Du machst, was ich will: Wie Sie bekommen, was Sie wollen - ein Ex-Lobbyist verrät die besten Tricks (German Edition)
1980ern die Menschen noch auf die Straße, weil sie um ihre Privatsphäre fürchteten, so taugt der Datenschutz heute nicht mehr als großer Aufreger.
Natürlich ging es uns nicht nur um Bürgerrechte. Für die Unternehmen ging es vor allem auch um Geld. Denn der Staat erwartete, dass Telefon- und Internetunternehmen weitgehend auf eigene Kosten ihre Kunden in staatlichem Auftrag beschnüffelten. Wir waren der Meinung: Wenn der Staat schon schnüffeln will, dann soll er wenigstens selbst dafür bezahlen. »Wer bestellt, bezahlt auch«, war unser Standpunkt.
Aber es war zu spät. Der Bundestag hatte das Gesetz so beschlossen.
Nun gab es nur noch eine Chance: den Bundesrat.
Der Bundesrat kann fast jedes Gesetz stoppen: Ein »Zustimmungsgesetz« kann er dauerhaft verhindern, wenn er die Zustimmung verweigert. Ein »Einspruchsgesetz« kann er meist nur vorübergehend aufhalten, denn den Einspruch kann der Bundestag später wieder überstimmen. Welches Gesetz in welche Kategorie fällt, regelt das Grundgesetz sehr genau. Zu den Zustimmungsgesetzen gehören zum Beispiel Gesetze über die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus und das Post - und Fernmeldewesen.
Darum ging es hier. Der Bundesrat war also das Zünglein an der Waage.
Der Bundesrat tagt immer freitags – es war Mittwochnachmittag.
Ich setzte einen Brandbrief auf. Ein Brandbrief ist ein letzter Appell, ein Hilferuf in letzter Minute, wenn alles andere versagt hat. Er ist knapp, aber eindringlich. Ich wies auf die Bürgerrechte hin, auf die Kosten und darauf, dass viele Fragen ungeklärt seien. Dass mehr Zeit nötig sei, um das Thema ordentlich zu regeln. Ich holte die Unterschriften einiger wichtiger Unternehmenslenker aus der Branche ein.
Dann gab ich den Brief an mein Sekretariat. Die Faxnummern der Ministerpräsidenten waren dort in einem Verteiler gespeichert. Ein Knopfdruck, und das Faxgerät ratterte los.
Es war 18 Uhr am Mittwochabend.
Am Freitag verfolgte ich gespannt die Informationen, die aus der Sitzung heraussickerten. Gegen Mittag war klar: Der Bundesrat hatte das Gesetz gestoppt. Für eine Zustimmung fehlte die Mehrheit.
Monatelang war alles ausführlich diskutiert worden, in Anhörungen und vielen Stellungnahmen mit vielen Seiten. Unzählige Argumente waren hin- und hergegangen. In meinem Brandbrief stand nichts, was nicht schon tausendfach vorher gesagt worden wäre. Inhaltlich war er belanglos. Und doch riss er das Ruder herum. Entscheidend war nicht der Inhalt, sondern der Zeitpunkt.
Im hektischen Alltag geht es um Aufmerksamkeit. Wann und wie wir mit einem Menschen sprechen, entscheidet darüber, wie präsent wir in seinem Kopf sind. Am Anfang des Buches haben wir schon festgestellt, dass sich Diskussionen schnell verselbstständigen und sowieso gar keiner mehr wahrnimmt, was der andere sagt.
Doch es gibt bestimmte Zeitpunkte, zu denen Sie besser wahrgenommen werden als zu anderen.
So nutzen Sie Ihre Energie richtig
Ein Zeitpunkt, zu dem Sie und Ihr Anliegen wahrgenommen werden, ist am Ende, wenn alle anderen geredet haben.
In der Psychologie nennen wir das den »Rezenz-Effekt«. »Recent« bedeutet »Neueste«. Der Rezenz-Effekt besagt: Zuletzt verarbeitete Informationen wirken besonders stark auf die Einstellung eines Menschen.
Das hat einen einfachen Grund: Nach ihnen kommen keine anderen Informationen mehr, die sie überlagern, infrage stellen oder gar überschreiben. Sie liegen ganz obenauf und sind leicht abrufbar.
Es ist also eine gute Idee, nicht pausenlos draufloszureden und sein Pulver zu verschießen. Sitzen Sie zum Beispiel in einer Teambesprechung im Büro, dann warten Sie am besten, bis alle anderen etwas gesagt haben. Widerstehen Sie dem Drang, auf alles sofort antworten zu müssen, überhaupt auf alles antworten zu müssen. Das meiste ist nach einer Minute ohnehin schon wieder vergessen und braucht gar nicht »beantwortet« zu werden.
Dann, am Ende, melden Sie sich zu Wort. Dieses Wort wird mehr Gewicht haben als alle anderen Worte, die bisher gefallen sind. All das Gerede zwischendurch nimmt überhaupt niemand richtig wahr.
Wenn Sie eine durchschnittliche Teambesprechung beobachten, dann sehen Sie, wie wenige Menschen sich an diese Regel halten. Die meisten denken, es schade ihnen, wenn sie nicht zu allem etwas sagen. Dabei ist es genau umgekehrt. Sie werden feststellen, dass die Leute, die es zu etwas gebracht haben, die wirklich etwas zu sagen haben, eher weniger reden, eher ruhig reden und
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