Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)
sowohl am Anfang einer geschäftlichen Beziehung stehen als auch daraus entstehen. In einem Zeitschriftenartikel wurde die Partnerschaft zweier Frauen beschrieben, die ein Konstruktionsbüro leiten. Der Grundstein für die berufliche Verbindung war viele Jahre vor Gründung der Firma gelegt worden, als die beiden Frauen sich regelmäßig zum Kaffeeplausch trafen. Als die eine beschloss, eine Firma zu gründen, bestand bereits ein gutes kollegiales Verhältnis zu ihrer zukünftigen Gesprächspartnerin.
Bei Frauen, die sich häufig und regelmäßig mit ihren Freundinnen unterhalten, ist das Gespräch gut eingespielt, wenn wichtige Entscheidungen anstehen. Die Psychologin Elizabeth Loftus, die sich auf die gutachterliche Beurteilung von Augenzeugenberichten spezialisiert hat, stand vor einem moralischen Dilemma, als sie gebeten wurde, für einen Mann auszusagen, der beschuldigt wurde, »Iwan der Schreckliche« zu sein – ein für seinen Sadismus berüchtigter Naziverbrecher. Loftus hatte das Gefühl, dass es inkonsequent wäre, sich für diesen Fall nicht ebenso zur Verfügung zu stellen wie für viele andere. Aber ihre Familie und ihre Freunde argumentierten dagegen, und auch sie selbst schreckte vor der Vorstellung zurück, die Aussagen der wenigen überlebenden Zeugen – von den schätzungsweise eine Million Menschen, die Iwan zum Opfer gefallen waren, hatten ganze fünfzig überlebt – zu untergraben. Das Problem wurde gelöst, als eine Freundin zum Tee vorbeikam. Loftus erinnert sich: »Meine Freundin zitierte Emerson und sagte: ›Dumme Prinzipienreiterei ist der Kobold kleiner Geister.‹« Mit diesem Trost entschied Loftus, keine Aussage zu machen. Frauen und Männer haben offenbar nicht nur verschiedene Gewohnheiten, was das gesellige Gespräch mit Freunden angeht, sie verwenden es auch für unterschiedliche Zwecke. Ref 50
Und auch die unterschiedliche Verwendung sozialer Gespräche entwickelt sich sehr früh. Ein Ehepaar, mit dem ich mich unterhielt, war unterschiedlicher Meinung, was die Beziehung ihres Sohnes zu seinem besten Freund betraf. Obwohl die beiden Jungen viel Zeit miteinander verbrachten – sie spielten zum Beispiel zusammen Fußball –, hatte ihr Sohn nur herausgefunden, auf welches College sein bester Freund gehen wollte, weil er es zufällig im Jahrbuch gelesen hatte. Die Mutter fand das sonderbar. Einmal rief ein Mädchen bei ihrem Sohn an und fragte, ob sein Freund schon für das Tanzfest verabredet sei. Sie riefe für ihre Freundin an, die sich mit seinem Freund verabreden wolle, aber nur, wenn er noch niemand anders gefragt hätte. Ihr Sohn hatte nicht nur keine Ahnung, ob sein bester Freund schon für den Ball verabredet war, er war darüber hinaus verärgert, weil das Mädchen davon ausging, dass er es wüsste. Er gab ihr die Telefonnummer seines Freundes und schlug ihr vor, ihn selbst zu fragen. Später erwähnte er dann einmal, dass er vielleicht auch Lust gehabt hätte, zu dem Ball zu gehen, wenn er gewusst hätte, ob sein Freund auch hingehen wollte; weil er sich über solche persönlichen Dinge nicht auf dem Laufenden hielt, verpasste er eine Chance zum Ausgehen.
Der Mutter des Jungen erschien das alles sehr merkwürdig; sie konnte sich nicht vorstellen, was es bedeuten sollte, jemandes bester Freund zu sein, wenn es nicht einmal einschloss, dass man über grundsätzliche Entwicklungen im Leben des anderen Bescheid wusste. Doch der Vater fand nichts Ungewöhnliches daran.
»Über jemanden reden« versus »schlecht über jemanden reden«
Der relativ positive oder negative Wert, den man Gesprächen über private Details – über sich selbst oder andere – beimisst, entspricht der positiven oder negativen Beurteilung von Klatsch. Ein Mann meinte einmal zu mir, dass wir den Begriff »Klatsch« offenbar unterschiedlich definierten: »Sie verstehen Klatsch offenbar als Gespräch über private Details aus dem Leben von Leuten, die den Gesprächsteilnehmern bekannt sind. Für mich bedeutet Klatsch, dass man über die Schwächen, Charakterfehler und Misserfolge Dritter spricht, damit die Gesprächsteilnehmer sich diesem Dritten gegenüber überlegen fühlen können. Das erscheint mir unwürdig, deshalb halte ich Klatsch für etwas Schlechtes.«
Eine ähnliche Ansicht vertrat eine Frau, die mir erzählte, dass sie sich Sorgen mache, weil es in der von einigen Müttern gegründeten Spielgruppe eine Frau gebe, die zu viel tratsche. Aber es stellte sich heraus, dass das
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