Du Mich Auch
werden.«
»Dann weg damit«, erwiderte Evi. »Die Cayman-Konten?«
»Hm.« Dr. Mergenthaler hüstelte. »Da sind Komplikationen zu erwarten. Wir müssten die überaus beträchtliche Summe bei einer Transaktion nach Deutschland versteuern. Deshalb würde ich die Schweiz vorziehen.«
»Dann versteuern wir das Geld eben«, erklärte Evi. »Die Sache soll sauber laufen. Keine Tricks. Immerhin haben wir soeben eine gemeinnützige Stiftung gegründet. Können wir gleich ein Konto eröffnen?«
Evis Tatkraft überforderte den guten Mann sichtlich. Er sah auf die Uhr. »Halb eins, meine Hausbank hat soeben geschlossen.«
»Bei der Höhe der zu erwartenden Einlagen wird man gern auf die Mittagspause verzichten, denke ich. Wie viel ist es eigentlich, so ungefähr?«
Dr. Mergenthaler bewegte stumm die Lippen, während er die Summe überschlug. »Gehen wir mal von etwa hundert Millionen aus. Evi? Was ist mit Ihnen?«
Gelähmt vor Schreck sah er zu, wie seine Klientin ohnmächtig vom Stuhl kippte.
Kapitel 11
Unschlüssig saß Evi in ihrer Küche. Sie hatte den Kindern mittags Schnitzel gebraten. Jetzt waren sie beim Fußballtraining und würden erst am Abend zurückkommen. Geistesabwesend betrachtete sie ihre Kochtopfsammlung, die säuberlich aufgereiht im obersten Regalfach stand.
Immer wieder musste sie an die Summe denken, die Dr. Mergenthaler genannt hatte. Eine unvorstellbare Summe. Ihr wurde ganz schwindelig davon. Sie rechnete lieber nicht aus, wie hoch die Provision für den ach so loyalen Hubert ausfallen würde. Viel mehr bewegte sie das Rätsel, wie Werner ein solch gigantisches Vermögen zusammengerafft hatte.
Legal war das bestimmt nicht passiert. Mehrmals hatte sie heimlich beobachtet, wie er die Honoratioren der Stadt zu Hause empfing und ihnen zum Abschied dicke Kuverts zusteckte. War das die Erklärung?
Bestechung!, durchzuckte es sie. Der hat die Wichtigen und Mächtigen geschmiert, dass es quietscht. Alles spricht dafür. Wenn man nur mehr herausbekommen könnte!
Gedankenverloren wischte sie ein paar Krümel vom Tisch. Sie musste die Zeit bis zu Werners Entlassung nutzen. Es konnte nicht schaden, wenn sie danach etwas in der Hand hatte, was ihn in Schach hielt.
Unwiderstehlich zog es sie in Werners Arbeitszimmer. Auf dem Schreibtisch stapelte sich die Post. Evi begann, einen Umschlag nach dem anderen aufzureißen. Es waren einige Einladungen dabei. Bälle, Empfänge, Grillpartys – lauterEvents, zu denen er sie seit Jahren nicht mehr mitgenommen hatte. Einer der Briefe kam vom Golfclub.
»… geben wir uns die Ehre, Herrn Werner Wuttke und Frau Gemahlin zum High Tea auf die Terrasse des Clubgebäudes zu bitten. Dresscode: sportlich-elegant«, las sie halblaut.
Sie sah aufs Datum. Das war ja heute!
Eine halbe Stunde später stieg sie in den Porsche. Obwohl sie mittlerweile über ein paar hübschere Sachen verfügte, hatte sie ein uraltes graues Kleid angezogen und abgelaufene Schuhe. Ihr Gesicht war ungeschminkt, die Frisur ein Grauen. Doch der Wahnsinn hatte Methode. Sie wollte aussehen wie eine Frau, deren geistiger Horizont gerade mal bis zu ihren Kochtöpfen reichte.
»So«, sagte sie zu sich selbst. »Jetzt mischt Eva-Maria Wuttke die High Society auf!«
Nach wenigen Minuten erreichte sie das weiß eingezäunte Golfareal. Auf dem Parkplatz standen lauter Luxuskarossen. Kein Zweifel, dies hier war die Enklave der Reichen und Schönen. Schon kam das Clubgebäude in Sicht, ein zweistöckiger heller Bau, der mit seinen anmutigen Säulen an eine amerikanische Südstaatenvilla erinnerte.
Es kostete Evi einige Überwindung, hineinzugehen. Sie war eine andere geworden. Und doch würde sie jetzt zurück in ihre alte Rolle des grauen Mäuschens schlüpfen.
Auf der Terrasse ging es bereits hoch her. Alles, was Rang und Namen hatte in der Hauptstadt, chillte auf edlen Loungemöbeln. Livrierte Kellner reichten Scones und winzige Gurkensandwiches. Eine dreiköpfige Band spielte dezenten Jazz. Die Damen trugen helle Sommerkleider, die meisten Herren weiße Hosen und dunkle Blazer mit Goldknöpfen. Ein Duftnach Earl Grey mischte sich mit erlesenen Parfums und teuren Rasierwassern. Evi passte in diese illustre Gesellschaft wie ein Penner auf den Opernball.
»Verzeihung, haben Sie eine Einladung?«
Sie zuckte zusammen. Frechheit! Vor ihr stand der Vorsitzende des Clubs. Ein smarter Mittsechziger mit pechschwarz gefärbten Haaren und der gepflegten Bräune eines Mannes, der nur noch selten ein
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