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Du oder der Rest der Welt

Du oder der Rest der Welt

Titel: Du oder der Rest der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Elkeles
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mir ein: »Frag deine Schwester, ob sie mit dir spielt.«
    »Das hat sie gerade. Jetzt bist du dran.«
    Jetzt bin ich dran? Dieses Kind hat ernsthafte Wahnvorstellungen, wenn es denkt, ich hätte irgendein Interesse, »dran« zu sein. »Ich sag dir was. Morgen nach der Schule spiele ich Fußball mit dir. Wenn du es schaffst, ein Tor gegen mich zu schießen, spiele ich mit dir und deinen Plastiksoldaten. «
    Der Kleine sieht verwirrt aus. »Ich dachte, du spielst kein Fußball.«
    »Das war gelogen.«
    »Man soll nicht lügen.«
    »Wart’s ab, wenn du ein paar Jahre älter bist, wirst du es ständig tun.«
    Er schüttelt den Kopf. »Das glaube ich nicht.«
    Ich muss lachen. »Ruf mich an, wenn du sechzehn bist. Ich garantier dir, bis dahin hast du deine Meinung geändert«, sage ich und gehe auf mein Zimmer zu. Kiara kommt mir entgegen. Ihr Pferdeschwanz ist lose, und den meisten Haaren ist es geglückt, dem Gummiband zu entkommen. Ich habe noch nie ein Mädchen getroffen, dem es so egal ist, wie es aussieht.
    »Wohin willst du so aufgedonnert?«, flachse ich.
    Sie räuspert sich, als wolle sie Zeit schinden. »Joggen«, sagt sie.
    »Warum?«
    »Um Kondition aufzubauen. Du kannst gern mitkommen.«
    »Nö, danke.« Ich hatte schon immer die Theorie, dass Leute, die Sport machen, steife Anzugträger sind, die die meiste Zeit auf ihrem Hintern hocken. Sie geht an mir vorbei, aber ich rufe sie zurück. »Kiara, warte mal.« Sie dreht sich um. »Sag Tuck, er soll sich von mir fernhalten. Und wegen dieser Duschzeiten …«
    Ich werde ihr verklickern, wie es läuft und wer hier der Boss ist. Ihr Vater kann gern versuchen, mir Regeln zu diktieren, die ich auf keinen Fall einhalten werde, aber niemand, besonders keine gringa , sagt mir, wann ich zu duschen habe. Ich kreuze meine Arme vor der Brust und schleudere es ihr direkt ins Gesicht. »Ich halte mich nicht an Zeitpläne.«
    »Tja, i-ich aber sch-schon. Also g-gewöhn dich besser dran«, sagt sie. Damit wendet sie sich ab und geht schnurstracks zur Treppe.
     
    Ich bleibe bis zum Morgen in meinem Zimmer und werde von der bellenden Stimme des Professors geweckt. »Carlos, falls du noch nicht auf bist, kommst du besser in die Gänge.«
    Als ich höre, wie seine Schritte sich entfernen, krieche ich aus dem Bett und mache mich auf den Weg ins Bad. Ich öffne die Badezimmertür und entdecke Brandon, der sich gerade die Zähne putzt. Er hat die Zahnpasta über unser ganzes Waschbecken und seinen Mund verteilt und sieht aus, als hätte er Tollwut.
    »Beeil dich, cachorro . Ich muss mal.«
    »Ich weiß nicht, was cha-cha-cho-ro-ro heißt.«
    Das Spanisch von dem Winzling ist nicht fließend, so viel steht fest. »Gut«, sage ich. »Das sollst du auch gar nicht.«
    Brandon schrubbt seine Zähne fertig, während ich mich gegen den Türrahmen lehne. Ich höre, wie sich Kiaras Tür öffnet. Sie kommt fertig angezogen aus dem Zimmer. Na ja, zumindest, was sie unter angezogen versteht. Sie hat ihr Haar zu ihrem Markenzeichenpferdeschwanz zusammengebunden und trägt ein gelbes T-Shirt mit der Aufschrift Adventureland , unförmige braune Shorts und Wanderstiefel.
    Ein Blick auf mich, und sie reißt die Augen auf und wird ganz rot im Gesicht. Sie guckt schnell weg.
    »Ha, ha, ha!« Brandon lacht und zeigt auf meine Boxershorts. Ich gucke nach unten, um sicherzugehen, dass ich nicht meinen wohlgeformten Unterleib präsentiere. »Kiara hat deine Unterhose gesehen! Kiara hat deine Unterhose gesehen!«, singt er.
    Sie geht die Treppe runter und ist innerhalb weniger Sekunden außer Sichtweite.
    Ich sehe Brandon drohend an. »Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du manchmal ein nerviger kleiner Klugscheißer bist?«
    Brandons Hand fliegt zu seinem Mund, und er schnappt entsetzt nach Luft. »Du hast ein schlimmes Wort gesagt.«
    Ich rolle innerlich mit den Augen. In Gegenwart dieses Kindes muss ich anscheinend Spanisch sprechen, damit er keine Ahnung hat, was ich sage. Oder ich schlage ihn mit seinen eigenen Waffen. »Habe ich nicht. Ich habe gesagt, du bist ein nerviger kleiner Klug meister .«
    »Hast du gar nicht. Du hast Scheißer gesagt.«
    Meine Hand fliegt zu meinem Mund, und ich schnappe nach Luft. Ich zeige auf ihn und wackle mit dem Finger wie ein Zweijähriger und sage: »Du hast grad ein schlimmes Wort gesagt.«
    »Du hast es zuerst gesagt, Carlos«, argumentiert er. »Ich habe nur wiederholt, was du gesagt hast.«
    »Ich habe Meister gesagt. Du hast etwas gesagt, das sich darauf

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