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Du oder die grosse Liebe

Du oder die grosse Liebe

Titel: Du oder die grosse Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Elkeles
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geschrieben hatte.
    Ich traue Derek nicht. Ich weiß, er hat Kendall gern, aber ich weiß auch, dass eine Menge Mädchen mit ihm flirten und er zurückflirtet. In einem Augenblick männlicher Schwäche könnte er Kendalls vertrauensseliges Herz zermalmen.
    »Nur zur Info«, sagt Kendall und windet sich, als hätte sie schlechte Neuigkeiten zu verkünden. »Marcos Schließfach ist gleich gegenüber.«
    Eine Welle der Angst schlägt über mir zusammen. »Bitte, sag mir, dass du grad gelogen hast.«
    »Ich wünschte, es wäre so.«
    Nach unserer Trennung ist Marco bei der Latino Blood richtig groß eingestiegen. Ich weiß, er verkauft Drogen und ist ständig in irgendwelche Schlägereien verwickelt. Aber letztes Jahr ist etwas mit dem Typen passiert, der die Gang angeführt hat, und die Allgegenwart der LB auf der Southside von Fairfield ist seitdem gebrochen. Ich habe gehört, dass Marco angefangen hat, sich auch mit anderen Gangs als der LB abzugeben. Er ist fieser und härter geworden. Ich dachte immer, er habe eine harte Schale, darunter aber einen weichen Kern. Jetzt ist nichts Weiches mehr an Marco.
    Derek kommt den Gang entlang direkt auf uns zu. Natürlich bleibt er bei praktisch jedem stehen, der seinen Namen ruft. Die Mädchen sind hin und weg von ihm, weil er unfassbar hinreißend ist mit seinem blonden Haar, dem Modelgesicht und einem Körper, der wie gemeißelt aussieht. Die Jungs mögen ihn, weil er eine Sportskanone ist. Als Sophomore hat er es bis zur Landesmeisterschaft im Tennis geschafft. Als er sich vor dem Juniorjahr die Schulter verletzte, hat er sich gegen den Tennissport entschieden und sich stattdessen um einen Platz in der Fußballmannschaft beworben. Letztes Jahr ist er am Ende der Saison zum wertvollsten Spieler gewählt worden, was niemanden überrascht hat.
    Derek steht jetzt neben Kendall, aber sie dreht ihm den Rücken zu und gibt vor, wahnsinnig interessiert an etwas in ihrem Schließfach zu sein.
    »Ich kann nicht fassen, dass du immer noch sauer auf mich bist«, sagt Derek.
    Kendall stößt Bücher in ihr Schließfach. »Ich bin nicht sauer. Du kannst überall aufs College gehen, wo du willst, Derek. Du brauchst keine Erlaubnis von mir, dich an der Ostküste zu bewerben.«
    Er legt ihr die Hand zwischen die Schulterblätter und beugt sich zu ihr. »Warum willst du dir die Elite-Unis dort nicht mal anschauen?«
    »Weil sie nicht im mittleren Westen sind«, teilt sie ihm mit. »Wenn du weit weg von zu Hause studieren willst, bitte schön. Ich kann das nicht.«
    Kendall spricht es nicht aus, aber sie ist fest entschlossen, in der Nähe von Fairfield zu studieren, weil letztes Jahr bei ihrer Mutter Krebs diagnostiziert wurde. Sie hat die Chemo gut überstanden, und die Ärzte sagen, der Krebs sei auf dem Rückzug, aber Kendall möchte in ihrer Nähe bleiben.
    »Was willst du damit sagen? Wenn ich mich für eine Uni an der Ostküste entscheide, ist es aus mit uns?«, fragt Derek.
    »Ich weiß es nicht.«
    Ich beschließe, meinen Senf dazuzugeben, um ihnen zu helfen, der Realität ins Auge zu sehen. »Der Prozentsatz von Paaren, die nach der Highschool zusammenbleiben, liegt bei weniger als fünf Prozent, Leute.«
    »Danke für das Vertrauen, Nikki«, sagt Derek sarkas-tisch.
    »Ich bin nur realistisch«, erwidere ich. »Es hat doch keinen Sinn, euch zwei im Fantasyland leben zu lassen.«
    »Ich hoffe, sie lassen dich nie nach Disney World«, meint Derek zu mir. »Du würdest den kleinen Kindern dort wahrscheinlich erzählen, dass Mickey Mouse bloß ein Typ im Kostüm ist.«
    »Wahrscheinlich«, sage ich.
    Kendall seufzt. »Derek, lass Nikki in Frieden. Sie versucht nur, mich zu beschützen.«
    Derek schüttelt frustriert den Kopf. »Verdammt, Kendall. Wann wird dir endlich klar, dass niemand dich vor mir beschützen muss?«
    »Nikki ist meine beste Freundin.«
    »Und ich bin dein Freund, falls du dich erinnerst.« Derek geht mit verbitterter Miene davon.
    Kendall lehnt die Stirn gegen die Tür ihres Schließfaches. Ich weiß, dass sie Angst hat. Sie hatte Angst davor, ihre Mom zu verlieren, und jetzt hat sie Angst, Derek zu verlieren. Mit dem Angsthaben kenne ich mich aus, deshalb nenne ich die Dinge beim Namen. Ja, Derek wird sie vielleicht für eine andere verlassen. Oder auf ein College weit weg gehen und vergessen, wie sehr er sie liebt. Oder vielleicht lügt er ihr auch nur vor, wie viel sie ihm bedeutet. Das ist die Realität. Derek glaubt vielleicht sogar, dass es ihm ernst ist …

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