Du oder das ganze Leben
zu.«
Sie beobachtet Paco, der mit meiner Familie lacht und scherzt und dem man ansieht, wie sehr er sich wünscht, sie wäre auch seine. Pacos Mutter ist vor ein paar Jahren einfach verschwunden und hat ihn in einer beschissenen Situation mit seinem Vater zurückgelassen. Ich verstehe, dass er dem entkommen will.
Meine Cousine Elena erscheint endlich in einem weißen Spitzenkleid und die Zeremonie beginnt.
Während die Eheversprechen vorgetragen werden, stehe ich hinter Brittany und lege meine Arme um sie. Ich drücke sie fest an mich und frage mich, was sie wohl zu ihrer Hochzeit tragen wird. Sie wird wahrscheinlich von professionellen Fotografen
und Videofilmern umgeben sein, die den Moment für die Ewigkeit festhalten.
» Ahora los declar Marido y Mujer «, sagt der Pastor.
Die Braut und der Bräutigam küssen sich und alle applaudieren.
Brittany drückt meine Hand.
39
Brittany
Es ist offensichtlich, dass Jorge und Elena verrückt nach einander sind und es lässt mich darüber nachgrübeln, ob mein zukünftiger Ehemann und ich wohl auch so viel Liebe füreinander empfinden werden.
Ich denke an Shelley. Meine große Schwester wird niemals heiraten, niemals Kinder kriegen. Ich weiß, dass es ihr im Leben nicht an Liebe mangeln wird, weil meine eigenen Kinder sie ebenso lieben werden wie ich. Aber wird sie sich tief in ihrem Inneren doch nach etwas sehen, das sie nie haben wird? Nach einem Ehemann und einer eigene Familie?
Während ich Alex ansehe, geht mir durch den Kopf, dass ich mich nicht auf sein Gangleben und wer weiß was alles noch einlassen will. Das bin ich einfach nicht. Aber dieser Junge, der so viel verkörpert, das ich ablehne, ist gleichzeitig mein Seelenverwandter. Es ist meine Aufgabe, ihn zu bewegen, sein Leben zu ändern, damit die Leute vielleicht eines Tages über uns sagen, dass wir das perfekte Paar sind.
Als Musik erklingt, schlinge ich meine Arme um Alex’ Taille und lehne meinen Kopf an seine Brust. Er streicht lose Haarsträhnen aus meinem Nacken und hält mich fest, während wir uns im Takt der Musik wiegen.
Ein Mann nähert sich der Braut mit einer Fünfdollarnote.
»Das ist Tradition«, erklärt Alex. »Er bezahlt dafür, mit der
Braut tanzen zu dürfen. Man nennt es einen Wohlstandstanz.«
Ich sehe fasziniert zu, wie der Mann die Fünfdollarnote mit einer Sicherheitsnadel an der Schleppe des Brautkleides feststeckt.
Meine Mutter wäre entsetzt.
Irgendjemand ruft dem Mann, der nun mit der Braut tanzt etwas zu und alle lachen.
»Worüber lachen sie?«
»Sie sagen, er habe den Geldschein zu dicht an ihrem Hintern angebracht.«
Ich beobachte die Paare auf der Tanzfläche und versuche, ihre Schritte nachzuvollziehen, während mich die Musik langsam in ihren Bann zieht. Als die Braut stehen bleibt, frage ich Alex, ob er auch mit ihr tanzen wird.
Als er »ja« sagt, stoße ich ihn vorwärts. »Geh und tanz mit Elena. Ich werde mich mit deiner Mutter unterhalten.«
»Bist du sicher, dass du das tun willst?«
»Ja. Ich habe sie schon gesehen, als wir reingekommen sind und möchte sie nicht ignorieren. Mach dir keine Sorgen um mich. Ich muss das einfach tun.«
Er nimmt einen Zehndollarschein aus seinem Portemonnaie. Ich versuche nicht genau hinzuschauen, aber es ist jetzt leer. Er hat vor, der Braut alles zu geben, was er an Geld bei sich trägt. Kann er sich das leisten? Ich weiß, er jobbt in der Autowerkstatt, aber mit dem Geld, das er dort verdient, unterstützt er wahrscheinlich seine Familie.
Ich weiche langsam zurück, bis unsere Hände sich trennen. »Ich bin gleich wieder da.«
Alex’ Mom stellt gerade mit einigen anderen Frauen Platten und Schüsseln mit Essen auf die dafür vorgesehenen Tische. Sie trägt ein rotes Wickelkleid und sieht darin jünger aus als meine
Mom. Die meisten Leute finden meine Mutter hübsch, aber Mrs Fuentes hat die zeitlose Schönheit eines Filmstars. Ihre Augen sind groß und braun, ihre langen Wimpern biegen sich bis hinauf zu den Augenbrauen und ihre makellose Haut besitzt einen schimmernden Bronzeton.
Ich tippe ihr auf die Schulter, als sie gerade Servietten auf den Tisch legt. »Hallo Mrs Fuentes.«
»Brittany, richtig?«, fragt sie.
Ich nicke. Begrüßung geglückt, Brittany. Du musst jetzt was sagen! »Mm, ich wollte gerne mit Ihnen sprechen, schon seit wir angekommen sind und jetzt scheint ein ebenso guter Zeitpunkt dafür zu sein wie jeder andere. Aber irgendwie plappere ich nur vor mich hin und komme nicht auf den
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