Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)
Kindergarten, und wir wissen, wie die andere wirklich ist .
und nicht auf kämpferischen Auseinandersetzungen:
Julia: Wir beide streiten uns eigentlich nie.
und auf Gesprächen:
Julia: Ich meine, wenn ich mit dir reden möchte, sagst du: »Red mit mir !« Und wenn du mit mir reden willst, red ich mit dir !
Vergleicht man die Gespräche dieser Jungen und Mädchen der sechsten Klasse, versteht man, warum Frauen und Männer über Kommunikationsschwierigkeiten in ihren Beziehungen klagen. Die Jungen reden ein bisschen über ihre Freundschaft und über andere Leute, aber der größte Teil ihres Gesprächs dreht sich um Objekte und Aktivitäten und Meinungen zu sozialen Fragen. Das einzige Objekt, das die Mädchen inspizieren und diskutieren, ist ein Symbol ihrer Freundschaft. Julia fragt Shannon, ob sie ihr eine Freundschaftsnadel gegeben habe, was Shannon bejaht. Dann sagt Julia, sie habe gelesen, dass man einer wirklich guten Freundin zwei Anstecknadeln schenke; sie greift dann in ihre Tasche und überreicht Shannon eine zweite. Die Mädchen reden ausschließlich über Freundinnen, Freundschaft und Gefühle; ihr Gespräch ist von einer subtilen Komplexität, die im Gespräch der Jungen nicht zu erkennen ist.
Gemeinsame und parallele Gesprächspositionen in der zehnten Klasse
Die Videoaufnahme der Zehntklässler hat wesentlich zu meinem Verständnis männlicher Kommunikation beigetragen. Die Mädchen dieser Klassenstufe sind den Sechstklässlerinnen sehr ähnlich. Sie sitzen mit angezogenen Armen und Beinen auf ihren Stühlen, sehen sich direkt an und reden über Probleme, die eines der Mädchen mit ihrer Mutter und ihrem Freund hat. Doch die Jungen der zehnten Klasse unterscheiden sich nicht nur von den Mädchen, sondern auch von den jüngeren Jungen. Sie nehmen die extremste Körperhaltung ein, die auf diesen Videoaufnahmen vorkommt: Sie strecken sich derart aus, dass sie beinahe vor dem Stuhl liegen, auf dem sie eigentlich sitzen sollten. Richard sitzt – wie der Sechstklässler Tom – fast regungslos da und schaut stur geradeaus, als ob er seinen Freund ebenso wenig anschauen dürfte wie einst Orpheus Eurydike. Todd benutzt seine Füße, um einen Drehstuhl heranzuziehen und ihn zur Fußstütze umzufunktionieren, er schiebt ihn mit den Füßen hin und her, während er vor sich hin guckt oder den Blick durchs Zimmer wandern lässt und nur manchmal zu Richard hinübersieht. Beim Anschauen dieser Videoaufnahme meinte einmal jemand, dass diese Jungen wirkten, als ob sie mit dem Auto unterwegs wären: Sie sitzen parallel nebeinander statt sich gegenüber, und sie schauen beide stur geradeaus, der eine wirft seinem Freund gelegentlich einen Blick zu, der andere sieht ihn praktisch überhaupt nicht an.
Aber wenn man den Ton anstellt, entsteht ein völlig anderer Eindruck. Die Jungen reden nicht über unpersönliche Themen. Weit gefehlt. Es handelt sich um die Jungen, deren Unterhaltung ich in Kapitel zwei vorgestellt und diskutiert habe. Sie führen das intimste Gespräch, auf das ich bei diesen Videoaufnahmen gestoßen bin. Während die Mädchen über Probleme mit anderen Menschen redeten – über abwesende Dritte –, setzten diese Jungen sich mit ihrer eigenen Beziehung auseinander, und einer der beiden offenbart tiefe Gefühle des Verlusts, der Verletztheit und der Sehnsucht.
»Ich weiß, was mich nervt«
Wie bereits vorhin erkennbar war, fühlt Todd sich als Außenseiter: Er glaubt, dass man ihn auf Partys links liegen lässt; er hat keine Verabredung für ein bevorstehendes Tanzfest, und er will keins der Mädchen, die er kennt, fragen; er kommt sich komisch vor, wenn er mit Mädchen zusammen ist, die ihn mögen, und mit seinen Kumpels fühlt er sich auch komisch. Er sehnt sich nach der Vergangenheit zurück, als er und Richard meistens allein zusammen waren und mehr miteinander geredet haben. Der folgende Auszug gibt Todds Klage wieder. Um den stockenden Verlauf des Gesprächs zu verdeutlichen, zeigen die Zahlen in Klammern die jeweiligen Pausensekunden an:
Todd: Über was, zum Teufel, sollen wir reden? Ich meine, ich weiß, was mich nervt.
Richard: Was nervt dich?
Todd (kichert): Dass wir nicht miteinander reden.
Richard: Wer redet nicht?
…
Todd: Wir machen es schon wieder.
Richard: Was?
Todd: Nicht miteinander reden.
Richard: Ich weiß. Dann sag doch was.
Todd: Wir machen nicht mal mehr Smalltalk. (Lacht)
Richard: Gut, okay. (3,4) Ich meine, also, was soll ich dazu sagen? (3,6) Ich
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