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Du lebst nur zweimal

Titel: Du lebst nur zweimal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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schlechtes Benehmen am Abend vorher.
    »Todoroki-san«, sagte sie, »du hast zwar Mut wie zehn Samurai, aber nur einen Körper. Ich hätte wissen müssen, daß ich zuviel von dir verlangt habe. Aber ich war so glücklich. Das hat mich alles andere vergessen lassen. Ich muß mich entschuldigen. Heute fahren wir nicht so weit hinaus. Wir bleiben bei den Klippen und nehmen, was wir finden können. Ich werde diesmal rudern. Es ist nicht weit. Dafür kannst du dann öfter tauchen. Der Platz, den ich kenne, ist ganz in der Nähe der Küste, und das Wasser ist dort höchstens sechs Meter tief.« So hatten sie es auch gemacht. Bond trug ein Hemd zum Schutz gegen die Sonne, und seine Beute stieg auf einundzwanzig Muscheln. Der einzige Schatten, der auf diesen Tag fiel, war, daß Bond ständig das schwarze Schloß jenseits des schmalen Wasserstreifens vor Augen hatte und darüber den gedrungenen, schwarz-gelben Warnballon, an dem das Schild mit den schwarzen Schriftzeichen hing.
    Während einer ihrer Ruhepausen fragte Bond Kissy beiläufig, was sie über das Schloß wisse; er war überrascht, wie verschlossen ihr Gesicht wurde. »Todoroki-san, wir sprechen gewöhnlich nicht über diesen Ort. Das ttema ist so gut wie tabu auf Kuro. Es ist, als hätte sich plötzlich einen Kilometer von unseren Häusern die Hölle geöffnet. Für mein Volk, die Ama, gilt das gleiche, was ich über eure Zigeuner gelesen habe. Wir sind sehr abergläubisch. Und wir glauben, daß der Teufel selbst da drüben wohnt.« Sie sah dabei nicht zum Schloß hinüber, sondern zeigte die Richtung nur mit einem Kopfnicken an. »Sogar unser Priester redet uns unsere Furcht nicht aus, und unsere Ältesten sagen, daß die gaijins für Japan schon immer schlecht waren, und daß der da drüben alle Übel des Westens verkörpert. Es gibt auch schon eine Legende auf unserer Insel. Sie sagt, daß unsere sechs Jizo-Wächter einen Mann von jenseits des Meeres schicken werden, der den >König des Todes<, wie wir ihn nennen, erschlägt.«
    »Was sind das für Wächter?«
    »Jizo ist der Gott, der die Kinder beschützt. Ich glaube, er ist ein buddhistischer Gott. Am Strand auf der anderen Seite der Insel gibt es fünf Statuen. Die sechste ist fast ganz weggewaschen worden. Sie sehen ziemlich schrecklich aus, und sie hocken dort in einer Reihe. Sie haben roh behauene Körper aus Stein und runde Steine als Köpfe, und sie tragen weiße Hemden, die die Leute jeden Monat wechseln. Unsere Vorfahren haben sie vor Jahrhunderten dort aufgestellt. Die Flut überspült sie jedesmal völlig, und sie halten dann unter Wasser Wache und beschützen uns, die Amas, weil wir als >Kinder des Meeres< bekannt sind. Immer Anfang Juni, wenn das Meer nach dem Winter wieder warm wird und das Tauchen beginnt, ziehen alle Leute auf der Insel in einer Prozession zu den sechs Wächtern, und wir singen ihnen Lieder vor, um sie freundlich und wohlwollend zu stimmen.«
    »Und diese Geschichte über den Mann, der nach Kuro kommen soll - woher stammt sie?«
    »Wer weiß? Vom Meer oder aus der Luft. Wo kommen solche Geschichten schon her? Man glaubt sie einfach.«
    »Ah, so desu ka!« sagte Bond, und beide lachten und nahmen ihre. Arbeit wieder auf.
    Am dritten Tag, als Bond wie gewöhnlich sein Frühstück auf der Türschwelle einnahm, erschien Kissy und flüsterte: »Komm herein, Todoroki-san!« Verblüfft folgte er ihr und schloß die Tür hinter sich.
    Leise sagte sie: »Ich habe gerade mit einem Boten vom Priester gesprochen. Gestern kamen Leute in einem Boot vom Festland herüber. Sie brachten presentos mit - Zigaretten und Süßigkeiten -, und sie stellten Fragen über den Besuch des Polizeibootes. Sie sagten, es sei mit drei Insassen gekommen, aber nur mit zwei abgefahren. Sie wollten wissen, was mit dem dritten passiert sei. Sie sagten, sie seien Wächter aus dem Schloß, und es sei ihre Pflicht, unerlaubtes Eindringen in den Besitz zu verhindern. Die Ältesten nahmen die presentos an, zeigten aber shiran-kao, das heißt, >das Gesicht dessen, der nichts weiß<, und verwiesen sie an den Priester, der ihnen erzählte, der dritte Besucher sei für Fischereikonzessionen zuständig. Es sei ihm schon auf dem Weg zur Insel schlecht gewesen, vielleicht habe er sich auf dem Rückweg im Boot hingelegt. Dann verabschiedete er die Männer und schickte einen Jungen auf den Hügel, um herauszufinden, wohin das Boot fuhr. Der Junge berichtete ihm, daß es hinüber zum Schloß gerudert und dort ins Bootshaus

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