Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)
dass das der Grund ist, warum sie Schwierigkeiten haben, ein Gesprächsthema zu finden. Obwohl es nicht so augenfällig und durchgängig ist wie bei den kleinen Jungen, versucht auch Tom, die Situation ins Lächerliche zu ziehen: »Lächle, Big Brother’s watching you.« Das zeigt sich noch deutlicher, als Dorval die Jungen allein lässt, nachdem er sie kurz an die Aufgabenstellung erinnert hat: Tom macht einen Diener – zuerst nur andeutungsweise und offensichtlich ganz automatisch, dann auf übertriebene Weise, offenbar, um sich über seine eigene automatische Unterwerfungsgeste lustig zu machen. Die Jungen der zweiten Klasse reagierten auf das Unbehagen, das die experimentelle Situation auslöste, indem sie darüber sprachen, was sie gern spielen würden. Die Sechstklässler malen sich aus, wie es wäre, erwachsen und damit von solchen Situationen befreit zu sein. Das folgende Beispiel zeigt auch, wie die Jungen die Zimmereinrichtung benutzen, um plötzlich das Thema zu wechseln etwas, was die Mädchen nie tun.
Tom: Mensch, ich kann’s gar nicht abwarten, erwachsen zu werden.
Walt: Ja, ich weiß, was du meinst.
Tom: Raus aus dem College, hin zu den Marines. Weg von den Marines, hin zur Luftwaffe. Weg von der Luftwaffe, hin zu ’ner Frau.
Walt: Ja, ich kann’s gar nicht abwarten, sechzehn zu sein und Auto fahren zu können.
Tom: Ich kann’s gar nicht abwarten, siebzehn zu werden und zu heiraten.
Walt: Ich auch nicht. Guck dir das da mal an!
Es ist rührend, wie die Jungen sich danach sehnen, erwachsen zu werden, obwohl leichte Verwirrung zu herrschen scheint, welche Erwachsenentätigkeit sie in welchem Alter ausüben sollten. Keines der Mädchen sagt etwas Vergleichbares. Ich verstehe die Ausführungen als Ausdruck des Unbehagens, das die Jungen empfinden, weil sie als Kinder behandelt werden, denen man sagen kann, was sie zu tun haben, und ich habe den Verdacht, dass es sich um Fluchtphantasien handelt, um Situationen wie dieser zu entkommen. Kevin, einer der beiden Zweitklässler, äußert, wenn auch in kürzerer Form, Ähnliches, als er sich mit seinem Freund über sein Alter unterhält. Obwohl er sich nicht ganz sicher ist, wie alt er ist und was sein Alter zu bedeuten hat (»Ich bin fast zehn, aber ich bin noch nicht ganz acht«), versichert Kevin sich selbst: »Ich werd die Großen einholen.« Die Jungen sind eifriger daran interessiert, erwachsen zu werden, um nicht länger die Unterlegenen in der Hierarchie zu sein.
Andere Vorstellungen von Freundschaft
Trotz der bemerkenswerten Unterschiede zwischen den Unterhaltungen der Jungen und Mädchen wäre es eine irreführende Annahme, dass es keine Gemeinsamkeiten in ihren Sprechweisen und Interessen gäbe. Die Unterschiede sind nicht absolut, sondern graduell. Allen Kindern liegt zum Beispiel viel daran, ihre Freundschaft aufrechtzuerhalten. Hier, was die Jungen aus dem sechsten Schuljahr dazu sagen:
Tom: Scheint, als ob wir beide immer alles zusammen machen.
Walt: Ja, diesen Sonnabend gehen wir auf die Jagd, richtig?
Tom: Scheint, wenn wir was vorhaben und es gibt irgendwo Streit, hält einer immer zum anderen, oder wenn einer von uns ’ne gute Idee hat, ist der andere automatisch dabei. Und alle wollen irgendwie dagegen angehen. Es passt ihnen nicht, wenn zwei sich einig sind, dann stänkern sie.
Walt: Ich weiß.
Tom: Denn es gibt immer eine Gruppe und dann noch eine. Und es ist die gute Gruppe, auf der immer herumgehackt wird.
Sowohl die Jungen als auch die Mädchen sprechen darüber, wie gut sie befreundet sind, aber sie drücken es anders aus. Vor allem diskutieren die Jungen ihre Freundschaft nur sehr kurz, und das
Thema wird nicht wieder angeschnitten, während die Mädchen sich ausgedehnt über ihre Freundschaft unterhalten und das Thema öfter wieder aufgreifen. Toms Bemerkung, dass er und Walt gute Freunde sind, bezieht sich in erster Linie auf gemeinsame Unternehmungen (»Scheint, als ob wir beide immer alles zusammen machen«). Und das Kämpferische ist ein zentraler Aspekt ihrer Vorstellungen von Freundschaft. Tom sagt, dass die Übereinstimmung zwischen ihm und Walt andere automatisch gegen sie aufbringe. Tom lebt in einer agonistischen Welt, wo Freundschaft damit zu tun hat, dass man sich gegen andere verbündet.
Im Gegensatz dazu basiert Julias Feststellung, dass sie und Shannon gute Freundinnen sind, auf gegenseitigem Verständnis und langer Vertrautheit:
Julia: Wir beide kennen uns mindestens schon seit dem
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