Du oder der Rest der Welt
Drei unserer Leute haben die Grippe, und zwei weitere haben sich im Viertelfinale verletzt und können nicht antreten. Kiara glaubt, du könntest halbwegs anständig spielen.«
Halbwegs anständig? »Warum spielst du nicht mit?«, frage ich Kiara. »Du bist sportlich.«
»Es ist kein gemischtes Team«, erklärt sie. »Es ist ein reines Männerteam.«
Tuck legt die Hände aneinander, als würde er beten, und ich sehe den Bullshit schon von Weitem kommen, den er mir jetzt auftischen wird. »Bitte, amigo . Wir brauchen dich, Kimosabe, du großer, allmächtiger Gott. Wir brauchen dich mehr, als die Erde im Westen aufgeht.«
»Die Sonne geht im Osten auf, Milchgesicht.«
»Nur wenn man auf der Erde steht. Wenn du auf dem Mond bist, geht die Erde im Westen auf.« Er holt tief Luft. »Okay, ich bin fertig mit Arschkriechen. Bist du dabei oder nicht? Das Spiel beginnt in weniger als einer halben Stunde, und ich muss wissen, ob wir zurückziehen müssen oder ob wir spielen können. Unglücklicherweise bist du unsere einzige Hoffnung.«
Ich sehe Kiara an.
»Tuck braucht wirklich deine Hilfe«, sagte sie. »Ich werde zusehen.«
»Also schön. Ich tu es. Ich tu es für dich«, sage ich zu ihr.
»Warte, warte, wovon redet er da? Ich tu es für dich ?« Tuck guckt von mir zu Kiara, aber wir schweigen uns beide aus. »Verrät mir vielleicht mal irgendwer, was hier vorgeht?«
»Nope. Gebt mir fünf Minuten«, sage ich zu ihnen.
Auf der Fahrt zum Spiel besteht Kiara darauf, dass ich meinen Bruder anrufe und ihn frage, ob er auch kommt. »Ruf ihn an«, sagt sie. »Oder ich tu es.«
»Vielleicht möchte ich ja nicht, dass er kommt.«
Sie hält mir ihr Handy hin. »Vielleicht bist du aber auch bloß zu dickköpfig, um dir einzugestehen, wie sehr du es dir wünschst. Wetten, du traust dich nicht?«
Was zum Henker soll das? Jetzt habe ich keine Wahl.
Ich schnappe mir das Handy und rufe meinen Bruder an. Ich erzähle ihm von dem Spiel, und er verspricht, ohne zu zögern, dass er kommen wird.
Nachdem ich aufgelegt habe, werfe ich das Telefon zu Kiara zurück, und Tuck erklärt mir die Ultimate-Frisbee-Regeln. Ich konzentriere mich auf die wesentlichen: Sobald ich das Frisbee gefangen habe, muss ich stehen bleiben und es innerhalb von zehn Sekunden einem Teammitglied zuwerfen. Punkte macht man, wenn man es schafft, das von einem Mitspieler geworfene Frisbee in einer bestimmten Zone innerhalb der gegnerischen Hälfte zu fangen.
»Es ist kein körperbetonter Sport, Carlos«, erinnert Tuck mich zum bestimmt zehnten Mal. »Falls du meinst, du müsstest jemanden schlagen, stoßen oder gar ein Kämpfchen mit ihm austragen – heb dir das für nach dem Spiel auf«
Auf dem Rasen stellt Tuck mich unserem Team vor. Ein Gedanke läuft wie ein Spruchband durch meinen Kopf: Wenn ich Tucks Team helfe zu gewinnen, bin ich dann in Kiaras Augen ein Held?
In den Minuten vor Spielbeginn übe ich mit den Jungs. Obwohl ich seit Jahren keine Scheibe mehr geworfen habe, lasse ich sie ohne Probleme zu meinen Mitspielern segeln.
Einer der Typen aus meinem Team rennt an mir vorbei, zwinkert mir zu und haut mir auf den Arsch.
Was zum Teufel war das? Ein Ritual der Ultimates? Mir persönlich sind keine Rituale bekannt, die die Hände von irgendwelchen Typen auf meinem Hintern beinhalten.
Ich gehe rüber zu Tuck, der sich an der Seitenlinie aufwärmt. »Spinn ich oder hat der Typ mich gerade angemacht?«
»Sein Name ist Larry. Frag mich nicht, wieso, aber er findet dich heiß. Er kann nicht aufhören zu sabbern, seit du hier eingetroffen bist. Mach ihm bloß keine falschen Hoffnungen. «
»Da brauchst du dir keine Sorgen zu machen.«
»Hier.« Tuck greift in seine Sporttasche und wirft mir ein Shirt zu. »Das ist unser Mannschaftstrikot.«
Ich halte mir das T-Shirt an. »Es ist pink.«
»Hast du vielleicht etwas gegen Pink?«
»Ja, es ist schwul.«
Tuck schmatzt. »Hm, ja. Carlos, wie es aussieht, ist der Zeitpunkt gekommen, dir etwas Wichtiges mitzuzeilen. Es wird dir wahrscheinlich nicht gefallen.«
Während Tuck redet, sehe ich mir meine Mitspieler genauer an. Da ist Dennis, ein Typ, der leicht feminin wirkt. Dann der Typ, der mir auf den Hintern gehauen hat und sich jetzt auf die Unterlippe beißt, als wolle er eine Nummer mit mir schieben. Und die pinkfarbenen T-Shirts … »Das hier ist ein Homo-Team, oder?«
»Was hat dich darauf gebracht? Waren es die pinkfarbenen T-Shirts oder die Tatsache, dass das halbe Team dich mit Blicken
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