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Du oder die grosse Liebe

Du oder die grosse Liebe

Titel: Du oder die grosse Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Elkeles
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aber wie lange wird das anhalten?
    »Er hasst mich«, sage ich zu ihr.
    »Nein, tut er nicht.« Sie dreht sich zu mir um. »Er hält dich nur für viel zu zynisch.«
    Kaum dass sie das Wort zynisch gesagt hat, höre ich eine altbekannte Stimme auf Spanisch von der anderen Seite des Flurs zu uns rüberschallen. Marco. Allein seine Stimme mit dem tiefen Grummeln zu hören, ließ mich früher von einem Ohr zum anderen grinsen. Jetzt lässt seine Stimme mich zusammenfahren wie das Geräusch, wenn ein Fingernagel über eine Tafel schrammt.
    Ich sehe Kendall an. Sie berührt mitfühlend meinen Arm.
    »Beachte ihn gar nicht«, befiehlt sie mir.
    Natürlich werde ich ihm keine Beachtung schenken, genau so, wie ich es die letzten zwei Jahre getan habe. Er hat sich viel zu sehr verändert und ich ebenfalls. Ich gebe vor, mir mit meiner Schulter das Kinn zu kratzen, während ich auf die andere Seite des Ganges zu seinem Schließfach spähe. Marco redet mit einem Jungen, der mir bekannt vorkommt …
    Warte.
    Eine.
    Sekunde.
    Nein, das kann nicht sein.
    Es ist Luis Fuentes, der Typ, dessen Klamotten ich versteckt habe, als sein Bruder vor zwei Jahren geheiratet hat. Das letzte Mal, als ich ihn gesehen habe, war er nackt. Das ist so lange her, dass ich wette, er erinnert sich nicht mehr an mich. Aber ich erinnere mich an ihn. Er ist der Junge, der mir vor Augen geführt hat, dass ich verwundbar bin. An dem Abend, als ich ihn kennenlernte, wurde ich zur Zynikerin. Ich werfe noch einen raschen Blick über den Gang.
    Oh nein.
    Er sieht mich direkt an.

11
    Luis
    Exotische Augen. Lockiges braunes Haar. So viel Temperament, dass es von hier bis Mexiko reichen würde. Sie ist älter, aber sie umgibt noch immer diese einzigartige Engel-mit-Ecken-und-Kanten-Aura.
    Ich würde dieses Mädchen überall wiedererkennen. Ich könnte sie unter tausend Mädchen herauspicken. Sie hat ihr mexikanisches Blut verleugnet, getanzt wie ein Roboter und mich abserviert, und das alles an einem Abend.
    »Ist das Nikki Cruz, ¿verdad ?«, frage ich Marco, einen meiner Grundschulfreunde. Es ist schon seltsam, wie sehr es sich anfühlt, als wäre ich nie fort gewesen. Mir war nicht klar, wie tief ich noch immer in dieser Stadt verwurzelt bin, obwohl ich Fairfield vor fast sechs Jahren verlassen habe. Ich bin heute Morgen früh in die Schule gekommen und habe mir meinen Stundenplan im Sekretariat abgeholt. Kaum war ich bei meinem Schließfach, wurde ich schon von ein paar alten Freunden angesprochen, mit denen ich früher immer abhing.
    Marco wirft dem Mädchen einen Blick zu, dann nickt er. »Woher kennst du Nik?«
    »Ich hatte vor ein paar Jahren auf der Hochzeit meines Bruders einen Zusammenstoß mit ihr.« Es besteht kein Grund, ins Detail zu gehen, wie sie meine Sachen versteckt und mich damit dem übergriffigen Mädchen zum Fraß vorgeworfen hat, mit dem ich in jener Nacht nackt baden war. »¿Cuál es su historia?« , frage ich ihn.
    »Ihre Story ist, dass sie verflucht reich ist und einen Körper hat, der zum durch die Gegend ficken wie gemacht ist«, sagt Marco. »Sie ist eine puta . Beweg deinen Arsch nicht in die Nähe dieser pocha , wenn dir dein Verstand lieb ist.«
    Ich gucke in ihre Richtung und unsere Blicke treffen sich. Erinnert sie sich an mich?
    Während Marco mit ein paar Jungs quatscht, behalte ich Nikki im Auge. Sie wendet rasch den Blick ab und sagt etwas zu der großen Blondine, die neben ihr steht. Dann wirft sie ihr Haar über die Schulter, und sie stolzieren zusammen den Flur runter, ohne sich noch einmal umzublicken.
    Die ersten zwei Stunden vergehen wie im Flug. Es ist stark, alte Freunde zu treffen, von denen ich gedacht hatte, dass ich sie nie wiedersehen würde. Man muss kein Nobelpreisträger sein, um zu merken, dass Marco außerhalb der Schule mit den großen Jungs spielt. Niemand redet über seine Gangconnections – es ist offensichtlich. Die meisten Familien aus unserer Nachbarschaft hatten Verbindungen. Manche haben sie noch immer.
    Die Southside von Fairfield wird vielleicht nicht mehr von aktiven Gangmitgliedern überschwemmt, aber wir sind immer noch die armen Kids an der Schule. In der Grund- und Mittelschule bleiben alle unter sich, aber die Highschool vereint alle Schulen Fairfields zu einem einzigen multikulturellen Schmelztiegel.
    Wie sehr die Dinge sich von denen in Boulder unterscheiden, fällt mir zum ersten Mal auf, als wir uns zum Sport umziehen.
    »Du sitzt auf meinem Platz, Mex«, sagt ein fleischiger

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