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Du musst die Wahrheit sagen

Titel: Du musst die Wahrheit sagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mats Wahl
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etwas, was du gern lernen möchtest?«
    Nadja schüttelte den Kopf.
    »Mehr Themen?«, warb Frida Nilsson.
    »Imperialismus«, sagte das Mädchen, das neben Nadja saß. »Warum die USA, England und Frankreich immer der Meinung waren, sie hätten das Recht, anderen alles wegzunehmen.«
    Frida Nilsson sah glücklich aus.
    »Gut!«, stieß sie hervor, während sie das Thema an die Tafel schrieb. »Wie heißt du?«
    »Leila«, antwortete das Mädchen mit dem Kopftuch.
    »Mehr Themen?«
    Alle schwiegen.
    »Also«, sagte Frida Nilsson, »dann geht ihr jetzt an die Tafel und schreibt euren Namen neben das Thema, über das ihr Näheres wissen wollt.«
    Fast alle entschieden sich für »Wie wird man reich?«. Ziemlichviele, darunter auch Nadja, wollten etwas über »Den Weg der Drogen« erfahren. Ich blieb allein mit »Deutschland im Zweiten Weltkrieg«. Aber da stand Patrik auf, ging an die Tafel und schrieb seinen Namen neben meinen. Als er sich wieder neben mich setzte, sah er besorgt aus.
    »Ist das okay?«, fragte er.
    »Klar«, antwortete ich. »Warum hast du dich für Deutschland entschieden?«
    Er antwortete nicht.
    »Warum?«, fragte ich.
    »Weil ich dich nett finde«, sagte er.
    »Jetzt können wir anfangen«, sagte Frida Nilsson. »Ihr habt zehn Unterrichtsstunden zur Verfügung. Es wird mündliche und schriftliche Referate geben. Jeder muss eine Arbeit mit mindestens fünfhundert Wörtern abgeben, ausgedruckt und in einwandfreier Rechtschreibung.«
    »Was bedeutet mündlich?«, fragte das sommersprossige Pummelchen, das während des gesamten Brennballspiels den Mund offen gehabt hatte.
    Frida Nilsson erklärte es. Da kam Ludde herein.
    »Was macht ihr?«, fragte er.
    »Gruppenarbeit«, antwortete Leila. »Du kannst in jeder Gruppe mitarbeiten, nur in meiner nicht.«
    »Fotze!«, flüsterte Ludde und schrieb seinen Namen neben die größte Gruppe.
    Ich ging mit Patrik in die Bibliothek. Beim Heraussuchen einiger Bücher über den Zweiten Weltkrieg bekamen wir Hilfe.
    »Die können wir doch unmöglich alle lesen.« Patrik zeigte auf den Bücherstapel. »Wollen wir nicht lieber im Internet suchen?«
    Ich nahm das zuoberst liegende Buch vom Stapel und setzte mich auf ein Sofa. »Anne Franks Tagebuch«.
    Plötzlich stand William vor mir.
    »Was liest du da?«
    Ich zeigte ihm das Buch.
    Er sah es sich an und gab es mir mit ernstem Blick zurück.
    »Das ist Propaganda«, sagte er.
    »Propaganda?«
    »Du solltest lieber in unsere Gruppe kommen«, sagte er.
    Dann ging er zu seiner Gruppe. Es waren drei Jungen und zwei Mädchen. Die Mädchen sahen sich sehr ähnlich. Man konnte vermuten, dass sie sich vom zweiten Lebensjahr an von Kopenhagenern und Coca Cola ernährt hatten. Sie waren schwarz gekleidet und trugen Stiefel. Eine hatte das Gesicht voller Pickel. William nickte in meine Richtung, und die ganze Gruppe starrte mich an. Die eine der Kopenhagener-Liebhaberinnen wälzte ein Kaugummi im Mund herum und blies eine große rosa Blase, die ihre Freundin zwischen Daumen und Zeigefinger zerdrückte.
    »Wie wollen wir es machen?«, fragte Patrik.
    »Wir werden lesen und dann darüber schreiben, wie sie gesagt hat, fünfhundert Wörter.«
    »Das hat doch mit Hitler zu tun, oder?«, sagte Patrik.
    »Was?«
    »Der Zweite Weltkrieg.«
    »Ja.«
    Patrik beugte sich näher zu mir.
    »Hitler«, sagte er, »der ist Williams Idol. William sollte in unserer Gruppe sein. Er weiß alles über Hitler.«
    »Könntest du herausfinden, was vor dem Kriegsausbruch passiert ist?«, schlug ich vor.
    »Ich frage William«, sagte Patrik. »Er weiß alles.«
    »Scheiß auf ihn«, sagte ich.
    »Aber er weiß alles.«
    »Das glaubst auch nur du.«
    »Er weiß alles, ehrlich.«
    »Fang damit an, was vor dem Kriegsausbruch im September passiert ist.«
    »September?«, sagte Patrik. »Da war es doch Winter?«
    »Vor Oktober«, sagte ich, »nach August. Kennst du die Monate nicht?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Krieg ich einfach nicht in mein Gehirn rein. Die klingen doch alle gleich.«
    »Wer?«
    »Die Monate. Ich kenne nur zwei. Dezember, dann ist Weihnachten. Und Juni. Dann fangen die Sommerferien an.«

    22

    In der Mittagspause stellten sich zwei Mädchen aus meiner Klasse neben mich in der Schlange vor der Essensausgabe. Beide trugen rosa T-Shirts. Die eine hatte ein Glitzerherz, so groß wie die Hand eines kleinen Kindes, auf der linken Brust. Beide waren stark geschminkt wie für eine Party.
    »Du weißt doch wohl, wer Nadja ist?«, fragte die

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