Du Mich Auch
stark und gesund wie ein Stier, verdammt!«
Die Ader auf seiner Stirn fing an zu pulsieren. Lange hälter nicht mehr durch, dachte Evi zufrieden. Beschwingten Schritts ging sie in die Küche, um das Tablett zu holen.
Im Esszimmer war es ruhig geworden, dann hörte man dumpfes Gepolter. Sofort rannte Evi zurück. Werner war der Länge nach hingeschlagen und atmete schwer.
»Sehen Sie«, flüsterte Evi. »So geht das die ganze Zeit!«
Totenbleich stand Dr. Mergenthaler da, unfähig, etwas zu tun. »Wir müssen einen Krankenwagen holen!«, rief er in höchster Aufregung.
»Nein, ich verständige unseren Hausarzt«, erwiderte Evi. »Er kennt sich mit den Symptomen aus. Werner hat öfter solche Anfälle.«
»Wenn Sie meinen.« Zweifelnd starrte Dr. Mergenthaler auf den röchelnden Werner.
»Wir sollten so bald wie möglich Nägel mit Köpfen machen«, raunte Evi. »Sie sehen ja, wie es um ihn steht. Was halten Sie von heute Abend?«
Sofort hellte sich die Miene des Finanzberaters auf. »Heute? Aber gern! Wenn ich gewusst hätte, wie schlecht es ihm geht … Um acht? An einem Ort Ihrer Wahl?«
»Gern«, flüsterte Evi. »Ich kenne da einen sehr gemütlichen Italiener.«
In diesem Moment schlug Werner die Augen auf. Ächzend rieb er sich den schmerzenden Kopf. Dann rappelte er sich mit bemerkenswerter Geschwindigkeit auf und rannte wie getrieben aus dem Zimmer. Knallend fiel die Tür der Toilette zu. Auch das Abführmittel schien nun seine segensreiche Wirkung zu entfalten.
»Beängstigend«, sagte Dr. Mergenthaler mit ersterbender Stimme. »Wir sollten in der Tat keine Zeit mehr verlieren.«
»Amore mio«, erwiderte Evi.
Irritiert hob Dr. Mergenthaler eine Augenbraue. »Wie meinen?«
»Adalbertstraße fünf, Viertel nach acht«, sagte Evi und versuchte es mit ihrem besten Augenaufschlag.
»Ich werde da sein«, versprach Dr. Mergenthaler.
»Und? Hat dein Horst was gemerkt?«
Evi rührte einen Kuchenteig und balancierte gleichzeitig das Handy zwischen Kinn und Schulter. Es war Mittagszeit. Werner lag im Schlafzimmer wie ein gefällter Baum und schnarchte, als wollte er das ganze Haus zersägen. Von wegen Bäume ausreißen.
»Hat er nicht!«, flüsterte Katharina. »Aber wie um Himmels willen konnte das bloß passieren? Ich muss geistig umnachtet gewesen sein! Nie im Leben hätten wir Robert in mein Appartement abschleppen dürfen.«
»Wo ist er überhaupt?«, fragte Evi.
»Keine Ahnung. Als ich in die Küche kam, war er weg. Beatrice auch. Sorry, ich muss Schluss machen. Gleich habe ich eine Pressekonferenz.«
»Wann sehen wir uns?«, fragte Evi.
»Morgen Abend eröffne ich eine Schule, zusammen mit Horst. Hast du Lust?«
»Und wie!« Evi war mehr als neugierig, den lüsternen Herrn Minister mal aus nächster Nähe kennenzulernen. »Kommt Beatrice auch?«
»Bestimmt. Ruf sie an. Ciao.«
Routiniert ließ Evi den Kuchenteig in eine Form gleiten und belegte ihn mit Apfelspalten. Kuchenbacken war ihr Schönstes. Na ja, genau genommen ihr Zweitschönstes, seitsie Robert kannte. Doch im Moment widmete sie sich mit Feuereifer ihren Mutterpflichten.
Sie freute sich auf den Nachmittag. Es würde ein anderer Nachmittag sein als sonst. Sie faltete ihre Schürze zusammen und horchte. Noch immer kamen sägende Geräusche aus dem Schlafzimmer, unterbrochen von fiependen Pfeiftönen. Evi programmierte den Hightech-Backofen und stellte die Form hinein. Dann rief sie Beatrice an.
»O Mannomann, ich habe einen Kopf wie ein Presslufthammer«, jammerte Beatrice. »Wie war’s bei dir? Bist du rechtzeitig zu Hause gewesen?«
»Gerade so eben«, erwiderte Evi. »Aber was hast du bloß mit Robert gemacht?«
»Das war knapp, superknapp. Sobald er einigermaßen transportfähig war, sind wir abgedüst«, erzählte Beatrice. »Wir haben dann literweise Espresso gekippt, in einem Coffeeshop um die Ecke.« Sie lachte. »Weißt du was? Katharina braucht doch eine Kamera, um ihren Horst in der Disziplin des Seitensprungs zu dokumentieren. Robert kann so was. Remember? Er war mal Elektriker.«
»Ach, du liebe Liese«, entfuhr es Evi.
»Ganz deiner Meinung«, kicherte Beatrice. »Die Bilder gehen dann direkt auf Katharinas Laptop. Das nenne ich Effizienz.«
»Manchmal ist mir ein bisschen unheimlich, was wir da machen«, bekannte Evi.
Beatrice senkte verschwörerisch die Stimme. »Solange es heimlich passiert, ist die Nummer einfach nur unheimlich genial. Katharina wird aus dem Häuschen sein.«
»Wir könnten sie mit
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