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Du Mich Auch

Du Mich Auch

Titel: Du Mich Auch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Berg
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war unser Kapitän«, improvisierte sie. »Er hat sein stolzes Schiff mit sicherer Hand durch die Brandung gelenkt, viele Jahre lang. Doch nun ist die Zeit gekommen, wo er das Steuerrad nicht mehr halten kann. Jetzt muss die treue Mannschaft Abschied nehmen und einen neuen Anführer wählen. Hubert, seien Sie mein starker Mann am Ruder!«
    Ein geschmeicheltes Lächeln glitt über Dr. Mergenthalers Gesicht. Das Bild des starken Kapitäns schien ihm ausnehmend gut zu gefallen. Dann verdunkelte sich seine Miene wieder. »Und wenn er nun wider Erwarten gesund wird? Eine Spontanheilung vielleicht?«
    Evi ließ nicht locker. »Selbst in diesem Falle wird er nie wieder der Werner Wuttke sein, den wir kennen und lieben. Dafür ist seine Krankheit zu weit fortgeschritten. Und dann? Wollen wir, dass die herrliche Fregatte untergeht? Wollen wir, dass das Schiff führerlos ein Opfer der Wellen wird? Es würde uns mitreißen auf den Meeresgrund!«
    Sie schnupperte an dem Taschentuch. Es roch nach Robert. »Verzeihen Sie, liebster Hubert, aber für eine Seebestattung fühle ich mich noch zu jung.«
    Mit zitternden Händen strich sich der Finanzberater über die Glatze. Dann setzte er seine Brille wieder auf und schlug einen förmlichen Ton an. »Gnädige Frau, wir bewegen uns hier eindeutig in einer rechtlichen Grauzone.«
    Plötzlich hatte Evi eine Eingebung. Schon länger fragte sie sich, was sie eigentlich mit dem ganzen Zaster anfangen sollte, der ihr winkte. Sie war nicht gemacht für Pelze und Schmuck. Sie wollte weder einen Ferrari noch Polopferde. Imponieren musste sie niemandem. Und ihre gemütliche Villa hätte sie gegen kein noch so glamouröses Penthouse eingetauscht.
    Im Grunde brauche ich nur so viel, um einigermaßen komfortabel zu leben und den Kindern eine Ausbildung zu finanzieren, überlegte sie.
    Ganz nah rückte sie ihren Stuhl an den Schreibtisch und legte ihre Hand auf Dr. Mergenthalers magere Finger. Er fing am ganzen Körper an zu beben.
    »Hubert«, sagte sie zart. »Wir könnten eine Stiftung gründen. Die Werner-Wuttke-Gedächtnis-Foundation. Das wäre eine ehrenvolle Lösung für unser kleines Problem. Selbstverständlich erhalten Sie Ihre Provision. Und als Angehörige des Vorstands steht es uns frei, jederzeit auf das Stiftungsvermögen zuzugreifen – nach unserem Ermessen.«
    Dr. Mergenthaler war vollkommen verdutzt. Mit aufgerissenen Augen fixierte er Evi, als sei sie ein Ufo, das soeben in seinem Büro gelandet war.
    »Das – das ist g-grandios!«, stammelte er. »Niemand wird Verdacht schöpfen. Niemand wird uns einen Vorwurf machen. Sie sind ein Genie.«
    »Oh, nein, nur eine schutzlose kleine Frau, die um ihre Existenz kämpft«, flötete Evi.
    Sie umrundete den Schreibtisch und setzte sich auf die Lehne des Ledersessels. Wie absichtslos tätschelte sie Huberts Arm. Voller Wonne ließ er es geschehen.
    »Haben Sie auch schon überlegt, welchem Zweck die Stiftung dienen soll?«, fragte er mit belegter Stimme.
    Evi musste nicht lange nachdenken. »Ich stelle mir vor, dass wir in Not geratene Frauen unterstützen. Frauen zum Beispiel, die von ihren Ehemännern verlassen wurden und mittellos dastehen.«
    Mit feuchten Augen sah Dr. Mergenthaler sie an. »Sie sind ein Engel, Evi. Ein wahrhaftiger Engel. Das ist die Lösung!«
    »Die Sie zu einem reichen Mann machen wird«, erwiderte Evi schlagfertig. »Wir sind eben ein perfektes Team. Und wer weiß, vielleicht werden wir bald sogar noch enger zusammenrücken …«
    Sie unterstrich ihre liebreichen Worte, indem sie seine Wange mit dem Handrücken berührte. Dr. Mergenthaler zuckte zusammen, dann bedeckte er ihre Hände mit Küssen.
    »Evi, ach, Evi«, schmatzte er. »Ich verehre Sie. Ich vergöttere Sie.«
    Angewidert zog Evi ihre Hände zurück. »Wir sollten in dieser Hinsicht nichts überstürzen. Ich bin eine anständige Frau. Deshalb möchte ich bis nach der Trauerzeit warten. Aber dann …«
    »Sie machen mich zum glücklichsten Mann der Welt«, sagte Dr. Mergenthaler.
    Er lehnte seinen kahlen Kugelkopf an Evis Busen. Um weitere Vertraulichkeiten zu verhindern, verließ sie ihren Platz und setzte sich wieder auf die andere Seite des Schreibtischs.
    »Wie steht’s mit den Immobilien?«, erkundigte sie sich.
    Sogleich schlug Dr. Mergenthaler einen Aktenordner auf. »Bestens. Es gibt gleich mehrere Interessenten, die nur darauf warten, sie zu erwerben.«
    »Sofort verkaufen«, sagte Evi. »Die Aktien?«
    »Können binnen Tagesfrist veräußert

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