Du machst Schule!: Warum das Bildungssystem versagt, was junge Menschen wirklich lernen müssen und wie wir ihnen dabei helfen
sollen junge Menschen einen Zugang zu großen philosophischen Themen erhalten, wenn sie noch nicht einmal auf Grundlagen zurückgreifen können, nämlich ihr eigenes Leben in Ansätzen zu begreifen? Ob da Schiller, Goethe oder Sokrates weiterhelfen können?
Der Unterricht ist an unseren Schulen traditionell nach Fächern organisiert. Gelernt wird, was eine aus der Vorzeit übrig gebliebene »Bildungselite« für notwendig erachtet. Über Bildung entscheiden Menschen, die selbst fernab jeder Realität stehen und für ihr Fach Hoheitsrechte beanspruchen. Diese Fachidiotie wurde immer schon auf dem Rücken von Heranwachsenden ausgetragen, die geblendet von viel elitärem Habitus eines Tages mit großen Hoffnungen studierten und sicherlich etwas anderes erwarteten, als mit viel Geisteswissen und Doktorhut im Gepäck ihre Brötchen als Taxifahrer zu verdienen. Und doch hält sich in unserem Land weiterhin eine Klientel, die Bildung benutzt, um sich von der Masse abzuheben. Arrogante Überlegenheit mittels großem Latinum: »Wie, Sie hatten kein Latein, da werden Sie aber im Leben große Einschnitte hinnehmen müssen!«
In Napoleon Hills Buch »Denke nach und werde reich« las ich, dass Henry Ford in der Öffentlichkeit immer wieder ob seiner mittleren Reife geringschätzig belächelt wurde. Wir brauchen allerdings nur einmal sein Einkommen mit dem eines Universitätsdozenten zu vergleichen, um schnell zu konstatieren, dass Wissen einem erst wirklich nutzt, wenn es eine praktische Verwertung erfährt und damit Wert liefert. Zu glauben, mit dem großen Latinum in der Tasche könne man sich ewig auf seinen Lorbeeren ausruhen, ist genauso irrig, wie darin einen Türöffner in höhere Sphären zu sehen. Türen öffnen sich den Leuten, die nicht geschwollen daherreden, sondern in erster Linie anpacken können. Dafür ist allerdings Lebensnähe vonnöten. Ref 39
Könnte Schule nicht ein idealer Ort sein, um den von Grund auf neugierigen Menschen in seiner Wissbegier zu unterstützen und ihm zu vermitteln: Jeder schafft das, was er wirklich will?
Meine Empfehlung an Lehrer, Schulleiter, an jeden: Sprengen Sie Ihren Kokon und machen Sie sich auf zu neuen Ufern! Hospitieren Sie! Schauen Sie sich Reformschulen und deren Ergebnisse an! Schaffen Sie den 45-Minuten-Unterricht ab! Bieten Sie vernetzten Unterricht an! Denken Sie darüber nach, was den Menschen wirklich stärkt – mit den Worten des Autors und Managementtrainers Boris Grundl gefragt: Lebens-oder Schulklugheit?
Lassen Sie die Schüler ihre eigene Firma gründen! Dabei können die Heranwachsenden ganz nebenher lernen, wie ein Girokonto funktioniert, was es mit Guthaben, Schulden und Krediten auf sich hat, wie erfolgreiches Marketing glückt, wie Preise gemacht werden, was eine Mehrwertsteuer ist. Dafür müssen Schüler lesen, schreiben und rechnen können, diese Notwendigkeit werden sie selbst erkennen – und allein deshalb werden die Schüler alle auftretenden Wissenslücken beizeiten selbst schließen wollen. Sie werden überlegen müssen, wie sie ihr Produkt »Honigjoghurt« herstellen wollen, wie viele Mitarbeiter sie dafür einstellen müssen und wie sie diese bezahlen wollen. Und wenn dann endlich das Produkt eingeführt werden soll, dann werden sie sich auch überlegen, wie ein ansprechender Werbeauftritt die Aufmerksamkeit für das Produkt erhöht. Und bei allen Arbeitsschritten werden sich die Schüler vor Kreativität und Begeisterung überschlagen. Endlich lernen sie die Welt verstehen!
Das wären Lerninhalte, die sinnvoll sind. Denn ehrlich: Wie viel Schiller, Goethe und Fontane haben wir selbst als Schüler nur mit der zugehörigen Interpretationshilfe für die anstehende Klausur bewältigt – ohne dass es uns emotional
wirklich berührt hat? Dafür hatten wir noch gar nicht die Lebensreife. Wie soll ein junger Mensch die hohen Lebensdramen verstehen, wenn er nicht einmal die nächstliegenden in seinem Umfeld für sich klären darf?
Die ideale Schule lehrt den Menschen, sich mit dem Leben auseinanderzusetzen, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und sich unabhängig zu machen. Jederzeit aus einer Situation aussteigen zu können, die einem nicht behagt, Angst gegen Wagemut auszutauschen, der eigenen Urteilskraft zu vertrauen und die eigenen Fähigkeiten ausbauen zu können, das befähigt Menschen, sich später im Berufsleben nicht zum Spielball anderer zu machen. Dafür bedarf es weniger der Schulbücher und mehr der loslassenden Pädagogen,
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