Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)
dass er es muss, ob es ihm nun gefällt oder nicht.
Gegenseitige Schuldzuweisungen vermeiden
Der Unterschied zwischen öffentlichem und privatem Sprechen, oder Berichts- und Beziehungssprache, wird verständlich, wenn man ihn von der Status- und Bindungsperspektive her betrachtet. Es ist nicht überraschend, dass Frauen am liebsten reden, wenn sie ein Gefühl der Sicherheit und Nähe haben, unter Freunden und Gleichgesinnten, während Männer am liebsten reden, wenn es darum geht, ihren Status innerhalb einer Gruppe zu begründen und aufrechtzuerhalten. Aber die Situation ist äußerst komplex, weil Status und Bindung mit derselben Währung gehandelt werden. Was wie ein Statusgebot scheinen mag, könnte als Ausdruck der Verbundenheit gemeint sein, und was wie eine Distanzierung wirkt, sollte vielleicht den Eindruck von Statusrangelei verhindern. Verletzende und unberechtigte Fehlurteile lassen sich vermeiden, wenn man den geschlechtspezifischen Gesprächsstil versteht.
Wenn Männer bei Veranstaltungen das Gespräch allein bestreiten, haben viele Frauen – auch Wissenschaftlerinnen – den Eindruck, dass Männer sich »dominierend« verhalten, dass sie die Frauen absichtlich an einer Teilnahme hindern und öffentlich mit ihren dickeren Status-Muskeln protzen. Aber das Ergebnis , dass Männer die ganze Zeit reden, bedeutet nicht notwendigerweise, dass sie die Absicht haben, Frauen am Reden zu hindern. Leute, die bereitwillig das Wort ergreifen, gehen davon aus, dass es allen anderen freisteht, ebenso zu verfahren. So gesehen, könnte man in dem ungezwungenen Drauflosreden der Männer auch ein Zeichen dafür sehen, dass die Frauen in ihren Augen denselben Status haben wie sie selbst: »Wir sind alle gleich«, könnte die Metamitteilung ihres Verhaltens lauten, »wenn es darum geht, das Wort an uns zu reißen.« Wenn dies tatsächlich die Absicht ist (und ich glaube, dass das oft, wenn auch nicht immer, der Fall ist), könnten Frauen die mangelnde weibliche Beteiligung bei Zusammenkünften registrieren und Maßnahmen ergreifen, um das Ungleichgewicht aufzuheben, ohne deshalb die Männer des absichtlichen Ausschlusses der Frauen zu bezichtigen.
Schuld ist also nicht der einzelne Mann und auch nicht allein der männliche Gesprächsstil, sondern der Unterschied zwischen männlichem und weiblichem Gesprächsverhalten. Wenn das so ist, können beide Zugeständnisse machen. Eine Frau kann sich dazu aufraffen, das Wort auch ohne Aufforderung zu ergreifen oder zu sprechen zu beginnen, ohne höflich auf eine scheinbar günstige Gelegenheit zu warten. Aber die Zugeständnisse sollten nicht einseitig sein. Ein Mann kann lernen, dass es einer Frau, die nicht daran gewöhnt ist, in größeren Gruppen zu sprechen, nicht freisteht, dasselbe zu tun wie er. Eine Frau, die höflich abwartet, bis eine längere Pause eintritt, um ihre Frage zu stellen, hat nicht das Gefühl, dass alles für ihren Auftritt bereit ist, wie jene, die nicht auf den Pausenmoment nach (oder vor) einem Gesprächseinsatz achten. Wenn eine Frau erwartet, zum Sprechen aufgefordert zu werden (»Sie haben noch gar nichts dazu gesagt, Millie. Was halten Sie davon?«), ist sie nicht daran gewöhnt, dazwischenzufunken und das Wort an sich zu reißen. Wie auf so vielen Gebieten ist die Zusicherung von Gleichheit noch lange keine Garantie für wirklich gleiche Chancen, wenn man nicht daran gewöhnt ist, das Spiel so zu spielen wie die anderen. Wenn man bei einem Tanz mitmachen darf, garantiert das noch lange nicht die Teilnahme von jemandem, der ganz anders zu tanzen gelernt hat.
Klatsch begründet Freundschaft
Wenn Frauen ihren Freundinnen private Details anvertrauen, führt das manchmal dazu, dass sie auch private Details aus dem Leben anderer erzählen. Diese Details werden zu Klatsch, wenn die Freundin, der man davon berichtet hat, sie vor anderen Leuten – meistens einer anderen Freundin – wiederholt. Sich darüber zu unterhalten, was im eigenen Leben und im Leben der jeweiligen Gesprächspartnerin passiert, ist eine Erwachsenenversion des Geheimniserzählens, des charakteristischen Merkmals von Mädchen- und Frauenfreundschaften.
In Alice Mattisons Geschichte »New Haven«, die ich in Kapitel zwei zitierte, erzählt Eleanor Patsy, dass sie in einen verheirateten Mann verliebt sei. Sobald dieses Eingeständnis heraus ist, »schämt Eleanor sich ein bisschen, weil sie plötzlich ihr Geheimnis verloren hat«, aber »sie ist auch froh; dieses eine Mal muss
Weitere Kostenlose Bücher