Du oder das ganze Leben
mein Leben in den Griff. Mrs Peterson und ich, wir sind nicht der Feind.«
»Das weiß ich«, sage ich und glaube es tatsächlich.
»Gut. Ich bin nämlich gerade in einer wichtigen Sitzung. Wenn ihr mich bitte entschuldigen würdet, ich muss in mein Büro zurück.«
»Danke, dass Sie mir geglaubt haben«, sage ich zu Mrs P., als er weg ist.
»Weißt du, wer für die Sache hier verantwortlich sein könnte?«, fragt sie mich.
Ich sehe ihr direkt in die Augen und sage ihr die Wahrheit. »Ich habe keine Ahnung. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass derjenige kein Freund von mir ist.«
Sie seufzt. »Wenn du nicht in einer Gang wärst, würdest du nicht ständig in diesen Schwierigkeiten stecken.«
»Kann schon sein, aber ich glaube, die Schwierigkeiten wären bloß andere.«
31
Brittany
»Es sieht so aus, als nähmen einige von euch meinen Kurs nicht besonders ernst«, sagt Mrs Peterson und beginnt, die Tests von gestern zu verteilen.
Als Mrs Peterson auf den Tisch zukommt, an dem Alex und ich sitzen, rutsche ich auf meinem Stuhl tiefer. Das Letzte, was ich jetzt brauche, ist eine wütende Tirade von meiner Chemielehrerin.
»Gute Arbeit«, sagt sie, als sie mein Blatt mit der beschriebenen Seite nach unten vor mir ablegt. Dann wendet sie sich Alex zu: »Für jemanden, der vorgibt, Chemielehrer werden zu wollen, haben Sie einen schlechten Start hingelegt, Mr Fuentes. Vielleicht denke ich in Zukunft zweimal darüber nach, mich für dich stark zu machen, wenn du weiter dermaßen unvorbereitet in meinen Unterricht kommst.«
Sie lässt Alex’ Test, den sie mit spitzen Fingern von sich streckt, vor ihn auf den Tisch fallen. »Komm nach dem Unterricht zu mir«, weist sie ihn an, bevor sie die restlichen Tests verteilt.
Ich verstehe nicht, warum Mrs Peterson mich nicht ebenfalls in der Luft zerrissen hat. Schließlich hätte ich es verdient. Doch als ich mein Blatt umdrehe, steht nicht das befürchtete D darauf, sondern ein A. Ich reibe mir ungläubig die Augen und gucke noch einmal hin. Da muss ein Fehler passiert sein. In weniger
als einer Sekunde habe ich geschnallt, wer für meine Note verantwortlich ist. Die Wahrheit trifft mich wie ein Faustschlag in der Magengrube. Ich sehe zu Alex rüber, der gerade meinen verhauenen Test in sein Buch legt.
»Warum hast du es getan?« Ich warte, bis Mrs Peterson nach der Stunde ihre Unterhaltung mit Alex beendet hat, bevor ich ihn anspreche. Ich stehe neben seinem Spind, während er mich kaum beachtet, und versuche, die neugierigen Blicke zu ignorieren, die sich in meinen Rücken bohren.
»Ich weiß nicht, wovon du redest«, behauptet er.
Und das soll ich glauben? »Du hast unsere Tests vertauscht.«
Alex knallt die Tür seines Spinds zu. »Hör zu, das war keine große Sache.«
Doch, das war es. Er geht einfach davon, als erwarte er, dass ich das Ganze auf sich beruhen lasse. Ich habe gesehen, wie konzentriert er gestern seinen Test ausgefüllt hat, und als ich vorhin das fette rote D auf seinem Blatt entdeckt habe, war klar, dass da etwas nicht stimmen konnte. Ein zweiter Blick hat mir verraten, dass er tatsächlich meinen Test in Händen hielt.
Nach der Schule stürme ich zum Ausgang hinaus, um ihn noch zu erwischen. Und ich habe Glück. Er sitzt auf seinem Motorrad und will gerade los.
»Alex, warte!«
Ich werde ganz kribbelig und wickle eine Haarlocke um meinen Finger.
»Steig auf«, befiehlt er.
»Was?«
»Steig auf. Wenn du dich bei mir bedanken willst, weil ich dir in Chemie den Arsch gerettet habe, komm mit zu mir nach Hause. Ich habe ernst gemeint, was ich gestern zu dir gesagt habe. Du hast mich einen Blick in dein Leben werfen lassen
und dafür gewähre ich dir einen Blick in meins. Das ist nur fair, meinst du nicht?«
Mein Blick schweift über den Parkplatz. Ein paar Leute gucken zu uns rüber, wahrscheinlich können sie es kaum erwarten weiterzuerzählen, dass sie gesehen haben, wie ich mich mit Alex unterhalte. Wenn ich tatsächlich mit ihm mitfahre, wird die Gerüchteküche zu brodeln beginnen.
Als Alex seine Maschine anwirft, katapultiert mich das Röhren des Motors zurück ins Hier und Jetzt. »Mach dir keinen Kopf, was sie denken.«
Ich betrachte ihn in Ruhe, von den zerrissenen Jeans über die Lederjacke bis hin zu dem rot-schwarzen Bandana, das er sich gerade um den Kopf gebunden hat. Die Farben seiner Gang.
Ich sollte mir vor Angst in die Hosen machen. Dann denke ich daran, wie behutsam er gestern mit Shelley umgegangen ist und
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