Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Du lebst nur zweimal

Titel: Du lebst nur zweimal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
Vom Netzwerk:
Anschein nach einflußreiche Freunde in Tokio.«
    Tiger Tanaka schenkte Bond neuen saké ein. Bond erkundigte sich bei dieser Gelegenheit nach der Tätigkeit der Schwarzen Drachen. Waren sie das Gegenstück zu den chinesischen Tongs gewesen?
    »Viel mächtiger - und hundertmal schlimmer. Wenn sie hinter einem her waren, bedeutete das den sicheren Tod. Sie gingen buchstäblich über Leichen, und nicht etwa aus politischer Überzeugung. Sie arbeiteten ausschließlich für Bargeld.«
    »Haben sie eigentlich etwas angestellt, seit sie bei dem Doktor beschäftigt sind?«
    »Nein. Sie sind lediglich Angestellte, schlimmstenfalls Leibwächter. Die Schwierigkeiten liegen ganz woanders. Sehen Sie, dieser Martell hat etwas geschaffen, das ich nur als einen Garten des Todes bezeichnen kann.«
    Bond zog die Augenbrauen hoch. Für den Chef des staatlichen Geheimdienstes klangen Tigers Metaphern wirklich lächerlich dramatisch.
    Tiger setzte sein strahlendes Lächeln auf. »Bondo-san, ich sehe Ihrem Gesicht an, daß Sie mich für betrunken oder verrückt halten. Aber hören Sie: Dieser Dr. Martell hat seinen Park ausschließlich mit giftigen Pflanzen bestückt, die Seen und Bäche mit giftigen Fischen gefüllt und den ganzen Besitz mit Schlangen, Skorpionen und Giftspinnen verseucht. Er und seine schreckliche Frau haben nichts zu befürchten. Wenn sie das Schloß verlassen, trägt er eine Rüstung aus dem siebzehnten Jahrhundert und sie irgendeinen anderen Schutzanzug. Den Arbeitern passiert nichts, weil sie hohe Gummistiefel und maskos anhaben, das sind diese antiseptischen Gazemasken, wie sie viele Leute in Japan über dem Mund tragen, um sich nicht anzustecken.«
    »Wirklich eine verrückte Idee!«
    Tiger griff in die Falten seines yukata. Er zog einige zusammengeheftete Blätter heraus und gab sie Bond. »Haben Sie bitte Geduld, Bondo-san. Urteilen Sie nicht über etwas, das Sie nicht verstehen. Ich weiß nichts über diese giftigen Pflanzen. Und ich nehme an, Sie auch nicht. Hier ist eine Zusammenstellung jener Pflanzen, die bisher vom Doktor eingeführt wurden. Lesen Sie bitte und lassen Sie sich Zeit dabei. Es wird Sie sicher interessieren, was es für reizende Gewächse auf unserer Welt gibt.«
    Bond nahm die Papiere, die den Stempel des Landwirtschaftsministeri ums trugen. Die ersten Blätter enthielten eine genaue Übersicht über die importierten Pflanzen mit Angaben über Gattung, Größe, Blüten, organische Giftstoffe und Herkunftsland. Dann folgte eine allgemeinverständliche Beschreibung der physiologischen Wirkung dieser Pflanzengifte, die folgende sechs Hauptkategorien nach den Symptomen unterschied:
    Pflanzengifte:
    1.    Kategorie - Symptome: Halluzinationen, Delirium, vergrößerte Pupille, Durst und trockene Kehle, Lähmung und Krämpfe.
    2.    Kategorie - Symptome: starke Reizung der Gehirnfunktionen und des Kreislaufs, Versagen der Muskelbewegungen, doppeltes Sehen, dann Schlaf und tiefes Koma.
    3.    Kategorie - Symptome: periodische Krämpfe, vom Kopf abwärts. Tod durch Erschöpfung - gewöhnlich innerhalb von 3 Stunden - oder schnelle Erholung.
    4.    Kategorie - Symptome:    Gleichgewichtsstörungen,    Erbrechen,
    Bauchschmerzen, Sehstörungen, Krämpfe, Lähmung, Ohnmacht, auch Ersticken.
    5.    Kategorie - Symptome: Gefühllosigkeit, brennender Mund, Bauchschmerzen, Gleichgewichtsstörungen, Erbrechen, Durchfall, Lähmung, Ohnmacht.
    6.    Kategorie - Symptome: brennende Schmerzen in Kehle und Magen, Durst, Übelkeit, Erbrechen, Tod durch Schock, Krämpfe oder Erschöpfung; oder durch Verhungern auf Grund von Hals- oder Magenverletzungen.
    Bond las alles genau durch und gab die Papiere dann zurück. »Weiß Gott, Dr. Martells Garten ist ein reizender Ort!«
    »Sie haben doch sicher schon von den südamerikanischen Piranhas gehört? Sie können ein ganzes Pferd in weniger als einer Stunde bis auf die Knochen abnagen. Unser lieber Doktor hat diesen Fisch unseren heimischen Goldfischen für seine Seen vorgezogen. Verstehen Sie, worauf ich anspiele?«
    »Offen gestanden - nein«, meinte Bond. »Was steckt hinter diesen Spielereien des lieben Doktors?«
    8
    Es war drei Uhr morgens. Der Lärm des Verkehrs in Richtung Yokohama hatte sich gelegt. Bond spürte keine Müdigkeit. Diese ungewöhnliche Geschichte des Schweizer Doktors, der - wie Tiger sich ausdrückte - den »Tod sammelte«, faszinierte ihn. Tiger berichtete ihm bestimmt nicht zur Unterhaltung von diesem bizarren Fall.

Weitere Kostenlose Bücher