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Du sollst nicht hassen

Titel: Du sollst nicht hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Izzeldin Abuelaish
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Einheimische zugewiesen. Dann werden, wenn man nicht ohnehin abgewiesen wird, was sehr oft der Fall ist, die Papiere gestempelt, und man geht eine Reihe verwirrender Gänge entlang, die für jeden mit viel Gepäck eine Zumutung sind. Mürrische Gepäckträger bieten ihre Dienste an, wenn man bereit ist zu zahlen; der Preis ändert sich stündlich. Wenn man jedoch erst einmal aus dem Terminal heraus ist, muss man seine Taschen – keiner weiß, warum – schließlich über eineinhalb Kilometer Schotter, Steine und Staub, die auf die Gaza-Seite der Grenze führen, selbst tra gen. Zweihundert Meter vor der Ziellinie tauchen dann wieder Gepäckträger auf. Nachdem man ihnen zehn Schekel (etwa zwei Euro) pro Tasche gezahlt hat, ist man in Gaza.
    Unter den strengen Blicken der Hamas-Wachen wuchtet man seine Taschen auf den klapprigen Tisch am Straßenrand und bereitet sich auf die nächste Tortur vor. Die Papiere werden geprüft, das Gepäck wird geöffnet und sein Inhalt durcheinandergeworfen. Ein kurzes Kopfnicken schickt einen weiter, immer noch schleppt man sein Gepäck und hält dabei, falls nötig, auch noch die Hände der Kinder, die mit einem herübergekommen sind, damit sie nicht von den fahrenden Autos erfasst werden, die zur Grenze hin aufs Gas treten.
    Die Botschaft von Eres ist klar: Du sollst nicht in Gaza leben und nicht nach Gaza gehen; keiner wird dir helfen an dieser Grenze, der meist umkämpften und widerspenstigsten Grenze der Welt.
    Das war der Weg von Israel nach Gaza. Aber erst die Einreise nach Israel erzählt die wahre Geschichte einer abgeriegelten und belagerten Bevölkerung. Es gibt genau zwanzig verschiedene Checks an verschiedenen Schranken und in abgetrennten, abgeschlossenen Räumen mit sirrenden Durchleuchtungsmaschinen und Kameras. »Beine auseinander, Füße auf die Markierungen, Arme über den Kopf«, schallt es einem feindselig entgegen. Seit dem Beginn der Blockade im Jahr 2006 sind die meisten Leute, die nach Israel einreisen, Patienten, die für Krankenhaustermine eine Sondergenehmigung zur Ausreise bekommen haben. Oft haben sie kleine Kinder bei sich, die nicht zu Hause bleiben können, oder kämpfen mit einer Krankheit, humpeln am Stock oder werden im Rollstuhl geschoben. Mit anderen Worten: Es geht ihnen schlecht. Dennoch müssen sie dort am Checkpoint stundenlang warten. Erklärungen gibt es keine. Der Weg beginnt auf der Gaza-Seite mit den finster blickenden Polizisten, die dich in der Sonne schmoren lassen, während sie deine Papiere durchgehen. Wenn man den Test, den sie durchzuführen scheinen, bestanden hat, nicken sie in Richtung Durchgang zum Niemandsland. Man begibt sich erst auf ein offenes Feld, dann durch einen tunnelartigen Gang aus Beton und schließlich in ein Gebäude aus Stahl, Glas und Beton. Rote und grüne Signale weisen einem den Weg zu den sich anschließenden Kabinen. Körperlose Stimmen bellen aus Lautsprechern. Es scheint niemanden zu geben, der diese ganze Prozedur begreift, also versuchen wir, die Zeichen zu interpretieren und den Aufforderungen nachzukommen. Zu meinen Mitreisenden gehören an diesem Tag alte Frauen mit Plastiktüten voll Pita-Brot und Styropor-Behältern mit Suppe, die sie Verwandten in israelischen Krankenhäusern mitbringen, die darauf warten, fern von zu Hause behandelt zu werden. Selbst kranke Kinder müssen hier auf ein grünes Licht warten und darauf, dass eine Wache »Lakh«, »Los!«, raunzt.
    Am anderen Ende des Terminals sonderte man heute meinen Koffer zur eingehenden Untersuchung aus. Er ist während dieses Grenzübertritts schon mindestens zweimal geöffnet und durchleuchtet worden. Mit der Geduld, die ich mir über die Jahre angeeignet habe, öffne ich den Koffer erneut, um zu enthüllen, dass er mit Kinderbüchern vollgestopft ist. Bücher für die palästinensischen Kinder im Krankenhaus, in dem ich arbeite. Die Sicherheitsleute schauen sich jedes einzelne der etwas mehr als zweihundert Bücher an. Pop-up-Giraffen und Affen auf Sprungfedern hüpfen aus den Seiten hervor, was den Wachleuten kein Lächeln entlockt. Ein kleiner Junge, der als Nächster in der Reihe steht und sich an die Hand seiner Mutter klammert, reckt seinen Hals, um etwas zu sehen, und lacht, als die Bilder aufscheinen und er die Tiere von den Seiten springen sieht. Manchmal erklärt das Grenzpersonal lang und breit, dass all dies dem Schutz und der Sicherheit aller diene und nicht als Belästigung verstanden werden soll. Es ist eine Geschichte, die

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