Du oder das ganze Leben
»Warum nicht? Ist Julio nicht gut genug für dich?«
»Julio? Du hast dein Motorrad Julio genannt?«
»Nach dem Großonkel, der meinen Eltern geholfen hat, von Mexiko hierher zu kommen.«
»Ich hab nichts gegen Julio. Ich möchte nur nicht in diesem kurzen Kleid auf ihm sitzen. Außer, du möchtest, dass alle Welt meine Unterwäsche bewundern kann.«
Er reibt sich das Kinn, als müsste er darüber nachdenken. »Da bekämen die Leute mal was geboten.«
Ich verschränke die Arme über der Brust.
»Das war ein Scherz. Wir nehmen den Wagen von meinem Cousin.« Wir steigen in einen schwarzen Camry, der auf der anderen Straßenseite parkt.
Nachdem wir ein paar Minuten gefahren sind, zieht er eine Zigarette aus einem Päckchen, das auf dem Armaturenbrett liegt. Das Klicken des Feuerzeugs lässt mich zusammenzucken.
»Was ist?«, fragt er und zündet die Zigarette an, die in seinem Mundwinkel hängt.
Er kann rauchen, wenn er will. Das ist vielleicht ein richtiges Date, aber ich bin nicht seine Freundin oder so was. Ich schüttle den Kopf. »Nichts.«
Ich höre, wie er ausatmet. Der Zigarettenqualm brennt stärker in meinen Nasenlöchern als das Parfüm meiner Mutter. Ich kurble das Fenster ganz runter und unterdrücke ein Husten.
Als er an einer Ampel anhält, sieht er zu mir rüber. »Wenn du ein Problem damit hast, dass ich rauche, sag es mir.«
»Also schön, ich habe ein Problem damit, dass du rauchst«, gestehe ich ihm.
»Warum hast du das nicht einfach gesagt?«, fragt er und drückt die Zigarette im Aschenbecher des Wagens aus.
»Ich kann nicht glauben, dass du tatsächlich gern rauchst«, sage ich, als er weiterfährt.
»Es entspannt mich.«
»Mache ich dich etwa nervös?«
Sein Blick wandert von meinen Augen über meine Brüste dorthin, wo mein Kleid auf meine Oberschenkel trifft. »In diesem Kleid schon.«
38
Alex
Wenn ich weiter ihre langen Beine anstarre, werde ich noch einen Unfall bauen. »Wie geht es deiner Schwester?«, frage ich, um das Thema zu wechseln.
»Sie freut sich darauf, dich wieder beim Damespielen zu schlagen.«
»Ach, tatsächlich? Sag ihr, ich habe es ihr einfach gemacht – ich habe nur versucht, bei dir zu punkten.«
»Indem du verlierst?«
Ich zucke mit den Schultern. »Hat doch funktioniert, oder?«
Mir fällt auf, dass sie an ihrem Kleid rumzupft, als müsste sie es richten, um mir zu gefallen. Da ich ihre Unruhe lindern will, fahre ich mit den Fingern ihren Arm bis zum Handgelenk entlang und nehme ihre Hand in meine.
»Du kannst Shelley erzählen, dass ich für eine Revanche wiederkomme«, sage ich.
Sie wendet sich mir zu, ihre blauen Augen strahlen. »Wirklich?«
»Aber klar.«
Während der Fahrt versuche ich Smalltalk zu machen. Aber es funktioniert nicht. Ich bin kein Typ für belangloses Gequatsche. Umso besser ist es, dass Brittany vollkommen zufrieden damit scheint, schweigend neben mir zu sitzen.
Nicht lange danach halte ich vor einem kleinen, zweigeschossigen Backsteinhaus.
»Ist die Hochzeit nicht in einer Kirche?«
»Nein. Elena wollte im Haus ihrer Eltern heiraten.«
Ich lege meine Hand auf ihren Rücken, als wir auf das Haus zugehen. Fragt mich nicht, warum ich das Bedürfnis habe, allen zu zeigen, dass sie mir gehört. Vielleicht bin ich tief in mir drin doch ein Neandertaler.
Als wir das Haus betreten, werden wir von Mariachimusik aus dem Garten begrüßt. Jeder Zentimeter Raum ist mit Menschen gefüllt. Unauffällig checke ich Brittanys Reaktion und frage mich, ob sie vielleicht das Gefühl hat, auf magische Weise nach Mexiko entführt worden zu sein. Keiner aus meiner Familie lebt in einer großen Villa mit Swimmingpool, wie sie es gewohnt ist.
Enrique und ein paar meiner anderen Cousins rufen uns Begrüßungen zu. Sie sprechen alle Spanisch, was völlig normal wäre, hätte ich nicht eine Freundin bei mir, die nur Englisch versteht. Ich bin daran gewöhnt, von meinen Tanten zu Tode geknutscht zu werden und von meinen Onkeln ordentliche Schläge auf den Rücken zu bekommen. Doch Brittany wirkt so, als wären ihr all diese Rituale ziemlich fremd. Deshalb ziehe ich sie näher an mich, damit sie weiß, dass ich sie nicht vergessen habe. Und ich versuche, sie meiner Familie vorzustellen, gebe aber auf, als mir klar wird, dass sie sich nie im Leben sämtliche Namen merken kann.
» Ese !«, ertönt eine Stimme hinter uns.
Ich drehe mich zu Paco um. »Was geht?«, sage ich und haue meinem Freund auf den Rücken. »Brittany, du kennst mi
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