Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Du lebst nur zweimal

Titel: Du lebst nur zweimal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
Vom Netzwerk:
Nägel. Seine Stimme klang rauh, als er sagte: »Nein, das ist Männerarbeit.«
    Sie sah ihn aus ihren braunen Augen ruhig und ernst an. »Taro-san -«, sie gebrauchte seinen Vornamen, »- dein anderer Name mag >Donner< bedeuten, aber ich habe keine Angst vor dem Donner. Ich schwimme mit hinüber, und ich werde jede Nacht genau um Mitternacht zurückkommen und zwischen den Felsen am Fuß der Mauer warten. Ich werde eine Stunde warten - für den Fall, daß du Hilfe auf dem Rückweg brauchst. Diese Leute verletzen dich vielleicht. Frauen sind im Wasser viel stärker als Männer. Deshalb tauchen bei uns ja auch die Mädchen und nicht die Männer. Ich kenne das Meer um Kuro herum wie ein Bauer die Felder um seinen Hof kennt, und ich fürchte mich nicht davor. Sei nicht dickköpfig! Ich werde sowieso kaum schlafen können, bis du wieder zurück bist. Das Gefühl, daß ich dir nahe sein darf und daß du Buch vielleicht brauchst, wird mich beruhigen. Sag ja, Taro-san.«
    »Meinetwegen, Kissy«, sagte Bond rauh. »Ich wollte dich eigentlich nur bitten, mich ein Stück hinauszurudern. Aber wenn du dich den Haifischen unbedingt als Nachtisch anbieten willst -«
    »Die Haifische lassen uns in Ruhe. Die sechs Wächter sorgen dafür. Die Haifische glauben, daß wir große Fische wie sie selbst sind.« Sie lachte fröhlich. »Jetzt ist alles klar, Taro-san, und wir können etwas essen. Dann bringe ich dich hinunter zu den Wächtern. Bis dahin haben wir Ebbe, und sie werden dich sicher ansehen wollen.«
    Auf einem anderen Pfad liefen sie hinunter. Er führte zu einer schmalen geschützten Bucht östlich des Dorfes. Es war Ebbe, und sie konnten über die flachen schwarzen Kiesel und Steine und um die Spitze der Landzunge waten. Auf einem flachen, steinigen Uferstreifen hockten dort fünf Figuren auf quadratischen Felsfundamenten und schauten aufs Meer hinaus. Es waren, wie Kissy geschildert hatte, steinerne Körper, auf die man große runde Kiesel gesetzt hatte. Grobe weiße Hemden waren mit Stricken um sie befestigt, und sie sahen erschreckend menschlich aus. Vom sechsten stand nur noch der Rumpf. Ein Sturm mußte seinen Kopf abgerissen haben. Sie sahen zu den glatten, ausdruckslosen Gesichtern auf, und Bond erlebte zum erstenmal in seinem Leben ein Gefühl tiefer Ehrfurcht. Den Schöpfern der Statuen war es gelungen, diesen primitiven, gesichtslosen Wächtern der fröhlichen nackten Amamädchen soviel Würde und innere Größe zu verleihen, daß Bond das Bedürfnis verspürte, niederzuknien und ihren Segen zu erflehen - wie es die Kreuzfahrer einst vor ihrem Gott getan hatten. Er unterdrückte diese Regung, senkte aber den Kopf und bat um Glück für sein Unternehmen. Dann trat er einen Schritt zurück und beobachtete gerührt, wie Kissy mit ernstem Gesicht in die Hände klatschte, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und dann lange und leidenschaftlich sprach, wobei sie immer wieder seinen Namen erwähnte. Nickten nicht die runden Steinköpfe kurz, als sie abschließend wieder in die Hände klatschte? Natürlich nicht! Aber als Bond Kissys Hand nahm und mit ihr zurückging, sagte sie glücklich: »Es ist alles gut, Todoroki-san. Hast du gesehen, wie sie nickten?«
    »Nein«, erklärte Bond fest. »Ich habe nichts gesehen.«
    Sie ruderten vorsichtig um die Ostküste von Kuro und zogen das Boot in einen tiefen Spalt zwischen den schwarzen Felsen. Es war kurz nach elf Uhr, die riesige Mondscheibe hing am schiefergrauen Himmel. Sie sprachen flüsternd miteinander, obwohl sie vom Schloß aus nicht gehört oder gesehen werden konnten und ihr Ziel einen Kilometer entfernt lag. Kissy zog ihren braunen Kimono aus, faltete ihn sorgfältig zusammen und legte ihn ins Boot. Ihr Körper glänzte im Mondlicht. Das schwarze Dreieck zwischen ihren Schenkeln flatterte leicht, und die schwarze Schnur um die Hüfte, die das kleine Stoffstück hielt, reizte geradezu, sie zu lösen. Sie lachte herausfordernd. »Schau nicht dauernd auf meine schwarze Katze!«
    »Warum heißt das so?«
    »Rate mal!«
    Bond zog seinen schwarzen Ninja-Anzug aus Baumwolle an. Er paßte gut und würde im Wasser auch warm genug sein. Er ließ die Kapuze herabhängen und schob die Taucherbrille, die Kissys Vater gehörte, auf die Stirn. Der kleine Plastikbeutel, den er hinter sich herziehen mußte, schaukelte munter auf dem Wasser der Bucht. Er band ihn mit einem Strick fest an sein rechtes Handgelenk, so daß er ihn nicht verlieren konnte.
    Er lächelte Kissy an und

Weitere Kostenlose Bücher