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Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Titel: Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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bestätigte ich spitz.
    Denn ich war wütend auf mich selbst.

     
    W ir Kostümierten ließen den Abend in Mendelssohns Küche ausklingen. »Da liegt kein Segen drauf«, meinte Cromwell. »Wie gerät so ein süßes Wesen an so einen Beelzebub?«
    »Naja, jetzt ist sie ja wieder frei. Frei für euch Triebtäter«, bemerkte Mendelssohn.
    »Halthalt!«, rief ich. »Wenn überhaupt, dann frei für MICH Triebtäter! Jetzt bin ICH endlich mal an der Reihe! Und außerdem, mein lieber Cromo: DU hattest ja schon mal eine Schauspielerin! DU solltest spätestens seit Mick die Schnauze voll haben von Schauspielerinnen!«
    »Du redest wie Baumann!«, brüllte Cromwell.
    »Kinders, Kinders!«, mahnte Mendelssohn und kratzte sich an der Kutte. »Die Nachbarn könnten meinen, ihr hättet Streit!«
    »Wir streiten nie!«, brüllte Cromwell wie ein hysterischer Stier.
    Dann fuhren wir in seine Wohnung und schauten »Die lange Nacht der Bundesrepublik«. Bis Kurt Georg Kiesinger unterhielten wir uns über Cromwells Erlebnisse in seinem Aushilfsjob, bis Walter Scheel über Marvie und das Dilemma »Die Beziehung an sich«. Ich verschwieg Cromwell mein verregnetes Treffen mit Marvie, unsere schweigenden Minuten im Hause Lövenich, unsere knisternde Begegnung und wie wir uns gemeinsam im finsteren Keller über den Handwerkskasten gebeugt hatten, unklar zusammenpassend in unklarer Gefühlslage mit unklarer Zukunft. Dass es Marvie zu diesem Zeitpunkt definitiv aus ihrer Beziehung zum Wurstmann herausgerissen hatte.
Wie um alles in der Welt konnte es sie wenig später wieder in seine fetten Arme treiben…
    Als die Dokumentation bei Gerhard Schröder angekommen war, schlief Cromwell ein und ich legte eine Decke über ihn, radelte nach Hause, fiel ebenfalls rasch in Schlaf und träumte viel. Leider Gottes von Helmut Kohl.

Kapitel 7
    beklagt einen Tag ohne Feinde,
Cabrios oder Lustobjekte.

    D aran konnte ich mich noch genau erinnern: Helmut Kohl hatte mich in Anwesenheit eines ganzen Auditoriums gedemütigt. Mir unbekannte Menschen standen um mich herum – vermutlich alles Mitarbeiter und Referenten Kohls –, sie grinsten schadenfroh, während Helmut ein schäbigeres Wort nach dem anderen für mich fand: Ich sei ein Bürger zehnter Klasse, ein Auswurf, ein Ausschuss von Mensch … Kein Wunder, dass ich schon wieder schweißnass erwachte. Keine Marvie war mir im Traum erschienen und so lag ich wieder einsam und frierend. Ich stellte mich
vor meinen Kleiderschrank und überlegte, was anzuziehen sei. Beziehungsweise: womit ich wohl die beste Figur vor Marvie machen konnte. Mein einziges Feiertagsjackett schied wegen zu großer Feierlichkeit aus und der Rest meiner einmal getragenen, durch und durch im Nachtschweiß gesottenen Kleidungsstücke lag in der Waschmaschine. Ich musste unbedingt aufrüsten. Mendelssohn fiel als Berater beim Kleiderkauf aus. Zwar konnte er erstklassig Stoffe und Materialien betasten und beurteilen, aber um modische Diagnosen musste ich Cromwell bitten. Ich schaute auf die Uhr, stellte fest, dass Cromwell etwa vier Stunden Schlaf gehabt hatte, befand dies als ausreichend und rief ihn herzlos an. Noch herzloser ließ ich es sehr lange klingeln, dann hörte ich ein Krächzen. Cromwell schimpfte, sobald seine Stimme erwacht war. Dann trafen wir uns vor einem großen Second-Hand-Kaufhaus.
    Im Sturmschritt durchmaßen wir die Alleen der Kleiderständer, und keine halbe Stunde später war ich auf Anraten Cromwells angetan mit einer fast nagelneuen Jeans und einem Hemd, das mir etwas zu bunt erschien. Aber Cromwell meinte, dass mir dieser Papagei von einem Kleidungsstück gut zu Gesicht stünde und auch die Effizienz meiner Antidepressiva vorteilhaft unterstreiche. Über meinen Schultern lag ein irgendwie vanilliger Pullover, dessen Ärmel ich in der Manier des frühen Gunter Sachs vor der Brust verknotet hatte, damit der Pulli sich beim Fahrradfahren nicht verflog. Beim Blick in den Spiegel kam mir ganz kurz der Gedanke, dass Cromwell mich gezielt widernatürlich beraten haben könnte. Immerhin musste
sein Interesse an einem schnieken Nebenbuhler begrenzt sein. Andererseits rechnete ich mir – seit Cromwell mit im Marvie-Rennen war – sowieso nur noch geringe Chancen aus. Welche Elfe nimmt schon einen Schwerblüter wie mich, wenn sie einen Leichtmatrosen wie Cromwell haben kann?
     
    C romwell leistete sich ein fast neues Sweatshirt in beinahe Blau. Dergestalt getuned fuhren wir bei Mendelssohn vor.
    Von unserem

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