Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen
demnächst zum Testessen anrücken. Die Sache verlief jedoch im Sande, weil sich einige Mütter beschwerten, der Unterricht sei zum Lernen da und nicht zum Herumspinnen.
So enden gute Sachen häufig im Leben, bevor sie überhaupt angefangen haben. Ein Kind strotzt vor Kreativität und Unternehmergeist, und ehe es sich versieht, bekommt es eins auf die Mütze und gibt entmutigt auf. Das ist der Grund, warum die meisten Menschen irgendwann in ihrem Leben resignieren. Sie haben ständig zu hören bekommen, dass sie verrückt seien und lieber etwas Anständiges lernen sollten. »Anständig« ist, was konform ist, alles andere ist »ver-rückt« und muss
wieder zurechtgerückt werden. Doch nur wer von der Norm abweicht, kann sich bewegen, alle anderen müssen sitzen bleiben. Nur wer sich zu neuen Ufern aufmacht, kann die Welt kennenlernen und sich entwickeln. Persönliches Wachstum ist Bewegung, ist gelebte Erfahrung.
Aus Schulbüchern zu lernen, das ist wie Essen aus der Tiefkühltruhe: Fade, langweilig und man hat es schnell vergessen. Ein weiterer fataler Effekt, wenn man unentwegt Fertigprodukte zu sich nimmt: Die Geschmacksnerven gewöhnen sich dermaßen an diese Kost, dass sie gar nicht mehr mit Frischprodukten und Gourmetgenüssen klarkommen. »Kennen wir nicht, brauchen wir nicht«, diese Redensart zeugt von einer in Gewohnheit erstarrten Geisteshaltung. Sind etwa Angst vor Veränderung und die Macht der Gewohnheit die Gründe dafür, dass sich unser Schulsystem so hartnäckig hält? Und auf jede Veränderung lässt man sich am liebsten nur so weit ein, dass man mit einem Bein in der Vergangenheit stehen bleiben kann. So wird man aber nicht weit kommen. Nur wer loslässt, kann in ein neues Erleben springen. Das ist ein Wagnis, ohne Zweifel. Doch wer lernen und erfahren durfte, dass man durch vernünftiges Handeln dem Unbekannten seinen Schrecken nehmen kann und dass sogar bei schlimmsten Stürmen Kurskorrekturen immer noch möglich sind, der entwickelt Selbstvertrauen, Mut und Unternehmergeist. Natürlich bleibt ein Restrisiko. Doch wegen irgendwelcher Horrorszenarien – die nur in der eigenen angstvollen Fantasie existieren – nicht zu leben, ist ein Verbrechen an dem Leben. Denn das wurde uns geschenkt, damit wir etwas daraus machen.
Den Schülern einzureden, sie würden nur fürs Leben lernen, indem sie Altbewährtes kopieren und ihre Schulbücher auswendig lernen, bedeutet, sie zu belügen. Denn fürs Leben lernen Schüler in erster Linie, indem sie sich wirklich mit ihm beschäftigen.
Seien wir ehrlich: Muss man wirklich im Deutschunterricht »Wandrers Nachtlied« von Goethe in der Schule durcharbeiten, um fürs Leben gerüstet zu sein? »Über allen Gipfeln ist Ruh, in allen Wipfeln spürest du kaum einen Hauch. Die Vögelein schweigen im Walde. Warte nur, bald ruhest du auch.« Wie viel Realitätsbezug hat deutsches Kulturgut noch zur Lebenswelt eines Schülers? Könnte es sein, dass eine gewisse Bildungsarroganz bei ihrem Anspruchsdenken nicht wahrhaben mag, dass wir es heute sogar an Gymnasien mit psychisch unreifen Heranwachsenden zu tun haben, die häufig nicht einmal in ganzen Sätzen sprechen können, selbst nicht mehr bis zur Schule »wandern« müssen und Stille im Zuge fortwährender Berieselung gar nicht auszuhalten vermögen? Sie erleben Ruhe und Stille nicht einmal als Arbeitsgrundhaltung in ihrem Klassenzimmer.
Zu glauben, man erhöhe den Bildungsstandard, indem man schlicht die Anforderungen erhöht, ist genauso ein Paradox, als wolle man die Nöte eines Hungernden lindern, indem man ihn über die Vor- und Nachteile eines guten Ernährungsstils aufklärt. Wissen wird gewöhnlich abstrakt und kontextgebunden, fernab der Erfahrungswelt von Schülern vermittelt. Die Schüler verstehen meist gar nicht, was sie im Unterricht hören und in ihren Schulbüchern lesen. Das zeigt sich auch immer wieder: Da können Abiturienten zwar in der mündlichen Prüfung zum Thema »Jesus, ein Sühneopfer für den Sündenfall des Menschen« die Satisfaktionstheorie von Anselm von Canterbury herunterbeten, fragt man aber mal etwas genauer nach: »Wie siehst du denn selbst den Tod von Jesus am Kreuz, wie soll er das denn gemacht haben, dass er Sünden von anderen auf seine Schulter lädt?«, dann folgen ratlose Blicke oder die gleichen Sätze werden aus einer Hilflosigkeit heraus etwas lauter und mit vorwurfsvollem Unterton vorgetragen. »Sie haben uns doch diese Zettel zum Lernen ausgeteilt!
« Wie
Weitere Kostenlose Bücher