„Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)
vollends auf die Schnauze zu legen. Es sah ein wenig so aus, als würde eine schwarze Gang im Eisstadion das erste Mal zum Schlittschuhlaufen gehen. Natürlich warteten alle darauf, dass J.Lo zum Mikrofon griff und irgendeinen Song zum Besten gab. Aber es war Daddy, der eine sonderliche Version von »Every Breath you take« anstimmte. Alle Anwesenden wurden regelrecht tollwütig. Da hörte man doch gerne drüber weg, dass er fast keinen richtigen Ton rausbrachte. Musste wohl am Mikro gelegen haben.
Gegen halb vier blies Daddy zum Aufbruch. Alles wuselte rum, jeder versuchte seine Klamotten zu finden, die Sofas sahen aus wie die Wühltische in der Daunenanorak-Abteilung im Kaufhaus. Als hätten sie es vorher geprobt, gingen zwei Jungs zu Jennifer, hakten sie unter, und ein weiterer half Puffy in seinen weißen Fellmantel. Dann ging auch er in Richtung Ausgang. Ruckzuck waren die beiden aus dem Laden und vor dem Ausgang baute sich eine Mauer aus Männern auf, damit auch wirklich keiner hinterher kam. Einer, der von Berufs wegen hinterher musste, war Jonas – mit der Rechnung nämlich. Wie beim Rugby das Ei, hatte er die Rechnung in der Hand und lief selbstmörderisch gegen die menschliche Wand. Der Typ in der Mitte – er war sicher um die zweizwanzig groß und hatte massig Ringe an Ohren und Fingern – streckte Jonas die offene Hand entgegen, so nach dem Motto: Komm bloß nicht näher! Die Rechnung machte fast zehntausend Mark aus und Jonas wusste nicht wirklich, wie er das diesem Riesen erklären sollte. Schließlich hielt er ihm die Rechnung einfach vors Gesicht. Lesen würde der Riese ja wohl können. »I don’t pay for it«, waren die letzten Worte, an die sich Jonas noch erinnern konnte, bevor er in hohem Bogen über den Garderobentresen in die Kleiderbügel flog. Ein paar Sekunden war er wie weggetreten, dann zog er sich ächzend an der Kleidertheke hoch und lugte über die Barplatte. Schweigen. Er war allein im Gang zur Garderobe und die ganze Mischpoke war geflohen. »There’s no biz like show-biz!«
Ich kam gerade um die Ecke gepest, als Jonas kniend auf dem Eingangsteppich umherkrabbelte und die Rechnung suchte, die ihm bei seinem Seitensprung aus der Hand gefallen war. Völlig gefrustet, mit toten Augen und leerem Geldbeutel, sinnierte er vor sich hin. »Was ist denn los?«, fragte ich ihn, als ich mich zu ihm runterbeugte. »Nichts ist los!«, sagte Jonas, »nichts!« Dabei hielt er die zerknitterte Rechnung in der Hand, die er Sekunden zuvor zwischen dem Absatz am Ausgang und dem kackbraunen Teppich gefunden hatte. »Sie sind weg, oder?« Ich hatte es irgendwie vorhin beim Pinkeln gespürt, dass es Ärger geben würde. Auf dem Klo bekam ich immer irgendwelche Eingebungen, die Vorahnung musste also etwas mit meinem Harndrang zu tun haben. »Ja, sie sind einfach weg«, schluchzte Jonas und übergab mir willenlos den Rechnungsbeleg. Ich also zum Telefon gerannt und die erstbesten Luxushotels angerufen. Vier Jahreszeiten? Niente. Hotel Rafael? Nein. Im Bayerischen Hof schien ich Glück zu haben, den Concierge kannte ich aus dem P1, und er steckte mir, dass Jennifer Lopez und Puff Daddy für die ganze Entourage den kompletten dritten Stock gemietet hatten, an die dreißig Zimmer. Also schnappte ich mir Theo und flitzte mit ihm runter zu meinem R 4, den ich auf dem breiten Gehsteig vor dem Haus der Kunst abgestellt hatte.
Der Motor knatterte und knarzte und nach etwa zehn Versuchen sprang er endlich an. Ich lenkte die Rennsemmel quer über die Prinzregentenstraße rüber zur Einfahrt in den Altstadttunnel. Dabei kam mir ein blauer Kombi entgegen – okay, eigentlich war ich es, der ihm entgegenkam. Wir befanden uns gerade auf der Gegenfahrbahn. Theo hielt sich die Augen zu, als ich etwas ungestüm, aber ohne schlimmere Verluste, über den Mittelstreifen wieder auf die richtige Spur wechselte. Nach fünf Minuten waren wir am Promenadeplatz vor dem Hotel Bayerischer Hof angekommen. Hier stiegen sie alle ab, die Stones oder Michael Jackson, und Pete Townshend von The Who zerstörte gerne mal die ganze Inneneinrichtung einer Luxussuite. Der livrierte Doorman staunte nicht schlecht, als um vier Uhr morgens vor seinem Hotel ein klappriger R 4 hielt und zwei Freaks ausstiegen. »Guten Morgen, die Herren«, schallte es uns freundlich entgegen. »Ist Urs da?«, fragte ich ihn. »Ja, vorne an der Rezeption«, sagte er und zeigte auf den Concierge. Die Begrüßung zwischen Urs und mir war kurz und schmerzlos, ich
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