Du oder der Rest der Welt
dunkel wäre, könnten wir den See sehen. Im Moment sehen wir nur den Regen, der gegen die Fensterscheiben trommelt.
Ram hat den Kühlschrank bis obenhin mit Bierdosen gefüllt. »Bedient euch«, sagt Ram und wirft jedem eine zu. »Es ist noch mehr in der Garage, wenn wir wollen.«
Kiara hält die Bierdose, die Ram ihr zugeworfen hat. Sie ist noch ungeöffnet. »Wirst du was trinken?«, fragt sie mich.
»Vielleicht.«
Sie streckt die Hand aus. »Dann gib mir die Schlüssel. Ich möchte nicht, dass du fährst, wenn du was getrunken hast«, sagt sie leise, damit die anderen sie nicht hören können.
»Übrigens«, brüllt Ram, »alle, die was trinken, müssen hier pennen. Hausregel.«
Ich werfe einen Blick in die Runde. Wie es scheint, sind die anderen Paare dabei, sich ein kuschliges Plätzchen zu suchen. »Warte hier«, bitte ich Kiara, dann renne ich zum Auto und hole mein Handy. Fünf Minuten später komme ich ins Haus zurück. Obwohl sie sich selbst als schüchtern bezeichnet hat, kommt Kiara bestens klar. Ram hat sie in ein Gespräch über die Vorteile von Dieselkraftstoff verwickelt, und ich bin versucht zu sagen: Hey, das ist mein Mädchen. Aber sie ist nicht wirklich meins. Zumindest wird sie es bald nicht mehr sein. Doch heute Nacht ist sie es.
Ich ziehe Kiara beiseite. »Wir schlafen hier«, erzähle ich ihr. »Ich habe deine Eltern angerufen. Sie haben gemeint, es sei okay.«
»Wie hast du sie dazu gebracht, uns zu erlauben, woanders zu übernachten?«
»Ich habe ihnen erzählt, dass wir was getrunken haben. Wie es aussieht, ist es ihnen lieber, wir schlafen hier, als dass wir betrunken Auto fahren.«
»Aber ich hatte gar nicht vor, was zu trinken.«
Ich werfe ihr ein verschwörerisches Lächeln zu. »Was Daddy nicht weiß, macht ihn nicht heiß, chica .«
Während die restlichen Partygäste sich im Haus ihr kleines privates Nest bauen, schnappe ich mir ein paar Decken, die Ram aus dem Schrank geholt hat, und führe Kiara nach draußen.
»Wo gehen wir hin?«, fragt sie.
»Ich habe einen Steg beim See entdeckt. Ich weiß, es ist kalt, und es regnet … aber er ist überdacht, und dort sind wir für uns.« Ich ziehe mein Jackett aus und gebe es ihr. »Hier.«
Sie lässt ihre Arme in die Ärmel gleiten und hält es zu. Mir gefällt, dass sie mein Jackett trägt, als gehöre sie irgendwie mir und niemandem sonst.
»Warte!«, sagt Kiara und packt mich am Handgelenk. »Gib mir die Schlüssel.«
Oh, verdammt. Das war’s. Jetzt wird sie mir sagen, dass sie mir nicht gehört – und dass sie immer noch Michael liebt und gehen möchte. Oder dass sie nur wollte, dass ich mit ihr zum Homecoming gehe und ich alles falsch verstanden habe. Auch wenn ich nur ein Bier getrunken habe und immer noch unerträglich nüchtern bin, möchte ich sie nicht nach Hause bringen. Ich möchte, dass diese Nacht so lange wie möglich andauert.
»Ich brauche meine Handtasche«, erklärt sie mir. »Ich habe sie im Auto liegen gelassen.«
Oh. Ihre Handtasche. Ich stehe im Regen und sehe das Mädchen an, das in mir den Wunsch auslöst, sich an ihm festzuklammern und es nie wieder gehen zu lassen, als wäre es meine schützende Decke. Ich fühle mich wie ein Idiot. Meine Gefühle jagen mir eine Heidenangst ein. Auf dem Weg zum Steg halten wir beim Auto. Sie nimmt ihre Handtasche und umklammert sie fest, während wir über das Gras laufen.
»Meine Absätze sinken ein«, sagt sie zu mir.
Ich gebe ihr die Decken und hebe sie hoch.
»Lass mich bloß nicht fallen«, sagt sie, während sie versucht, die Decken auf ihrem Schoß zu balancieren, und sich an meinen Nacken klammert, als ginge es um ihr nacktes Überleben.
»Vertrau mir.« Es ist das zweite Mal an diesem Abend, dass ich ihr sage, sie solle mir vertrauen. Die Wahrheit ist, dass sie es nicht sollte, denn nach heute Nacht werden die Karten neu gemischt. Aber ich möchte nicht an morgen denken. Von der heutigen Nacht werde ich ein Leben lang zehren müssen. Heute Nacht … heute Nacht kann sie mir vertrauen, genauso wie ich ihr.
Ich setze sie auf dem überdachten Steg ab. Es ist dunkel und die schwarzen Wolken verdecken den Mond. Die oberste Decke ist nass geworden, daher bin ich froh, dass ich mir gleich ein paar gegriffen habe. Ich nehme sie ihr ab und breite die trockenen Decken auf den Holzplanken aus, damit wir eine weiche Unterlage zum Schlafen haben.
Ich weiß nur nicht, ob schlafen alles sein wird, was wir heute Nacht hier tun werden. »Kiara?«, sage
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