Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden (German Edition)
Spielverhaltens von Vorschulkindern heraus, dass es unter den kleinen Jungen normalerweise hieß: »Ich bin der Doktor«, wenn sie Arzt spielen wollten. Jungen wollten zu 79 Prozent der Zeit der Doktor sein und ließen sich häufig auf langwierige Debatten ein, wenn es darum ging, wer diese hochrangige Rolle übernehmen sollte. Andere Wissenschaftler entdeckten ähnliche Verhaltensmuster. Die Linguistin Elaine Anderson ließ Kinder im Vorschulalter Szenen zwischen Arzt und Patient mit Handpuppen spielen. Auch sie stellte fest, dass die Jungen den Doktor, die Rolle mit hohem Status, übernehmen wollten und sich im Allgemeinen weigerten, den Patienten oder das Kind zu markieren. Die Mädchen wollten die Doktorrolle nur zu einem Drittel der Zeit spielen; sie wollten häufig auch Patient, Kind oder Mutter sein.
In Sachs’ Untersuchung wiesen die Jungen im Allgemeinen den anderen ihre Rollen zu (»Los, du spielst den Doktor«). Im Gegensatz dazu fragten die Mädchen sich für gewöhnlich gegenseitig, welche Rolle sie spielen wollten (»Möchtest du jetzt mal der Patient sein?«), oder machten einen gemeinschaftlichen Vorschlag (»Ich bin die Krankenschwester und du die Ärztin«; »Jetzt können wir beide Doktor sein«; »Wir können beide krank sein«; oder: »Na gut, ich bin der Doktor für mein Baby, und du bist der Doktor für dein Baby«). Viele dieser Vorschläge dienten nicht nur dazu, Konflikte zu vermeiden oder Anweisungen zu umgehen, sondern waren auch kreative Wege, um gleichen Status aufrechtzuerhalten.
Spiegeln diese experimentellen Studien, bei denen die Kinder in Untersuchungslaboren spielten, ihr normales Spielverhalten in vertrauter Umgebung wider? Ein Artikel von Rodger Kamenetz – einem Vater – spricht dafür:
Meine Tochter Anya, sechs Jahre, und ihre Freundin Rosemary, sieben Jahre, spielten zusammen in Anyas Zimmer. Die Tür stand offen, und als ich einige gurrende Geräusche vernahm, guckte ich hinein und sah, dass jedes der Mädchen eine Flickenpuppe im Arm wiegte. »Du wickelst jetzt dein Kind«, sagte Rosemary zu Anya, »und ich wickle meins.« Ref 70
Als ich diese Beschreibung las, war ich beeindruckt von der Symmetrie im Spiel der Mädchen. Rosemary schlug vor, dass sie sich beide zur selben Zeit derselben Aktivität widmen sollten. Statt Anya die Rolle des Kindes und damit den niedrigeren Status aufzudrängen, reservierte sie diese Rolle für die willigen Flickenpuppen.
Andere Sozialstrukturen
Die unterschiedlichen Methoden, mit denen Mädchen und Jungen versuchen, Einfluss auf das Verhalten anderer zu nehmen, spiegeln – und erzeugen – verschiedene soziale Strukturen. Als die Jungen in Goodwins Studie sich auf ihren Schleuderkampf vorbereiteten, organisierten sie sich hierarchisch: Die Anführer erzählten den anderen, was sie zu tun hatten. Anführer war, wer Befehle gab und sie durchsetzen konnte. Ein Sprecher, der Kommandos erteilt, unterscheidet sich per definitionem vom Adressaten und rahmt sich als mächtiger ein. Im Gegensatz dazu waren die Mädchengruppen nach einem Gleichheitsprinzip organisiert; dazu Goodwin: »Bei der Erledigung einer zielgerichteten Aktivität nehmen schon bei Vier- und Fünfjährigen alle gemeinsam mit einem Minimum an Statusverhandlungen am Entscheidungsprozess teil.« Wenn die Mädchen ihre Vorschläge mit Formulierungen wie »Lasst uns« und »Wir« einleiteten, implizierten sie, dass sie sich als Teil einer Gemeinschaft verstanden und dass die Einwilligung in einen Vorschlag nicht die Macht des Einzelnen, sondern die Gemeinschaft stärken würde.
Außerdem gaben die Jungen im Allgemeinen keine Gründe für ihre Forderungen an. Ein Junge, der eine Anführerrolle übernommen hatte, stellte zum Beispiel Forderungen auf wie:
»ZANGE! ICH WILL DIE ZANGE!«
»Hör mal, ich brauch jetzt sofort die Drahtschere.«
Die Mädchen dagegen begründeten ihre Vorschläge:
Sharon: Wir müssen sie zuerst saubermachen , weißt du?
Pam: Ja, ich weiß.
Sharon: Wegen der Keime.
Pam: Wir spülen sie aus und wischen sie ab, nur für den Fall, dass Keime drin sind.
Die fehlenden Begründungen der Jungen unterstrichen den kämpferischen Charakter ihrer Forderungen. Einwilligung war ein Zeichen von Unterwerfung unter die Autorität des Anführers, obwohl Unterwerfung auch ein kooperativer Akt ist, insofern er die reibungslose Zusammenarbeit der Gruppe fördert. Die Mädchen wandten andere Methoden an, um ihren Willen durchzusetzen. Sie begründeten ihre
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