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Du lebst nur zweimal

Titel: Du lebst nur zweimal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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umbenannt, und ich muß zugeben, daß das Material durchaus annehmbar ist. Aber wir besitzen es schon. Was haben Sie sonst anzubieten?«
    Bond mußte lachen. Der Stolz der Abteilung J - und von M.! die Arbeit, die Kosten und die Gefahren der »Blauen Linie«! Und das alles zu fünfzig Prozent zugunsten von Japan! Bei Gott, ihm wurden die Augen auf dieser Reise gründlich geöffnet. Diese Neuigkeit würde im Hauptquartier wie eine Bombe einschlagen. Er sagte höflich: »Wir haben viele andere Einrichtungen. Aber darf ich vielleicht vorschlagen, daß Sie Ihren Preis nennen, nachdem Sie eben den unbestrittenen Wert Ihres Geräts demonstriert haben?«
    »Sie glauben, daß Sie etwas von vergleichbarem Wert auf Lager haben? Vielleicht Material aus einer ähnlichen, wenn auch sicher unbedeutenderen Quelle, das für die Verteidigung unseres Landes von gleicher Bedeutung wäre?«
    »Zweifellos«, meinte Bond zuversichtlich. »Aber, mein lieber Tiger, wäre es nicht ein guter Einfall, wenn Sie London einen Besuch abstatten und dabei selbst unser Lager besichtigten? Mein Chef würde sich sicher geehrt fühlen. Sie empfangen zu dürfen.«
    »Sie haben keine Verhandlungsvollmacht?«
    »Das wäre unmöglich, mein lieber T iger. Unsere Sicherheitsmaßnahmen sind so gestaltet, daß nicht einmal ich vollständige Kenntnis von all unseren Geschäften habe. Was mich persönlich betrifft, so kann ich meinem Chef lediglich den Inhalt unseres Gesprächs weitererzählen oder Ihnen jeden persönlichen Dienst leisten, den Sie eventuell von mir erbitten.«
    Einen Augenblick lang sah Tiger Tanaka ihn nachdenklich an. Er schien über Bonds letzte Worte nachzugrübeln. Dann schloß er das Gespräch mit der Einladung in das Geisharestaurant, und Bond verließ ihn mit gemischten Gefühlen, um über Melbourne nach London zu melden, was er erfahren hatte.
    In dem Zimmer, in dem er jetzt nach der Geishaparty saß und in dem Tiger ihm gerade mit dem Tod gedroht hatte, fletschten ihn Tigerköpfe von den Wänden und vom Boden an. Sein Aschenbecher steckte in einer ausgestopften Tigerpranke, und der Stuhl, auf dem er saß, war mit Tigerfell bezogen. Tanaka war im Jahre des Tigers geboren, während Bond, wie Tiger ihm vergnügt erzählt hatte, im Jahr der Ratte zur Welt gekommen war.
    Bond nahm einen kräftigen Schluck saké und sagte: »Mein lieber Tiger, ich würde Ihnen sehr ungern die Unannehmlichkeit bereiten, mich von der Oberfläche der Erde entfernen zu müssen. Sie wollen andeuten, daß sich diesmal die Zeder nicht unterm Orkan beugen darf? Gut. Heute gebe ich Ihnen mein heiligstes Ehrenwort.«
    Tiger zog sich einen Stuhl heran und sah Bond über das niedrige Tischchen hinweg an. Er goß sich einen reichlich bemessenen Schluck Whisky ein und spritzte Soda hinein. Der Lärm des nächtlichen Verkehrs auf der Hauptstraße Tokio-Yokohama drang durch die umliegenden Häuser gedämpft zu ihnen. Es war zehn Minuten vor Mitternacht. Tiger begann mit leiser Stimme: »In diesem Fall, mein lieber Bondo-san, und da ich Sie - wenn man von Dingen absieht, die Ihr Land betreffen - als Ehrenmann kenne, werde ich Ihnen eine sehr interessante Geschichte erzählen.« Er stand von seinem Stuhl auf, ließ sich auf der tatami nieder und nahm die Lotosstellung ein, die für ihn offensichtlich bequemer war. In erklärendem Tonfall sagte er: »Seit Beginn der Ära des Meiji, der, wie Sie wissen, als Kaiser die Modernisierung und Verwestlichung Japans förderte, sind immer wieder Ausländer in dieses Land gekommen und haben sich hier niedergelassen. Meist waren es verschrobene Leute und Gelehrte. Im allgemeinen hat man sie gewähren lassen, gewöhnlich mit einigem spöttischen Vergnügen. Nach der Besetzung kamen natürlich viele solche Ansiedler hierher, in der Mehrzahl Amerikaner. Die östliche Lebensweise reizt vor allem den Amerikaner, der einer Kultur entfliehen möchte, die, wie Sie zugeben werden, immer reizloser geworden ist - ausgenommen natürlich für die unteren Schichten der menschlichen Rasse, denen schlechtes, aber reichliches Essen, glänzende Spielzeuge wie Autos und Fernsehapparate und der >schnelle Dollar<, der oft noch unehrlich verdient wird, als summum bonum erscheinen, wenn Sie mir diese sentimentale Rückerinnerung an meine Erziehung in Oxford gestatten.«
    »Ich gestatte«, sagte Bond. »Aber ist das nicht ein Bild des Lebens, das in Ihrem eigenen Land offiziell gefördert wird?«
    Tiger Tanakas Gesicht verfinsterte sich. »Im Augenblick müssen

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