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Du sollst nicht hassen

Titel: Du sollst nicht hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Izzeldin Abuelaish
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palästinensischen Studentenorganisationen innehatte, war einer der Gründer der Fatah, und seine Stellung in diesen beiden Organisationen ermöglichte seinen allmählichen Aufstieg in die Führung der PLO.
    Nach dem Sechs-Tage-Krieg wurde die Fatah zur beherrschenden Kraft der palästinensischen Politik. Sie vereinte 1967 ihre Kräfte mit der PLO, und bis zum heutigen Tage ist sie der größte Flügel der PLO und hat den größten Einfluss auf den Nationalrat. Ich war mir als Teenager all dessen bewusst, aber ich machte mir darum keine größeren Gedanken. Wir hatten kein Radio und keinen Fernseher. Ich hörte auf der Straße das Gerede über neue Anführer, aber es war auch klug, vorsichtig zu sein und darauf zu achten, was man sagte oder tat. Es war zum Beispiel verboten, eine palästinensische Fahne zu schwin gen, und man konnte wegen Unterstützung der PLO verhaftet werden, wenn man die stundenlangen Radiosendungen hörte, in denen Fatah Radio jeden Abend seine Botschaften übertrug.
    Es gab in Gaza auch so etwas wie eine Hackordnung. Einige Palästinenser lebten schon in der Region, bevor 1948 die Flüchtlinge kamen. Und auch wenn die Flüchtlinge die einheimische Bevölkerung zahlenmäßig bald übertrafen, hatten Letztere ihre Wurzeln dort und wir nicht. Von 1948 bis 1967 unterstand der Gazastreifen der ägyptischen Administration. Die Vereinten Nationen sorgten nach ihrer Ankunft 1949 für medizinische Erstversorgung, Grundschulausbildung und soziale Dienste (Lebensmittelrationen, Speiseöl, Kleiderspenden). Der Rest – höhere Schulen, Gesundheitsversorgung, Polizei, Sicherheit, Passkontrollen und allgemeine Verwaltung – wurde von den Ägyptern betrieben. Nach dem Sechs-Tage-Krieg ersetzten die Israelis die Ägypter als De-facto-Regierung. Obwohl die Oberschule, auf die ich ging, zuerst vom ägyptischen und dann vom israelischen Militär betrieben wurde, waren die Lehrer immer Palästinenser. Zwischen den einzelnen Gruppen wurden ständig Allianzen geschlossen und wieder aufgehoben. Das war nichts, was mich interessierte, aber hier lernte man früh, dass es Leute gab, denen man Beachtung schenken und die man respektieren musste und solche, die keine Verbindungen hatten.
    1970, als ich fünfzehn Jahre alt war, begann ich meine weiterführende Schulausbildung an der El-Faloja-Oberschule. Ich wurde wieder zum eifrigen Schüler und verschlang die Bücher geradezu. Wenn irgendwo Bücher herumlagen, schnappte ich sie mir. Ich las lieber Romane als Politisches, aber nicht nur aus Unterhaltungsgründen: Ich wollte das Arabische sprachlich besser beherrschen. Lesen wurde zu meiner Leidenschaft.
    Trotzdem arbeitete ich weiter, um Geld zu verdienen. Jetzt, wo ich älter war, wurden die Jobs allmählich besser. Ich sortierte Orangen der Größe nach, packte sie in Obstkisten und stapelte sie zum Transport. Die Orangenkisten fielen auseinander und mussten repariert werden; wann immer also während des Sortierens Zeit dafür war, machte ich zusätzlich noch ein bisschen Geld, indem ich die Kisten reparierte. Nachdem die Israelis die Ausgangssperre eingerichtet hatten, konnte ich die Fabrik nicht mehr früh genug verlassen, um nach Hause zu kommen, also schlief ich mit den anderen Jungen dort. Morgens wuschen wir uns das Gesicht in einem Eimer und machten uns auf den Weg zur Schule, wo wir als Schüler ein einfaches Frühstück, Milch und Vitamine bekamen. Ich erinnere mich, sehr hungrig und immer müde gewesen zu sein.
    Eines Morgens, als der Lehrer uns in der Klasse aufstellen ließ, wurde mir schwindelig, und ich fühlte mich schwach. Ich versuchte, mich auf den Füßen zu halten, aber es drehte sich alles um mich, und ich brach zusammen. Die Lehrer wussten, wie viel ich arbeitete und wie arm wir waren, und standen mir bei. Ich weiß nicht, wie ich es ohne sie geschafft hätte.
    Unter all den fürchterlichen Jobs, die ich gemacht habe, gab es nur einen, den ich wirklich gehasst habe. Als ich alt genug war, bekam ich Arbeit auf dem Bau. Im Süden von Aschkelon wurde ein Wohnhaus errichtet, und ich war Teil der Arbeitstruppe, die an Freitagen und Feiertagen arbeitete. Ich verabscheute diese Arbeit: Die Sonne brannte mir im Rücken, das schwere Heben, das erbarmungslose Tempo. Aber ich bekam gutes Geld dafür – so viel wie nie zuvor.
    Meine Mutter wollte so sehr, dass wir erfolgreich im Leben wären. Doch wie sollte ich Erfolg haben, wenn ich den ganzen Nachmittag und Abend arbeiten musste und am nächsten Morgen

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