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Du musst die Wahrheit sagen

Titel: Du musst die Wahrheit sagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mats Wahl
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Film habe ich an die hundert Male gesehen.
    Dann kamen Mama und Dick nach Hause. Sie hatten Lammkotelettsgekauft. Dick machte einen Kartoffelsalat, und Mama bat mich, den Tisch im Garten zu decken. Sie rief nach Annie und Morgan. Morgan antwortete nicht. Als Annie erschien, fingen wir mit dem Grillen an. Da erzählte ich von Bergers Unfall.
    Alle drei hörten mir zu, Mama lobte mich, und Dick sagte, ich hätte alles richtig gemacht. Annie fragte, ob ich es nicht ein wenig eklig gefunden hätte. Die ganze Zeit dachte ich daran, dass ich sagen müsste, dass Berger Mamas Vater war, aber ich konnte es nicht.
    Von dem Gewehr erzählte ich natürlich auch nichts.
    Für Morgan hatte Mama drei Koteletts aufgehoben. Er meckerte, als er kam, und wollte wissen, wie viele wir gegessen hatten. Erst als die Koteletts auf seinem Teller lagen und er sich eine ordentliche Portion Kartoffelsalat aufgeladen hatte, wurde er still. Er frisst wie ein Tier, das Gesicht nah über dem Teller, stopft sich den Mund mit großen Happen proppenvoll, und seine Augen sehen aus, als würden sie gleich aus den Höhlen quellen. Als der Teller leer war, lehnte er sich zurück, und Dick zündete sich einen Zigarillo an. Er blies den Rauch in die Blätter über uns und ergriff das Wort.
    »Das war ein wunderbarer Tag. Ich würde mich so gern revanchieren. Was haltet ihr von Eintrittskarten zu AIK – Hammarby in Råsunda?«
    Er warf Morgan einen schnellen Blick zu, bevor er die Augen weiter um den Tisch wandern ließ. Morgan ballte die Fäuste, spannte seine fetten Bizepse an und sah aus, als wäre er gerade im Begriff, den Freudentod zu sterben.
    »Jaaa!«, heulte mein Halbbruder auf seine einfühlsame und intelligente Art. »Jaaa! Fußball!«
    Mama lächelte, und Annie lächelte so, dass man etwa zwanzig Zähne sah. Die beiden schauten Dick an, als hätte er soeben auf eigene Lebensgefahr einen kleinen Hund aus einem Lochim Eis gerettet. Ich hatte Fußball noch nie gemocht, also sah ich vermutlich weniger enthusiastisch aus.
    »Was meinst du, Tom?«, fragte Dick. »Sollten wir lieber was anderes unternehmen?«
    »Fußball!«, heulte Morgan.
    »Ich würde lieber etwas anderes machen«, sagte ich.
    Morgan sprang auf und beugte sich über den Tisch, um mich mit der Faust zu erreichen. Ich lehnte mich zurück. Dick legte eine Hand auf Morgans Arm.
    »Ganz ruhig, wir einigen uns schon. Lasst uns darüber reden.«
    Morgans Stimme klang, als hätte ich gerade einen Eimer voll Pferdepisse in sein Bett gekübelt.
    »Immer macht Tom alles kaputt!«
    »Ruhig jetzt«, sagte Dick. »Lass uns drüber reden.«
    »Was gibt’s da zu reden?«, fragte ich. »Ich mag keinen Fußball. Geht doch allein. Ich bleibe zu Hause.«
    Mama machte ein ernstes Gesicht und setzte ihre Überredungsstimme ein.
    »Aber, Tom, Dick macht das, um uns kennenzulernen, und dich will er natürlich auch kennenlernen.«
    »Genau«, sagte Dick und blies erneut Rauch nach oben. »Natürlich möchte ich euch alle kennenlernen.«
    Annie wandte sich in einem Vermittlungsversuch an mich.
    »Wir können ja ein andermal etwas unternehmen, was du magst.«
    Morgan fuchtelte wieder mit seinen Würstchenfingern durch die Luft.
    »Das Miststück mag nur sich selbst! Er hat keine Freunde, keine Interessen, nichts. Der ist so bekloppt, dass einem schlecht werden kann, wenn man den Kerl nur sieht!«
    »Beruhige dich«, sagte Mama. »Es wird nicht besser, wenn du mit Beleidigungen um dich schmeißt.«
    »Verfluchte Missgeburt!«, heulte mein geliebter Halbbruder.
    »Es wäre schön, wenn du dich ein bisschen zusammenreißen würdest«, sagte Annie.
    Wenn sie versucht, erwachsen zu sein und anderen zu erklären, wie man sich zu benehmen hat, ist sie Mama ähnlich. Die beiden sind sich überhaupt sehr ähnlich.
    Morgan sah aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen.
    »Ich halt den nicht mehr aus!«, heulte er. »Ich ziehe aus!«
    »Super«, sagte ich, »hoffentlich ziehst du bald aus.«
    Er sprang auf, kippte den Stuhl hinter sich um, raste um den Tisch und wollte mich schlagen. Aber ich war ebenfalls aufgesprungen und lief weg. Dick folgte uns mit Blicken und blies weiter seinen Rauch aus.
    »Jungs!«, rief er. »Jungs. Kommt wieder runter, das ist doch nur eine kleine Meinungsverschiedenheit.«
    »Reißt euch zusammen!«, rief Annie. »Wollt ihr Mama blamieren, wenn sie zum ersten Mal einen neuen Bekannten zum Mittagessen eingeladen hat?«
    »Dick war gestern auch hier«, machte ich sie

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