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Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)

Titel: Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Tannen
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von Scheidung auf Amerikanisch, den ich vorhin als Beispiel angeführt habe. Ihm kam es vor, als ob Debbie Reynolds durch ihre Bemerkung »Ich kann jetzt nicht streiten. Ich muss das Baguette aus dem Ofen holen« der Auseinandersetzung ausweichen wollte, weil sie einen Vorwurf erhoben hatte – »Ewig kritisierst du an mir herum« –, den sie nicht belegen konnte.
    Der Mann bot auch ein Beispiel aus seiner eigenen Erfahrung an. Seine Freundin hatte ihm erzählt, dass es ein Problem mit ihrem Chef gebe, weil er ihr eine bestimmte Aufgabe übertragen habe, sie aber lieber etwas anderes machen wolle. Um besser argumentieren zu können, versetzte der Mann sich in die Lage des Chefs und verwies auf eine negative Konsequenz, die ihr eigenmächtiges Tun haben würde. Die Freundin entgegnete, dass dieselbe negative Konsequenz eintreten würde, wenn sie den Wünschen ihres Vorgesetzten nachkäme. Der Mann beschwerte sich darüber, dass seine Freundin einfach die Fronten wechselte. Was würde passieren, wenn sie tat, was ihr Chef wollte –, bevor sie die andere Seite geklärt hatten – was würde passieren, wenn sie ihren eigenen Vorstellungen folgte?

Teamsprecher
    Ein letztes Rätsel, was das öffentliche und private Sprechen angeht, deutet sich in dem Erlebnis an, von dem ich zu Anfang dieses Kapitels berichtete: Als ich einen Vortrag vor einer Frauengruppe hielt, die auch einige Männer eingeladen hatte, bezeichnete ein äußerst redseliger Mann seine schweigsame Frau als den »gesprächigeren Teil in unserer Beziehung«. Im Anschluss an die allgemeine Erheiterung, die diese Bemerkung auslöste, erklärten andere Gruppenteilnehmerinnen, dass diese Frau normalerweise nicht so still sei. Wenn die Frauen allein zusammenkamen, trug sie durchaus ihren Teil zur Diskussion bei. Warum war sie dann bei dieser Gelegenheit so schweigsam?
    Eine mögliche Erklärung ist, dass das private Gruppengespräch durch meine Anwesenheit zu einer öffentlichen Situation wurde. Ein weiterer Unterschied bestand darin, dass Männer an der Versammlung teilnahmen. In gewisser Hinsicht fühlen die meisten Frauen sich »hinter den Kulissen«, wenn keine Männer zugegen sind. In Gegenwart von Männern sind sie »auf der Bühne«, in dem Sinn, dass sie das Gefühl haben, stärker auf ihr Verhalten achten zu müssen. Eine andere mögliche Erklärung ist, dass nicht die generelle Anwesenheit von Männern das Verhalten dieser Frau beeinflusste, sondern die Anwesenheit ihres Mannes. Man könnte ihr Verhalten so auslegen, dass die Anwesenheit ihres Mannes sie in gewisser Weise einschüchterte oder zum Schweigen brachte. Aber es könnte auch sein, dass die beiden sich als Team fühlten. Weil er eine Menge redete, hätten sie als Team zu viel Zeit beansprucht, wenn sie auch noch etwas erzählt hätte. Da der Mann das Team repräsentierte, hatte sie vielleicht auch das Gefühl, dass es nicht nötig wäre, selbst zu sprechen, so, wie viele Frauen ihre Männer das Auto fahren lassen, wenn sie gemeinsam unterwegs sind, aber sich selbst ans Steuer setzen, wenn der Ehemann nicht dabei ist.
    Natürlich verstummen nicht alle Frauen, wenn ihre Ehemänner dabei sind; auch in dieser Gruppe gab es eine Reihe von Frauen, die ihre Ehemänner mitgebracht hatten und eine Menge redeten. Aber einige andere Paare erzählten mir von ähnlichen Erfahrungen. Als ein Ehepaar zum Beispiel gemeinsam einen Abendkurs besuchte, beteiligte der Mann sich immer aktiv an den Gruppendiskussionen, während die Frau nur sehr wenig sagte. Aber in einem Semester entschieden sie sich für zwei unterschiedliche Veranstaltungen, und die Frau stellte fest, dass sie in dem Kursus, den sie allein besuchte, eine diskussionsfreudige Schülerin war.
    Eine derartige Entwicklung lässt sich von zweierlei Perspektiven aus betrachten. Wenn man das Reden in der Gruppe als etwas Positives ansieht – als Privileg und als Vergnügen –, dann wird man zu der Ansicht kommen, dass man der schweigenden Frau ihr Rederecht vorenthält, sie ihrer Stimme beraubt. Doch nicht alle halten die Berichtssprache für ein reines Vergnügen. Es gibt viele Leute, die nicht gern in großen Gruppen sprechen. So gesehen, hält eine Frau, die das Gefühl hat, dass sie nicht reden muss, weil ihr Mann das für sie erledigt, sich vielleicht für privilegiert, ebenso, wie eine Frau, die nicht gern Auto fährt, vielleicht froh ist, wenn ihr Mann das übernimmt – und ein Mann, der nicht gern fährt, ist vielleicht unglücklich,

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