Du oder die grosse Liebe
hochblickt.
Was bedeutet, dass ich sie beobachten kann.
Ich weiß, was sie denkt. In ihrer Vorstellung braucht Carlos sie. Er will das Kästchen verzweifelt finden, und ich weiß, dass sie mehr als motiviert ist, es für ihn auszugraben. Ich wäre nicht überrascht, wenn sie jede Stelle umgräbt, an der Hank schnuppert, bis die Dunkelheit hereinbricht. Mein Mädchen ist auf einer Mission. Ich habe nicht das Herz, ihr zu sagen, dass Hank vielleicht nur so schnüffelt, weil er einen Platz zum Scheißen sucht, und nicht, weil er tatsächlich einer Spur folgt.
Ich frage mich, was sie sagen würde, wenn ich ihr erzählte, dass ich sie ebenfalls brauche.
Nach zwanzig Minuten und fünf Fehlalarmen höre ich Nikki kreischen: »Ich glaube, Hank hat es gefunden!«
Mein Kopf schießt hoch, und ich sehe, dass Nikki sich auf die Knie hat fallen lassen und mit beiden Armen hin und her winkt, damit wir sie finden. Und tatsächlich, als ich näherkomme, sehe ich, dass sie ein winziges Stück von etwas ausgegraben hat, das eine Schmuckschatulle sein könnte. Hank bellt jetzt, er dreht vor Aufregung fast durch.
»Der Hund ist ein verfluchtes Genie, Nikki«, sagt Alex, nimmt seine Schaufel und gräbt den Rest des Schmuckkästchens aus. Einen Augenblick später helfe ich ihm, es aus dem Erdreich zu bergen.
»Ich simse Carlos schnell, dass wir es gefunden haben«, sage ich, während Alex den verrotteten Deckel anhebt.
Nikki hat ein breites Grinsen im Gesicht, als sie Hank lobt und ihm ein Leckerli gibt, das sie in ihrer Hosentasche verstaut hat. Ich stehe immer noch unter Schock und kann nicht fassen, dass der Hund was damit zu tun hatte. Vielleicht war es einfach Glück, aber andererseits scheint es, als habe der Köter ein stolzes Grinsen im Gesicht.
Alex nimmt mi’amás Verlobungsring und hält ihn ins durch die Bäume fallende Licht. Der Diamant glitzert in der Sonne.
Zurück im Haus verkündet Nikki mi’amá die gute Neuigkeit. Mi’amá öffnet das Kästchen und nimmt ihren Ehering und ihren Verlobungsring heraus. Sie streift beide über, während ihr gleichzeitig Tränen übers Gesicht laufen. »Endlich«, sagt sie schluchzend. Paco fragt sie, ob sie ein Aua hat, weil sie weint. »Ja«, sagt sie zu ihm. »Ich habe ein Aua.«
Ma legt die Ringe genau in dem Moment zurück in das dreckige Kästchen, als Carlos und Kiara zur Tür hereinkommen. Kiara brüllt Carlos an, weil er ihr Gepäck ins Haus trägt, obwohl er noch nicht vollkommen wiederhergestellt ist, aber er ignoriert ihren Protest einfach. Kiara sollte inzwischen wissen, dass er ein sturer Mistkerl ist. Sie werden nachher in einem Hotel in der Nähe einchecken, aber er wollte ihr teures Gepäck nicht im Wagen lassen.
»Zofft ihr zwei euch etwa?«, fragt Alex. »Ihr habt euch über ein Jahr nicht gesehen.«
»Wir streiten gern«, erläutert Carlos ihm. »Es ist eins der zwei Dinge, die wir am besten können. Hab ich recht, mamacita ?«
Kiara verdreht die Augen. »Erinnere m-m-mich kurz noch mal – warum liebe ich dich?«
Carlos schenkt ihr sein großspuriges Grinsen, als er sie an sich zieht. »Das zeige ich dir später.«
Kiara scheint zufrieden mit dieser Antwort, da sie mich, Brittany und Alex umarmt.
»Das ist meine Freundin Nikki«, sage ich zu ihr. Dann zeige ich auf den dreckigen Hund, der auf dem Boden liegt und hechelt. »Und das ist Hank, die Waise.«
Nikki ist nicht darauf vorbereitet, dass Kiara sie wie eine lang verlorene Schwester drückt und dann weiter zu Hank geht, um ihn zu streicheln. Der Hund dreht sich auf den Rücken, damit sie auch alle Stellen erwischt.
Brittany und Alex machen sich auf den Weg, um Shelley abzuholen, Brittanys Schwester. Sie lebt in einem Heim für behinderte Menschen, verbringt aber die meisten Wochenenden bei Alex und Brit. Paco liebt es, in ihrem Rollstuhl zu fahren, und hat keinen Schimmer, dass Shelley behindert ist. Nikki und Shelley kennen sich offenbar von früheren Begegnungen und quatschen, kaum dass Shelley da ist, sofort los über Hunde und das Tierheim. Nikki verspricht Shelley, sie irgendwann mal mitzunehmen, woraufhin Shelley vor Freude quietscht und Brittany dankbar lächelt.
Beim Abendessen, als unsere gesamte Familie versammelt ist, trifft mich die Erkenntnis, dass Nikki und ich tatsächlich ein Paar sind, wie ein Schlag. Ich hasse es, mir einzugestehen, dass ich dabei bin, mich Hals über Kopf in sie zu verlieben. Allein der Gedanke, dass ich sie wegen meiner Beziehungen zur LB verlieren
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