Du oder die grosse Liebe
wieder zu öffnen, Liebe zuzulassen. Ich wehre mich immer noch dagegen, aber wenn ich ehrlich bin, will ich das gar nicht mehr.
Auf der Suche nach Inspiration werfe ich Luis einen heimlichen Blick zu.
Und erwische ihn dabei, wie er mich ausgiebig mustert. In meinem Magen beginnen Hunderte von Schmetterlingen einen nervösen Tanz, während ich mir ausmale, wie es wäre, allein mit ihm zu sein.
Ich rechne damit, dass er den Blick abwendet, aber das macht er nicht.
»Wieso starrst du mich so an?«
»Ich könnte dich dasselbe fragen«, erwidert er.
»Mach deine Hausaufgaben«, befehle ich ihm und bemühe mich, mir nicht anmerken zu lassen, dass ich versucht bin, mich auf seinen Schoß zu setzen und die Arme um seinen Nacken zu schlingen.
Er senkt den Blick auf seinen Sozialkundeordner. »Ich spüre, dass du mich ansiehst«, sagt er eine Minute später.
»Entschuldige.« Ich gucke wieder das leere Blatt an und beginne mit meinem Gedicht. Mein erster Versuch handelt von einem Helden, der gekommen ist, um mich zu retten, bevor mein Herz vollkommen zu Eis erstarrt, in tausend Stücke zerspringt und nie wieder geheilt werden kann. Nein, das klingt zu gekünstelt. Ich hoffe, das, was ich mit Luis habe, ist echt, aber nachdem ich in der Vergangenheit so ein schlechtes Urteilsvermögen bewiesen habe, traue ich meinen Instinkten nicht mehr.
»Hast du Lust, Sonntag vorbeizukommen?«, fragt er mich. » Mi’amá muss arbeiten und meine Brüder wollen grillen.«
»Klingt gut.«
»Ich muss dich jedoch warnen. Sie haben angedeutet, dass sie vorhaben, Höschendiskus spielen zu wollen.« Er lacht, als er meinen Gesichtsausdruck sieht. »Es ist nicht, was du glaubst. Es ist ein Spiel, das man mit einem Tennisball und einer Nylonstrumpfhose spielt … Man muss es gesehen haben, um es wahrhaft schätzen zu können.«
»Das ist wohl so«, sage ich. »Sind deine Brüder ehrgeizig?«
»Lass mich einfach sagen, ich vermute, Carlos hat vor Monaten mit dem Training begonnen, während er noch in Übersee stationiert war. Alex hat bisher immer gewonnen, aber falls wir als Pärchen antreten, glaube ich, dass wir eine gute Chance haben, das Ding für uns zu entscheiden. Brittany ist so was wie ein Fliegengewicht, wenn Kraft im Spiel ist.«
»Was gibt es zu gewinnen?«
»Angeberrechte.« Er zuckt mit den Achseln. »In meiner Familie ist das eine ziemlich große Sache.«
Als meine Mom sich auf den Weg macht, das Essen vom Chinesen zu holen, beiße ich mir bei dem Gedanken, ob ich Das Thema anschneiden soll, auf die Unterlippe. Ich sehe Luis an und weiß im selben Moment, dass es mir schwerfallen wird, an meinen ursprünglichen Bedingungen festzuhalten.
»Ähm … hast du mich letztens nicht zu einer Debatte oder so was herausgefordert?«
Sein Kopf schießt hoch. »Yeah. Ich bin bereit.«
Ich lache. »Wozu?«
»Zu debattieren oder du weißt schon … wozu immer du bereit bist … Was mich angeht, heißt es all in.«
»Das hier ist nicht die World Series of Poker.«
»Ich weiß, was es ist, chica .«
Ich wickle nervös eine Haarsträhne um meinen Finger. »Ich muss zugeben, ich habe in letzter Zeit viel darüber nachgedacht, den nächsten Schritt zu machen.«
»Ich auch. Komm her.« Er rückt seinen Stuhl vom Tisch ab und bedeutet mir, mich auf seinen Schoß zu setzen. In der Hoffnung, dass meine Mom nicht gerade jetzt reinkommen wird, kuschle ich mich auf seinen Schoß und schlinge die Arme um seinen Nacken. Ich sehe in seine hypnotisierenden dunklen Augen. »Nik, ich werde dir nicht wehtun. Ich werde dich danach nicht abservieren.«
»Ich weiß. Es ist nur schwer für mich und ich … habe Angst.«
»Wovor denn?« Er reibt mir liebevoll den Rücken. »Rede mit mir.«
Ich sage ihm nicht, was mich wirklich beschäftigt. Marco. Die Fehlgeburt. Der Verrat. Luis’ Geheimnisse. Ich habe Angst davor, wieder verwundbar zu werden. Ich vergrabe mein Gesicht in seinem Nacken und drücke ihn fest. Entgegen all meiner Hemmungen und meines Argwohns bin ich dabei, mich in Luis zu verlieben. Ihm körperlich zu widerstehen, wird schon bald unmöglich sein.
»Nur damit du Bescheid weißt … ich nehme nicht die Pille oder so«, sage ich leise.
»Ich habe Kondome«, sagt er. Dann grinst er verschämt. »Natürlich nicht bei mir. Ich bin keiner von diesen pendejos , die für den Fall der Fälle immer welche mit sich herumtragen.«
Wer wäre besser geeignet, mir über die Vergangenheit hinwegzuhelfen, als jemand, mit dem ich Tag und Nacht
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