Du lebst, solange ich es will
Vielleicht ein Freund, ein Mitschüler oder ein Stammkunde, der alle jungen Frauen kennt, die hier arbeiten.«
Die Mädchen schnappen nach Luft. Amber reißt die Augen auf und ringt mit den Tränen. Sie macht fast nur Auslieferungen.
»Deswegen brauchen wir eure Hilfe«, sagt der Polizist. »Wir haben zwar schon mit den meisten hier gesprochen, werden aber in den nächsten Tagen nochmals mit allen reden. Wir interessieren uns vor allem für die Kunden, die schon mal eine Pizza bestellt und euch nervös gemacht haben. In dieser Phase wollen wir alles wissen, selbst wenn es sich nur um ein Bauchgefühl handelt.«
»Wie wollen Sie für unsere Sicherheit garantieren?«, will eine ältere Frau namens Sunny wissen. Sie arbeitet tagsüber, meistens genau hier in der Küche, und sie hat einen Watschelgang. Kaum vorstellbar, dass sie in Gefahr ist.
Pete räuspert sich. »Ich habe den Dienstplan geändert. Kein Mädchen fährt mehr Pizzas aus. Nur noch Jungs. Natürlich Jungs, die ein Auto haben.«
Mist! Und was ist mit mir? Ich habe nur ein Skateboard.
»Hier ist der neue Dienstplan.« Pete gibt den Leuten in der ersten Reihe einen Stapel Zettel. Sie reichen die Zettel durch, während sich die Versammlung auflöst. Als einer bei mir ankommt, sehe ich, wie schlecht es um mich steht. In letzter Zeit habe ich immer vier Tage die Woche gearbeitet (und bin sooft es ging für andere eingesprungen) - und jetzt sind es nur noch zwei Tage.
Gaby fährt mit dem Finger die Liste entlang zu meinem Namen. »Oh Mann, deine Stundenzahl hat er aber heftig gekürzt.«
»Ja, echt Scheiße«, sage ich. Was noch eine Untertreibung ist. Viele der anderen Schüler arbeiten bei Pete, um sich etwas dazu zu verdienen oder fürs College zu sparen. Ich brauche das Geld, damit etwas zu essen auf den Tisch kommt und das Licht angeht, wenn ich auf den Schalter drücke.
Vorher habe ich immer dienstags und mittwochs mit Gaby zusammengearbeitet, mit Kayla jeden Freitagabend. Am Sonnabend arbeitet so ziemlich jeder. Aber jetzt bin ich nur noch für Freitag und Sonnabend eingeteilt. Die zwei Wochentage, an denen ich normalerweise mit einem Mädchen zusammengearbeitet habe, das die Pizzas ausgefahren hat, macht jetzt Miguel. Ich sehe zu ihm. Er studiert noch immer den Dienstplan. Er geht in dieselbe Klassenstufe wie ich, aber er sah schon immer älter als alle anderen aus. Er ist über ein Meter achtzig groß und trägt die schwarzen Haare raspelkurz. Seine langen gepflegten Koteletten heben seine Kieferknochen hervor. Miguel rasiert sich seit der Sechsten. Er bemerkt meinen Blick und ich wende mich ab. Vorher sehe ich aber noch sein kleines fieses Grinsen.
Gaby mustert mich. »Hast du einen Führerschein?« Ihre Augen haben eine ungewöhnliche Farbe. Nicht grün, nicht blau, nicht grau, nicht braun. Je nach Tageszeit, Licht oder Pulloverfarbe sehen sie anders aus.
Ich zucke mit den Schultern. »Schon, aber was macht das für einen Unterschied? Pete hat kein Auto, mit dem wir Pizza ausfahren können.«
»Du könntest mein Auto benutzen«, sagt sie und schaut dann weg.
Ich kann es kaum fassen. Gaby und ich kommen gut miteinander aus, sind aber nicht eng befreundet. Ich weiß noch nicht einmal, warum sie überhaupt arbeitet. Sie müsste es nicht. Ihre Eltern haben Geld - sie sind beide Ärzte. Chirurgen, glaube ich. Ihr schwarzer Mini Cooper ist wahrscheinlich gerade mal sechs Monate alt.
Die meisten reichen Schüler an unserer Schule sind auch sehr beliebt. Aber Gaby gehört nicht dazu. Sie gehört eigentlich nirgendwo dazu. Sie ist ruhig, hält sich immer zurück, beobachtet lieber.
Ein wenig wie ich.
»Nein«, sage ich etwas zu schroff. Sie schreckt zurück. Innerlich ohrfeige ich mich. »Ich meine, das ist nett, aber nein, danke.«
Sie richtet sich auf, sodass wir fast auf einer Augenhöhe sind. »Ich meine es ernst.« Sie sieht sich um, bis sie Miguel entdeckt. Er steht vorne und redet mit Thayer. Gaby dreht sich wieder zu mir um und redet leise weiter. »Ich würde viel lieber mit dir zusammenarbeiten. Miguel lässt sich immer hängen bei der Arbeit. Außerdem macht er Aas-Pizzas.« Aas-Pizzas sind Pizzas, die so schlecht sind, dass sie nur noch für Aasgeier oder Angestellte gut genug sind. »Und nach Feierabend nimmt er sie dann mit nach Hause. Das hat er schon mit drei Pizzas so gemacht.«
»Erstaunlich, dass Pete das bisher noch nicht mitbekommen hat.« Pete ist unglaublich geizig. Einmal hat Danny eine Glasscherbe in einer billigen
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