf ihre Freundinnen zu sein, versucht sie, alle miteinander zu versöhnen,
… denn Rita streitet sich mit Millicent, und Deena findet, dass Millicent eine blöde Ziege ist, und es ist so gemein, weil es nicht fair ist, denn, ähm, ich versuche, nun, ich versuche, ich gebe mir solche Mühe, dass wir mal was zusammen machen können, aber ich-ich möchte lieber, dass sie miteinander auskommen, statt immer, nun, statt dass ich immer versuche, also, ich meine, ich muss
Weitere Kostenlose Bücher