Du musst die Wahrheit sagen
im Regen steht.«
»Morgan hat ihn zuletzt benutzt.«
»Er schläft noch.«
»Dann weck ihn.«
Mama ging in ihr Zimmer, und ich hockte mich neben die Katze. Sie sah mich mit ihren grünen Augen an. Ich kraulte sie zwischen den Ohren.
»Du musst dich vor Schlangen in Acht nehmen«, ermahnte ich sie. Aber die Katze antwortete nicht.
Ich machte mir drei doppelte Toastbrote mit Käse und eins mit Marmelade, goss Wasser in die Teekanne und schenkte mir eine Tasse ein.
Als Mama zurückkam, war sie angezogen. Sie hatte Geldscheine in der Hand und legte sie neben meine Butterbrote.
»Ihre Pfote ist nicht mehr so geschwollen«, sagte ich.
Mama wischte die Spüle trocken und stellte den Käse in den Kühlschrank.
»Dick holt mich gleich ab. Wir wollen eine Segeltour machen. Du kannst mitkommen, wenn du willst.«
Ich ging zur Toilette.
Als ich zurückkam, saß Morgan in schwarzen Boxershorts und mit käsigem Gesicht an dem Platz, wo ich die Teetasse und meine Butterbrote deponiert hatte. Er hatte meine Geldscheine vor sich aufgefächert. Seine Haare standen zu Berge, und die mächtigen Schneidezähne hingen wie Walrosshauer auf seine Brust. Er sah grässlich aus und stank nach Schweiß, dass man Lust hatte, wegzulaufen und nie wiederzukommen. Seine Augen glotzten mich mit Rattenpimmeln an.
»Hast du gebadet?«, fragte er.
»Nach was sieht’s denn aus? Beweg dich mal. Das war mein Platz.«
Er stand auf, grapschte die Hälfte der Geldscheine und verließ die Küche.
»Lass das liegen!«, rief ich. »Das Geld hab ich fürs Rasenmähen gekriegt.«
Ich warf mit der Teetasse nach ihm. Sie traf ihn zwischen den Schulterblättern, fiel auf den Dielenboden und zersprang in Stücke. Mama kam mit dem Telefon am Ohr aus ihrem Zimmer. Morgan drehte sich um und brüllte:
»Ich bring dich um!«
Mama heulte:
»Hört sofort auf!«
Morgan kam zurück in die Küche und ging auf mich los. Ich benutzte meine Butterbrote als Wurfgeschosse. Dann riss ich einen Stuhl hoch und warf ihn Morgan vor die Füße. Er sprang über den Stuhl und folgte mir. Der ganze Kerl war ein Monster aus Rattenpimmeln und geballten Fäusten. An seinem Kinn klebte ein Klecks Marmelade. Ich versuchte, ihn zwischen die Beine zu treten. Dann traf mich seine Faust, und ich fand mich auf dem Fußboden wieder. Mama hängte sich Morgan an den Hals.
»Lass das!«, heulte sie. »Lass das!«
Morgan trat mich in den Bauch. Mama zerrte ihn an den Haaren.
»Hör auf!«, brüllte sie. »Hör auf!«
Morgan riss die Teekanne an sich. Wenn Mama ihn nicht festgehalten hätte, hätte er die Kanne über mir ausgekippt. Jetzt fiel sie ihm aus der Hand, und der Tee ergoss sich über den Fußboden. Die rotbraune Kanne war in tausend Stücke zersprungen, und ich rollte mich auf die Seite, als ich das heiße Wasser am Bein spürte.
»Du Miststück!«, rief Morgan. »Ich bring dich um! Ich bring dich um!«
Dann riss er sich los und lief in die Diele. Mama stützte sich am Tisch ab, zog einen Stuhl hervor und sank darauf nieder. Mein Nasenblut tropfte auf den nassen Fußboden und mischte sich mit dem Teewasser. Es entstanden blasse Farbflecken, wie man sie in der ersten Klasse mit Wasserfarben auf feuchtes Papier tupft.
Mama hatte Tränen in den Augen.
»Du blutest.«
»Ich weiß.« Ich rutschte noch ein Stück weiter und streckte mich neben der Katze auf dem Rücken aus, während Mama einen Lappen holte und anfing, das Teewasser aufzuwischen. Sie hob eine Scherbe nach der anderen auf und sammelte sie zu einem Häufchen auf der Spüle.
»Dass ihr niemals Frieden halten könnt!«, jammerte sie. »Dass es immer so sein muss!«
Vom oberen Stockwerk hörte ich Morgan brüllen.
»Ich bring dich um, du Wichszwerg!«
Ich begegnete dem Blick der Katze. Ihr Blick war grün und kalt und total desinteressiert.
Als ich den Kopf drehte, sah ich Annie in der Küchentür stehen.
»Was treibt ihr denn da? Es gibt Leute im Haus, die gern schlafen möchten.«
Von oben brüllte Morgan:
»Ich bring die impotente Schwuchtel um! Ich schlag dieser Missgeburt den Schädel ein. Ich schlag den Kerl tot und scheiße ihm ins Maul!«
Annie und Mama sahen sich an. Annie schüttelte den Kopf.
»Jetzt ist er ganz durchgeknallt. Was hast du getan?«
»Nichts«, sagte ich. »Er ist eben so.«
Sie kauerte sich neben mich und strich mir über die Haare.
»Kannst du meine Sachen holen?«, bat ich sie.
Sie stand auf und ging nach oben. Ich hörte, wie sie die Tür zu Morgans Zimmer öffnete,
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