Du sollst meine Prinzessin sein
wehtun. Sie würde ihn immer beschützen. Nichts auf der Welt würde sich je zwischen sie und dieses Kind drängen können. Niemals.
3. KAPITEL
„Guten Morgen.“
Rico schlenderte in den Salon. Ben saß auf dem Boden und spielte mit einem ganzen Haufen bunter Bauklötze. Seine Tante saß neben ihm. Er nickte ihr zu und wandte dann seine Aufmerksamkeit wieder seinem Neffen zu.
„Was machst du da?“, fragte er.
„Ich baue den höchsten Turm der Welt“, verkündete der Junge. „Komm und sieh ihn dir an.“
Eine zweite Aufforderung brauchte Rico nicht. Der Anblick seines Neffen hatte seine Augen funkeln lassen, jedoch zugleich sein Herz zusammengeschnürt. Er erinnerte sich noch gut an Paolo in diesem Alter.
Ein Schatten flackerte über sein Gesicht. Paolo war immer anders gewesen als er und Luca. Als Erwachsener wusste Rico auch, warum. Luca war der Thronerbe. Es war seine Bestimmung, eines Tages über San Lucenzo zu herrschen. So wie es das Schicksal ihres Vaters Prinz Eduardo war, den Thron von seinem Vater zu erben. Seit achthundert Jahren regierten die Ceraldis das kleine Fürstentum, das sich stets der Eroberung durch andere Staaten oder Völker entzogen hatte. Selbst in den Zeiten der Europäischen Union hatte das kleine Land seine Unabhängigkeit bewahrt. Manche sahen es als eine altertümliche Anomalie an, andere als Steuerparadies und Spielwiese für Reiche. Aber für seinen Vater und seinen älteren Bruder war San Lucenzo ihr Vermächtnis, ihre Bestimmung.
Und dieses Erbe würde immer Schutz brauchen. Und der beste Schutz war Beständigkeit. In vielerlei Hinsicht war das kleine Fürstentum das persönliche Lebenswerk der Ceraldis. Das war auch der Grund, dass es nie seine Unabhängigkeit eingebüßt hatte. Ohne die Ceraldis wäre San Lucenzo mit Italien verschmolzen, so wie es die vielen anderen Fürstentümer und Stadtstaaten im neunzehnten Jahrhundert getan hatten.
Die Ceraldis waren lebensnotwendig für San Lucenzo. Sie waren für den Thronerben verantwortlich – und im Notfall für dessen Stellvertreter. Ricos Mund wurde zu einer schmalen Linie.
So verlangte es die Tradition. Und er war dieser Stellvertreter.
Sein ganzes Leben über hatte er gewusst, dass er nur wegen eines eventuell eintretenden Notfalls geboren worden war, um den Fortbestand der Linie der Ceraldis zu garantieren.
Aber Paolo … bei Paolo war es anders. Für ihre Eltern war er etwas Besonderes, ein unerwartetes Geschenk, geboren viele Jahre nach seinen beiden Brüdern. Paolo musste keine dynastische Funktion erfüllen und konnte deshalb nur Kind sein. Ein Sohn. Ein kleiner Junge mit einem fröhlichen Charakter, der sogar seinen puritanischen Vater und seine emotional distanzierte Mutter für sich eingenommen hatte.
Auch deshalb war sein frühzeitiger Tod eine solche Tragödie gewesen.
Rico ließ sich neben seinem Neffen auf den Boden gleiten. Ja, er war Paolos Sohn. Daran bestand nicht der geringste Zweifel. Ein DNA-Test war nicht nötig. Ein Blick auf ihn genügte, um zu erkennen, dass er ein Ceraldi war.
Benjamin. Der Gesegnete.
Wieder verspürte er einen Stich im Herzen. Ja, er war gesegnet. Noch wusste der Junge es nicht, aber bald. Und er war mehr als nur gesegnet, er war selbst ein Segen.
Der letzte Trost seiner Eltern für ihren Sohn, den sie auf so tragische Weise verloren hatten.
Lizzy zog sich zu einem Sessel zurück und setzte sich. Weil sie und Ben den Frühstücksraum für sich allein gehabt hatten, hatte sie gehofft, Prinz Enrico sei abgereist.
Sie versuchte, ihn nicht anzusehen, aber es war schwer, sich seiner überwältigenden Gegenwart zu entziehen. Selbst wenn in seinen Adern kein königliches Blut geflossen wäre, hätte man ihn unmöglich ignorieren können.
Bei Tag wirkte er noch größer. Das Licht, das durch die Fenster hereindrang, betonte seine Silhouette. Automatisch wurde ihr Blick von seinem verstörend guten Aussehen angezogen. Er trug Designerjeans und ein am Hals geöffnetes Hemd, offensichtlich maßgeschneidert. Sofort wurde ihr der Unterschied zu ihrer eigenen Kleidung bewusst. Ihr Rock und das Top aus einer preiswerten Ladenkette kosteten wahrscheinlich weniger als sein mit Monogramm verziertes Taschentuch.
Außer dem anfänglichen kurzen Nicken in ihre Richtung schenkte er ihr keinerlei Aufmerksamkeit. Prinz Enrico konzentrierte sich ganz auf Ben und den Bau ihres Turms.
Ben plauderte munter mit seinem Onkel, ohne das geringste Anzeichen von Schüchternheit erkennen zu
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