Du machst, was ich will: Wie Sie bekommen, was Sie wollen - ein Ex-Lobbyist verrät die besten Tricks (German Edition)
Besucher verbieten, in ihrem Museum ein Eis zu essen – diese Macht gibt ihr das Hausrecht.
Aber eine solche Macht haben Lobbyisten nicht. Selbstverständlich gibt es kein Gesetz, das bestimmt, Politiker hätten zu tun, was die Lobbyisten sagen.
Und Lobbyisten haben zwar einen Haus ausweis , aber kein Haus recht im Deutschen Bundestag: Der Name »Lobbyist« kommt daher, dass sie darauf angewiesen sind, sich in der Lobby herumzutreiben und auf die Politiker zu warten. Erst kürzlich wurde in Deutschland darüber berichtet, dass amerikanische Lobbyisten professionelle Warter beschäftigen, die bei wichtigen Anhörungen für sie stunden- und manchmal tagelang in der Lobby Schlange stehen und ihnen einen Platz sichern. Auch dort war von den »mächtigen« Lobbyisten die Rede, deren Zeit zu schade dafür sei, selbst Schlange zu stehen. Da fragt man sich natürlich: Wie kann jemand, der so »mächtig« ist, überhaupt irgendwo in einer Schlange stehen und warten müssen?
Was man am ehesten mit dem Begriff »Macht« in Verbindung bringen kann, ist sicherlich die Möglichkeit, eine öffentliche Kampagne zu starten. Das nennt man auch ganz unverblümt »Kampagnenfähigkeit«. Nur wer kampagnenfähig ist, wird ernst genommen. Und so »droht« auch mancher Lobbyist manchem Politiker mit einer Kampagne: Wenn du nicht machst, was wir wollen, dann machen wir öffentlich Stimmung gegen dich.
»Kampagnenfähig« ist ein Thema nur, wenn es die Masse der Menschen negativ betrifft. Das ist immer der Fall, wenn Preise oder Steuern steigen oder wenn sehr viele Arbeitsplätze gefährdet sind. Aber selbst dann ist es schwer, eine wirklich große öffentliche Welle loszutreten.
Und wie viel »Macht« hat die Kampagne selbst? Eine Ministerialbeamtin ist meist Beamtin auf Lebenszeit. Es kann ihr vollkommen egal sein, was die Öffentlichkeit über sie gerade denkt. Den meisten ist das auch völlig egal – sie machen ihre Arbeit und scheren sich nicht um den eitlen Trubel drum herum. Es kümmert sie oft noch nicht einmal, was der Minister ihnen sagt. »Ich arbeite hier seit 24 Jahren«, sagte mir einmal trocken ein Referatsleiter in einem Bundesministerium. »Mir ist völlig egal, wer unter mir Minister ist. Mir kann keiner was.«
Und die Abgeordneten? Sie sind gewählt bis zum Ende der Legislaturperiode. Niemand kann sie entlassen oder gar ihr Gehalt kürzen. Keiner kann ihnen auch nur einen Bleistift wegnehmen. Selbst wenn sie aus ihrer Fraktion ausgeschlossen werden, behalten sie ihr Mandat. Nicht einmal das Volk selbst könnte sie vorzeitig abwählen.
Daher erreicht der Lobbyist mit einer öffentlichen Kampagne oft das Gegenteil: Er disqualifiziert sich als seriöser Gesprächspartner und eröffnet eine Art des Kampfes, auf die nicht wenige Politiker mit dem Motto reagieren: »Das wollen wir doch einmal sehen, wer hier wirklich die Macht hat.« Deshalb ist die öffentliche Kampagne für jeden Lobbyisten erst das allerletzte, selten eingesetzte Mittel.
Natürlich kann öffentliche Stimmung dazu führen, dass ein Minister zurücktritt oder ein Abgeordneter nicht wiedergewählt wird. Aber nur, wenn sich die öffentliche Stimmung darauf bezieht, dass er sein Amt nicht gut ausübt oder dass er für sein Amt nicht geeignet ist.
Gerade Wirtschaftslobbyisten haben dabei wenig Skandalträchtiges in der Hand: Meldungen wie »Minister X setzt sich nicht für die Glücksspielbranche ein« oder »Abgeordnete Y hilft der Pharmabranche nicht « sind keine Schlagzeilen, vor denen ein Politiker zittern muss.
Der oft erweckte Eindruck, Lobbyisten könnten mit einer nicht näher beschriebenen, ganz besonderen »Macht« die Interessen kleiner einzelner Gruppen oder gar einzelner Unternehmen durchsetzen, ist also nicht sonderlich plausibel. Am Ende hat der Lobbyist nur die Macht, die wir alle in unserem Alltag auch einsetzen können: die Kunst, Menschen richtig zu behandeln.
In unserem Fall ging es darum, dass der Staat mehr Überwachungsrechte wollte. Sicherheitsbehörden dürfen heute schon in vielen Fällen Telefonate abhören und E-Mails mitlesen. In regelmäßigen Abständen versucht der Staat, seine Überwachungsrechte zu erweitern. Für die Bürger sind das große Eingriffe in ihre Freiheitsrechte.
Bei diesem Thema hatten wir tatsächlich mehrfach versucht, eine öffentliche Empörung hervorzurufen. Aber es stellte sich heraus, dass das Thema die Masse der Menschen gar nicht so sehr interessierte. Gingen gegen die Volkszählung in den
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