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Du musst die Wahrheit sagen

Titel: Du musst die Wahrheit sagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mats Wahl
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Größere von beiden. Sie guckte mich an, als setzte sie voraus, dass ich nicht einmal in der Lage war, meine Schuhe allein anzuziehen.
    »Klar.«
    Sie sah nicht überzeugt aus.
    »Ich heiße Malin«, sagte sie.
    »Und ich heiße Jessica«, sagte die Kleinere. »Du weißt doch wohl, wer Nadja ist?«
    »Klar«, sagte ich wieder. »Das hat mich deine Freundin gerade gefragt. Ich weiß, wer Nadja ist.«
    »Die mit der Brille«, sagte Malin. Sie schien nicht zu glauben,dass ich die Wahrheit sagte, als ich behauptete zu wissen, wer Nadja ist.
    »Ich weiß«, sagte ich.
    »Sie hatte eine Abtreibung in der Siebten. Nur dass du’s weißt«, sagte Malin. Sie sprach irgendwie stöhnend und abgehackt, als bekäme sie keine Luft.
    »In der Siebten!«, zischte Jessica, die genauso sprach. »Wie viele Mädchen haben eine Abtreibung in der Siebten? Fast keins!«
    »Die ist so was von scharf auf Männer!«, rief Malin aus. »Nur dass du’s weißt.«
    »Damit du nicht auf sie reinfällst«, sagte Jessica.
    »Wir wollen dir nur helfen«, sagte Malin, »du musst doch wissen, wie unsere Klasse ist.«
    »Weil du neu bist und noch niemanden kennst«, sagte Jessica. »Sie hat runde Brillengläser, hast du das gesehen?«
    »Echt krank!«, sagte Malin.
    »Total krank!«, sagte Jessica.
    Dann gingen sie weg.
    Ich konnte zwischen Blutpudding und Fischstäbchen wählen und entschied mich für den Fisch. Als ich mich an einen Tisch am Fenster gesetzt hatte, kam William vorbei. Er war von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet. Der Teller auf seinem Tablett war vollgehäuft mit Salat, Mais und Tomaten. Neben dem Teller lagen zwei Scheiben Knäckebrot. Er hatte sich zwei Gläser Milch genommen.
    »Denk drüber nach«, sagte er. »Du gehörst zu uns, das sehe ich dir an.«
    Dann setzte er sich an einen Tisch mitten im Esssaal. An dem Tisch saß niemand aus unserer Klasse, und alle, die dort saßen, waren schwarz gekleidet.
    Ich hatte meinen Teller fast leer gegessen, als Nadja sich mir gegenüber niederließ.
    »Ich hasse Gruppenarbeit!«, stöhnte sie.
    »Frag mich mal!«, sagte ich. »Wir haben eine Viertelstunde in der Bibliothek gesessen und mussten die Monate üben. Aber Patrik weiß immer noch nicht, welcher Monat vor April kommt. Wie soll man sich dann darüber unterhalten, was im September 1939 passiert ist?«
    »Er ist nicht der einzige Unterbelichtete.« Nadja strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Was meinst du, was die anderen wissen?«
    »William ist Hitler-Experte, behauptet Patrik.«
    »William ist Rassist«, sagte Nadja. »Sein Bruder sitzt im Knast. Rate mal, warum.«
    »Jessica und Malin haben mir etwas über dich erzählt«, sagte ich.«
    »Kann ich mir vorstellen«, sagte Nadja, den Mund voller Fischstäbchen. »Die ziehen über jeden her. Was haben sie dir erzählt?«
    »Dass du in der Siebten eine Abtreibung hattest.«
    Nadja antwortete nicht, schaute auf ihren Teller und kaute weiter.«
    »Klingt schlimm«, sagte ich. »Wenn es wahr wäre.«
    Sie kaute schweigend und nahm einen Schluck aus ihrem halb vollen Milchglas. Hinterher hatte sie einen weißen Schnurrbart auf der Oberlippe, den sie mit der Rückseite ihrer rechten Hand wegwischte.
    »Gib mir einen neuen Hinweis«, sagte sie.
    »Es ist so was Ähnliches wie eine Fischgeschichte«, sagte ich.
    Sie schob sich einen Happen Fisch in den Mund und kaute.
    »Warum triffst du deinen Vater nie?«, fragte sie.
    »Weiß nicht.«
    »Will er dich nicht treffen?«
    »Scheint so.«
    Sie rückte die Brille zurecht.
    »Was meinst du mit Fischgeschichte?«
    »Dass der Film von Fischen handelt.«
    »Ich seh mir keine Filme über Fische an.«
    »Bei diesem solltest du eine Ausnahme machen. Der wird dir gefallen.«
    Sie runzelte die Stirn und fummelte mit dem Zeigefinger an ihrer Brille herum, die ihr ständig auf die Nasenspitze rutschte.
    »Wie willst du das wissen? Du kennst mich doch gar nicht.«
    »Hast du deinen Badeanzug dabei?«
    Sie nickte.
    »Gut, es scheint heiß zu werden.«
    »Erzähl mir mehr von dem Film. Sag was, was sie sagen.«
    »They are all going to die«, sagte ich.
    Da kam Patrik und setzte sich neben uns. Er hatte keinen Teller mit Essen dabei, saß auf der äußersten Stuhlkante und stemmte die Ellenbogen auf den Tisch. Er sah aus, als wollte er im nächsten Moment davonlaufen.
    »William sagt, dass wir in seiner Gruppe mitmachen dürfen«, sagte er.
    »Richte ihm aus, dass ich nicht interessiert bin«, antwortete ich.
    Patriks Stimme klang, als sei er der Meinung,

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