Du oder der Rest der Welt
schwarzen Vintage-Kleid wirke ich fehl am Platz.
»Was essen?«, fragt er. »Es gibt Pizza.«
»Noch nicht.« Ich sehe den anderen beim Tanzen zu. Die meisten tanzen in Gruppen, hüpfen auf und ab zur Musik. Madison ist nicht da. Auch Lacey nicht. Zu wissen, dass ich nicht der Gegenstand ihrer höhnischen Bemerkungen sein werde, macht mich etwas lockerer.
Carlos packt meine Hand und führt mich in die entfernteste Ecke der Halle. »Lass uns tanzen.«
»Du bist noch nicht hunderprozentig wiederhergestellt. Lass uns auf einen langsamen Tanz warten. Ich möchte nicht, dass du beim Tanzen Schmerzen hast.«
Ohne auf mich zu hören, fängt Carlos an zu tanzen. Er bewegt sich nicht, als habe er Schmerzen. Im Gegenteil, es sieht aus, als habe er ein ganzes Leben lang nichts anderes gemacht als zu tanzen. Die laute Musik hat einen schnellen Beat. Die meisten Typen, die ich kenne, haben kein Rhythmusgefühl, aber Carlos schon. Er ist unglaublich. Ich möchte mich zurücklehnen und einfach zusehen, wie er seinen Körper im Takt der Musik bewegt.
»Zeig mir, was du draufhast«, sagt er irgendwann. Er hat ein herausforderndes Funkeln in den Augen und zieht eine Augenbraue hoch. »Ich wette, du traust dich nicht, chica .«
49
Carlos
Kiara tanzt wie ein Profi. Mann, ich fordere sie ein klitzekleines bisschen heraus, und dieses Mädchen bewegt sich zur Musik, als wäre sie eins mit ihr. Wir tanzen zusammen, unsere Bewegungen sind plötzlich synchron. Wir haben unseren eigenen Rhythmus gefunden, tanzen zu jedem Song ohne Pause. Kiara entführt mich an einen Ort, wo Devlin und das Brittany-Alex-Drama keine Rolle mehr spielen.
Mitten in einem schnellen Song wechselt der DJ die Platte. Plötzlich schallt ein unerträglich langsamer Herz-und-Schmerz-Song durch die Sporthalle. Kiara sieht mich an, sie ist unsicher, wie wir damit umgehen.
Ich nehme ihre Hände und lege sie um meinen Nacken. Verflixt, sie riecht himmlisch. Nach frisch gepflückten Himbeeren, von deren Duft man gar nicht genug bekommen kann. Als ich sie an mich ziehe, bis ihr Körper eng an meinen gepresst ist, möchte ich sie nur noch entführen und nie mehr zurückgeben. Ich versuche mir einzureden, dass Devlin nicht existiert und ich sie am Ende des Monats nicht für immer verlassen werde. Ich möchte den heutigen Abend bis zum Letzten auskosten, denn wie es scheint, erwartet mich eine Zukunft, die verdächtig an gequirlte Kacke erinnert.
»Woran denkst du?«, fragt sie.
»Von hier abzuhauen«, erwidere ich und lüge sie damit nicht mal an. Sie hat keine Ahnung, dass ich eigentlich davon rede, Colorado zu verlassen, aber das ist auch besser so. Wenn sie wüsste, was ich vorhabe, würde sie wahrscheinlich Alex und ihre Eltern anrufen, damit sie etwas unternehmen. Verflucht, sie würde wahrscheinlich sogar Tuck mobilisieren, wenn sie schon mal dabei ist.
Die Arme immer noch um meinen Nacken geschlugen, sieht sie zu mir hoch. Ich neige den Kopf zu ihr runter und küsse sie sanft auf die weichen, schimmernden Lippen. Mir ist egal, was die Lehrer davon halten. Die ganze Schülerschaft ist gewarnt worden, dass öffentliche Darbietungen dieser Art zu einem Rausschmiss führen können.
»W-w-wir dürfen uns nicht küssen«, sagt Kiara und weicht zurück.
»Dann lass uns irgendwo hingehen, wo wir es dürfen.« Meine Hand gleitet über ihren Rücken bis zu der Mulde direkt über ihrem Po.
»Hey, Carlos!«, ruft Ram kurz darauf, als wir genug gegessen und getanzt haben und schon auf dem Sprung sind. Er kommt mit dem Mädchen, mit dem er hier ist, auf uns zu. »Wir fahren jetzt los und chillen im Seehaus meiner Eltern. Wollt ihr mit?«
Ich gucke Kiara an. Sie nickt.
»Bist du sicher?«, frage ich.
»Hm.«
Es regnet, deshalb beeilen wir uns, zum Auto zu kommen. Ich folge Rams Wagen und ein paar anderen vom Parkplatz. Eine halbe Stunde später biegen wir alle von der Hauptstraße und nehmen einen langen Stichweg bis zu einem kleinen Haus, das an einem privaten See liegt.
»Ist es echt okay für dich, dass wir hier sind?«, frage ich sie. Sie hat nicht viel gesagt, seit wir der Schule den Rücken gekehrt haben.
»Ja. Ich möchte nicht, dass der Abend schon vorbei ist.«
Ich auch nicht. Nach heute Nacht wird die Realität ihren Tribut fordern. Wir folgen drei anderen Pärchen nach drinnen, wir rennen, denn inzwischen schüttet es wie aus Eimern. Das Haus ist nicht groß, aber es hat große Fenster in Richtung See. Ich bin sicher, wenn es draußen nicht
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